Page 21 - Taxikurier Oktober 2020
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und Sachsen – Friedrich Wilhelm IV. und   schen an der Cholera. In einem Bericht   1866 ging für Österreich und seine Verbün-
           Friedrich August II. – sowie 1.400 wohlha-  wird die Stimmung in der Stadt geschildert:  deten verloren. Dies war nicht nur der Be-
           bende Fremde waren nach München gereist,   „Ein schwefelgrauer Dampf schien über der   ginn der krankhaften bayerischen Abnei-
           um an der Eröffnung teilzunehmen. Die   Stadt zu liegen, auf den Straßen sah man   gung gegen alles Preußische oder was man
             Königliche Residenzstadt München präsen-  nur noch die bekannten schwarzen Wagen.   dafür hielt, sondern auch der Anlass, das
           tierte sich als bedeutendes Kunst- und In-  Schwer wie Blei stockte das Blut auch in   Oktoberfest 1866 abzublasen.
           dustriezentrum, man hoffte auf Investitio-  den Adern der Gesunden, als wäre die Luft
           nen und zunehmenden Fremdenverkehr,   vergiftet.“ Dementsprechend wenige Tou-
           denn erst 1839 hatte München seinen ers-  risten ließen sich in der Stadt blicken:   Deutsch-französischer Krieg 1870
           ten Bahnhof erhalten. Während einer Thea-  Hielten sich am 8. August noch 5.200
           tervorführung brach bei einem Zuschauer   der betuchten Fremden in München auf,    Im Jahr 1870 ging es den Machthabern in
           die „Brechruhr“ aus, von „Herders Conver-  so waren es am 16. September nur noch   Preußen und Frankreich darum, wer auf
           sationslexikon“ aus dem Jahr 1854 folgen-  66 Unerschrockene, vermutlich die damali-  dem europäischen Kontinent die Vorherr-
           dermaßen beschrieben: „(…) eine stür-  ge Version der Abenteuertouristen. Die ein-  schaft hat und es kam zum deutsch-franzö-
           misch und schnell verlaufende Krankheit,   setzende kältere Witterung ließ schließlich   sischen Krieg von 1870, bei dem Bayern
           die mit heftigen und sehr häufigen wässeri-  die Zahl der Toten abnehmen und die Frem-  nunmehr auf preußischer Seite stand. Die
           gen Ausleerungen nach oben und unten   den wieder nach München strömen: Nach-  Lage erschien 1870 zu ernst und unpas-
           und baldigem Sinken der Kräfte auftritt.   dem die Behörden am 1. Oktober die Seu-  send, um in jenem Jahr das Oktoberfest
           (…) Meistens ohne Vorboten, stellen sich   che für überwunden erklärt hatten, konnte   abzuhalten. Nach dem Sieg Preußens und
           sogleich heftige und schnell sich wieder-  die Fremdenpolizei schon bald wieder täg-  damit auch Bayerns Anfang 1871 jedoch
           holende Ausleerungen durch Brechen und   lich rund 8.000 Touristen in München mel-  fand das Fest in diesem Jahr wieder statt.
           Stuhl ein. (…) Dazu kommen starker Durst   den. Allerdings war das Oktoberfest 1854,   Die zahlreichen Straßen im passend „Fran-
           und bald Verfallen des Gesichts, Blässe und   wegen dem viele Fremde in München ihre   zosenviertel“ genannten Teil von Haidhau-
           Kälte der Haut, kalter Schweiß, Angst,   Zeit hatten verbringen wollen, im Vorfeld   sen erinnern an diese Siege mit bayerischer
           Krämpfe und Ohnmachten. Richtig und bald   abgesagt worden. Die Industrieausstellung   Beteiligung.
