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WISSENSWERTES
➔ BAYERISCHE OSTERTRADITIONEN
Viele bayerische Ostertraditionen werden bereits seit dem späten Mittelalter gepflegt. Ihre Ursprünge haben sie aber oft schon
in vorchristlicher Zeit. Mit der Christianisierung vermischten sich heidnische Bräuche mit den Ritualen zu christlichen Festen.
Besonders das Osterfest mit seinen Parallelen von Wiederauferstehung und erwachender Natur im Frühling lässt vielen Bräuchen
Raum, die Naturreligionen und Christliches miteinander zu vermischen.
Hier einige Beispiele: Pilze, gesammelt und getrocknet. Dann „Fensterns“ ist. Die Burschen steigen mit
werden diese an einem großen Haselnuss- Leitern zu den Fenstern der Angebeteten
Osterbrunnen stock mit Draht befestigt. Am Osterfeuer empor und erhalten von den Damen kleine
werden diese dann entzündet und zum Geschenke oder auch nicht …
In vielen Gegenden Bayerns werden die Rauchen gebracht. Die Burschen gehen von
Brunnen mit bunten Eiern prächtig ge- Haus zu Haus mit den rauchenden Schwäm- In früheren Zeiten mussten die Burschen
schmückt. Das Wasser als lebensspenden- men, um Unglück von Haus und Hof fern aufpassen, nicht von den Eltern der Ange-
des Element in Zusammenhang mit dem zu halten. beteten erwischt zu werden. Das konnte
Weichen des Eises im Frühling wurde schon durchaus mit einer Tracht Prügel enden.
immer von den Menschen gewürdigt. Heute bereiten sich die Mädels auf dieses
Besonders schön geschmückt sind die Oarscheibn Ereignis vor und stellen Schnaps, Ostereier
Brunnen z. B. in Bad Wörishofen. oder auch Bier für die Jungs bereit.
Dieser bayerische Brauch entstand daraus,
dass sich nach der Fastenzeit, in der im
Georgiritte Mittelalter keine Eier gegessen werden Osterfeuer
durften, zu Ostern sehr viele Eier angesam-
Besonders in Südostbayern und Österreich melt hatten. Außerdem war das Ei als Sym- Hier handelt es sich ursprünglich um
finden seit Jahrhunderten Georgiritte statt. bol für Leben und Fruchtbarkeit schon seit einen germanisch-heidnischen Brauch. Der
Dabei werden zu Ehren des heiligen Georgs Jahrhunderten Teil vieler Rituale. Traditio- Missionar Bonifatius schrieb im Jahre 751
prachtvolle Reiterprozessionen organisiert nell werden am Ostersonntag und Oster- einen Brief an Papst Zacharias, in dem er
und Mensch und Tier gesegnet. Da der Tag montag zwei Holzstangen nebeneinander die Feuer beschrieb und um Ratschläge
des heiligen Georg, der 23. April, und das gelegt, so dass die Ostereier über die dabei bat, wie die Kirche damit umgehen wolle.
Osterfest eng beieinander liegen, werden entstandene Rinne kugeln. Der Spieler, des- Bis heute werden die Osterfeuer in der
meist die Prozessionen an einem der Oster- sen Ei am weitesten ins Gras rollt, hat ge- Osternacht entzündet. In Bayern wird am
feiertage durchgeführt. wonnen. Für dieses Spiel gibt es noch eine Osterfeuer die Osterkerze entflammt und
Reihe Abwandlungen. Mal wird versucht damit dann in der Kirche die Glut des
das Ei eines Gegenspielers wegzuschieben, Weihrauchfasses erzeugt.
Karfreitagsratschen indem das eigene Ei das des Gegners
wegschießt und manchmal wird auch ein In einigen bayerischen Landstrichen kennt
Da die Glocken zwischen Gründonnerstag Geldstück auf den Punkt gelegt, an dem man den Brauch, dass Kinder frische, arm-
und der Osternacht schweigen, wird das das Ei des Gegenspielers gelandet ist. dicke, angespitzte lange Birkenhölzer am
Glockengeläut vielerorts durch das Lärmen Osterfeuer ankohlen und dann mit Wasser
der „Ratschen“ ersetzt. Dies sind hölzerne ablöschen. Diese sogenannten „Osterbrän-
Geräte, die ein Klappern und Ratschen er- Eierpecken de“ sollen auf dem Dachboden nach altem
zeugen. In Zeiten, in denen die Kirchen- Volksglauben das Haus vor Blitzschlag be-
glocken für die Bevölkerung die Uhren Wenn die Familien sich zum gemeinsamen wahren. Wer keine Kinder hatte oder diese
ersetzten, wurde so durch den Lärm der Osterfrühstück zusammensetzen, wird in nicht im entsprechenden Alter waren, be-
Beginn des Gottesdienstes in der glocken- Bayern „gepeckt“. Der Oberbayer nennt es auftragte gegen Entgelt in Form von Schin-
klanglosen Zeit angezeigt. Wahrscheinlich „Oabecka“. Die hartgekochten und gefärb- ken und Eiern eines der Nachbarkinder.
ist der Brauch aber sehr viel älter als das ten Eier werden mit den Eierspitzen gegen- (BH)
Christentum. Mit Lärm wurde bereits in einander gestoßen. Gewonnen hat der,
vorchristlicher Zeit der Winter ausgetrieben dessen Ei heil bleibt.
und das Frühjahr begrüßt. istockphoto
Gockelholen
Fuirspringe
In ländlichen Gegenden Bayerns ist bis
Dies ist ein Brauch, der bis heute im Allgäu heute das allbekannte „Fenstern“ ein
beliebt ist, und der einiger Vorbereitung beliebter Brauch unter der Landjugend.
bedarf. Es werden sogenannte Buchen- Das „Gockelholen“ ist eine alte Tradition,
schwämme, an Buchenstämmen wachsende die zu Ostern eine spezielle Form des
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