Page 30 - Taxikurier Mai 2021
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VIP IM TAXI
Foto: Tim Dobrovolny
Prominente berichten über ihre Erfahrungen
➔ JUDITH RICHTER
„Das Brautkleid“ ist der Titel der Komödie von Stefan Vögel, Körpersprache ihrer Mitmenschen. Das ist für sie kreative Hilfe-
die am 28. April in der Komödie im Bayerischen Hof Premiere stellung für die Darstellung ihrer Figuren.
haben soll. Die Hauptdarstellerin ist Judith Richter, die sehr
froh ist, endlich wieder Proben zu dürfen. Die lange Coronazeit Judith Richter ist eine treue Taxikundin. Bei der Frage nach
mit all ihren Einschränkungen hat auch bei ihr, wie bei vielen ihren Nutzungsgewohnheiten, ist die Antwort ein Statement
Künstlern, tiefe Spuren hinterlassen. Zuerst hatte sie ja noch für die Taxizunft. Sie ist seit 20 Jahren dankbar für den Service,
die ungewohnte Ruhe genossen und sich dem inneren und äu- den die Taxler bieten und zeigt sich sehr solidarisch. Gerade
ßeren Aufräumen hingegeben, wie sie selbst sagt, aber mittler- in diesen Zeiten, so betont sie, müssen unsere Berufsgruppen
weile überwiegt ein lähmendes Gefühl, das mit Hilflosigkeit zusammenhalten. Beide trifft die Situation hart und sie hat
und leichten Aggressionen einhergeht. während ihrer unzähligen Taxifahrten die Arbeit der Taxler zu
schätzen gelernt. Ein Fahrer aus München ist ihr besonders in
Judith Richter ist eine allseits beliebte, höchst talentierte Erinnerung geblieben. Sie hatte es sehr eilig und musste zum
Schauspielerin. Vielen ist sie wohl noch aus dem Film „Die Flughafen. Abgehetzt setze sie sich in den Wagen und bat um
Land ärztin“ in Erinnerung. Sie ist ein ständiger Gast in Serien einen äußerst schnellen Transport zum Airport.
aller Art. Ihre komödiantische Seite stellte sie in Reihen
wie „Sketch history“ oder „ Two Funny – Die Sketch Comedy“ Der Fahrer, ein Urbayer, beruhigte sie ganz gelassen und be-
äußerst erfolgreich unter Beweis. gann dann davon zu erzählen, dass er auch mit dem Theater
zu tun hätte. Sie hielt das erst für einen Scherz, wurde aber
Für Judith Richter ist das Engagement in München ein willkom- schnell eines Besseren belehrt, als der Fahrer den gesamten
menes Wiedersehen mit ihrer Heimatstadt. Sie ist ein echtes Hamlet-Monolog „Sein oder Nichtsein…“ in bayerischer Mund-
Münchner Kindl, hat hier noch ihre engsten Freunde und ver- art zum Besten gab, nicht nur die ersten Zeilen, die viele
dankt ihrer leider verstorbenen Großmutter eine kleine Woh- kennen. Sie war tief beeindruckt und den Flieger hat sie auch
nung in der Landeshauptstadt, die sie bei Besuchen gern nutzt. bekommen. (BH)
In Bogenhausen hat sie einen Teil ihrer Kindheit und Jugend
verbracht. Neben Eiskunstlaufen – sie hat von ihrem fünften
Lebensjahr an drei Jahre im Prinzregentenstadion trainiert, DAS STÜCK
kann sie reiten und erhielt auch eine zehnjährige klassische
Klavierausbildung. 1982 ging sie mit ihrer Mutter für einige Draußen tobt ein Gewitter mit Donner und Blitz, drinnen trägt
Jahre in die USA, wo sie sehr schnell die Sprache verinnerlich- Philipp seine Juliane – genannt „Juli“ – im Brautkleid über die
te. Zurückgekehrt besuchte sie die International Scool in Starn- Schwelle. Alles scheint bereitet für eine stürmische Hochzeits-
berg, was ihr eine zweisprachige Kommunikation leicht macht. nacht, doch dann klemmt dummerweise der Reißverschluss. Den
Heute ist ihr das Englische so nah, dass sie in englischer Spra- Versuch, das Brautkleid mit Gewalt zu öffnen, wehrt Juli hefig
che träumt. Ihre Eltern, die beide Schauspieler sind, haben ihr ab, und diese Reaktion führt unweigerlich zu Philipps Frage,
nicht nur zu einer Zweisprachigkeit verholfen, sondern auch die was das Designerstück denn gekostet habe – wo doch schon die
Wichtigkeit von Disziplin und Verantwortung gelehrt. Ihre viel- Kosten für die Feier mit Zelt, Menü und Band gute 5.000 Euro
fältige Ausbildung ist die Basis für ihre fundierte künstlerische über dem Budget lagen!
Arbeit. Zwischen 1997 und 2000 wurde sie im Münchner Schau-
spielstudio ausgebildet und war bereits während ihrer Ausbil- Der Preis für den Traum in Weiß – kaum hat ihn Juli endlich
dung auf Theaterbühnen und im deutschen Fernsehen zu sehen. preisgegeben – führt so statt zum Vollzug der jungen Ehe zum
Ihre vielfältigen Talente konnte sie z.B. als Filmtochter von ersten hefigen Krach in selbiger. Denn über die Kosten für das
Gisela Schneeberger in „Der Schleudergang“ 2013 zeigen, als sündhaft teure Designerteil hätte Philipp zur Not noch hin-
sie die Mondscheinsonate von Ludwig van Beethoven selbst wegsehen können in Anbetracht des Wiederverkaufswerts, das
vor der Kamera spielte. „Ding“ aber aus sentimentalen Gründen in den Schrank zu hän-
gen und ein Leben lang behalten zu wollen, wie Juli es plant,
Heute lebt das Multitalent in Berlin. Sie sagt selbst, dass sie das ist in den Augen des frisch gebackenen Ehemanns die reine
sich in der Hauptstadt als Freigeist ungezwungener fühle als in Verschwendung! Ein Wort ergibt das andere, der Ton wird rauer,
München. Außerdem ist Berlin preiswerter und darauf muss die Anschuldigungen persönlicher, die Schlafzimmertür schlägt
wohl fast jeder Künstler in diesen schweren Zeiten achten. Dort zu und Philipp ist allein. Wütend klappt er – nur von einer Fla-
lernt sie auf der Straße oder, wenn es möglich ist, in Cafés, sche Whisky getröstet – seinen Laptop auf und bietet das Kleid
ihre Texte und beobachtet gern die Menschen. So lernt sie im Internet zum Kauf an, bei Ebay, „Ohne Mindestgebot, So-
nicht nur die Skripte ihrer Rollen, sondern studiert auch die fortkauf möglich, den Versand übernimmt der Verkäufer“…
30 ⁄ TAXIKURIER ⁄ MAI 2021