           behandelt, geht die europäische Cholera,   hielt ihre Pforten allerdings wie geplant bis
           so stürmend und drohend sie auch auftritt,   zum 15. Oktober 1854 offen und trotz aller
           meist in Genesung über, oft schon am 1.   Widrigkeiten hatten sich trotz der Cholera   Erster Weltkrieg 1914 bis 1918
           oder 2. Tage, kann aber bei Versäumnis der   197.000 Menschen den technischen Fort-
           rechten Hilfe auch schnell tödlich werden.“   schritt angesehen. Die Cholera forderte ins-
           Der Theaterarzt diagnostizierte einen Fall   gesamt 2.223 Opfer, das prominenteste war
           von Cholera und bereits am 29. Juli war der   die Alt-Königin Therese, Mutter des Königs
           erste Cholera-Tote zu beklagen. Wegen der   Maximilian II. und Gattin des 1848 abge-
           vielen Fremden in der Stadt und den damit   dankten Königs Ludwig I., die noch am
           zusammenhängenden Verdienstmöglichkei-  26. Oktober der Seuche erlag, in ihrem
           ten wurden Gerüchte über den Ausbruch   62sten Lebensjahr. Der Schock saß der
           der gefürchteten Seuche dementiert. Am   Stadtverwaltung so sehr in den Knochen,
           4. August konnte man den „Münchner Neu-  dass sie den Schrannenplatz am 11. Okto-
           esten Nachrichten“ sogar folgende offizielle   ber 1854 in Marienplatz umbenannte, in
           Mitteilung entnehmen: „In den letzten Ta-  der Hoffnung, die Mutter Gottes würde in
           gen sind, ohne Zweifel in Folge der außer-  Zukunft ihre schützende Hand über die   Der Erste Weltkrieg begann am 1. August
           gewöhnlichen Hitze, Durchfälle und Brech-  Stadt halten. Bereits 1836 war die Cholera   1914, also während der Vorbereitungen
           durchfälle vorgekommen, und sind daran   in München ausgebrochen, hatte aber nicht  zum Oktoberfest 1914, das dann – wenig
           namentlich einige kleine Kinder, alte und   zur Absage des Oktoberfestes geführt. Aber   überraschend – abgesagt wurde. Und so
           kränkliche Personen gestorben. Überladung   bereits im Jahr 1873 wütete die Cholera   blieb es bis zum Kriegsende am 11. Novem-
           des Magens mit Kartoffeln, Gurken und der-  wieder und es waren 362 Todesopfer zu be-  ber 1918. Der Krieg hatte das Leben von
           gleichen war in den meisten Fällen als ver-  klagen. Dieses Mal zog die Stadtverwaltung   13.000 Münchnern gefordert, abgesehen
           anlassende Ursache nachzuweisen.“ Einen   die Konsequenzen und sagte das Oktober-  von den noch viel zahlreicheren Kriegsver-
           Tag später beschlagnahmte die Polizei in   fest ab.                 sehrten, die von den Fronten zurückgekehrt
           Ansbach die aktuelle Ausgabe des dortigen                           waren. Trotzdem und trotz des politischen
           „Morgenblattes“, weil in ihm wahrheitsge-                           Durcheinanders der Nachkriegszeit wollte
           mäß über die Gesundheitsverhältnisse in   Preußisch-österreichischer Krieg 1866   man nicht ganz auf eine Feier verzichten,
           München berichtet wurde. Telegrafisch                               weshalb es 1919 und 1920 ein kleineres
           schickte man gleichzeitig die Warnung in   Im 19. Jahrhundert bemühten sich sowohl   „Herbstfest“ gab, aber eben kein Oktober-
           die Hauptstadt, es seien bereits einige Ex-  Österreich als auch Preußen um die Vor-  fest.
           emplare per Post unterwegs, so dass diese   herrschaft in Deutschland und dieser Kon-
           dann in München nicht zugestellt wurden.   flikt führte 1866 zum preußisch-österrei-
           Als allerdings allein am 6. August 13 Men-  chischen Krieg, wobei das Königreich   Inflation 1923
           schen an der angeblichen Magenüberfül-  Bayern auf Seiten Österreichs stand. Die
           lung starben, ließ sich der Ausbruch der   entscheidende Schlacht bei Königsgrätz   Der verlorene Krieg war zu großen Teilen
           Cholera nicht mehr verheimlichen. Bald   (heute Hradec Králové in Tschechien, Kö-  über das Drucken von Papiergeld finanziert
           starben in München täglich bis zu 80 Men-  nigsgrätzer Straße von 1934) am 3. Juli   worden und so dauerte es nicht lange, dass




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