Page 18 - Taxikurier November 2020
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Fotos: istockphoto
Viele berühmte Österreicher fanden nach Aber wie immer im Leben, mit der Entwick-
einigen Umbettungen hier ihre letzte Ruhe- lung der Gesellschaft schaffen sich auch
stätte. Klangvolle Namen wie Ludwig van andere Formen der Bestattungskultur ihren
Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart, Platz.
Falco, Johann Strauss aber auch Bruno
Kreisky und Udo Jürgens liegen hier begra- Bis ins 20. Jahrhundert waren Erdbestat-
ben. Die Auflistung aller Berühmtheiten, tungen die einzig gesellschaftlich ak-
die auf dieser einzigartigen Grablege ver- zeptierte Bestattungsform. Mittlerweile
eint sind, würde hier keinen Platz finde. akzeptieren die christlichen Kirchen
Unzählige beeindruckende Grabmäler lassen die Einäscherung. Bereits am Ende des
den Friedhofsbesuch zu einem besonderen 19. Jahrhunderts kam diese Bestattungs-
Erlebnis werden. form in Teilen Europas wieder in Mode. Dies
hatte meist einen sehr praktischen Grund.
Auch in der Landeshauptstadt München Eine Leichenverbrennung im Krematorium
gibt es viele Beispiele grandioser Grab- aus ihrem Leben verdrängen möchten, wird ist hygienisch und kostensparend. Daraus
kultur. Der TAXIKURIER widmete sich im eben auch die Beerdigung delegiert. Oft ist resultiert auch die enorme Zunahme der
November 2015 ausführlich diesem Thema. dies auch gar nicht anders möglich, da die Feuerbestattungen in Deutschland. Da die
gesetzlichen Vorschriften kompliziert sind Kosten für eine Erdbestattung mittlerweile
Mit Beginn des Wohlstandes nach dem und viele überfordern würden. sehr schnell bei 8.000 Euro liegen können,
Zweiten Weltkrieg und den Jahren des Wirt- ist die Entscheidung für eine Feuerbestat-
schaftswunders wurden die Ansprüche der In Deutschland herrscht Friedhofszwang. tung verständlich. Bereits 1878 eröffnete
Hinterbliebenen größer. Die Bestattungs- Das bedeutet, dass die sterblichen Über- in Gotha in Thüringen das erste städtische
kultur ist und bleibt auch ein Ausdruck der reste eines Menschen zwingend auf einem Krematorium Deutschlands. Schnell sollten
Persönlichkeit des Verstorbenen und seiner ausgewiesenen Friedhof beigesetzt werden viele weiter folgen. Heute ist mehr als jede
Angehörigen. So entwickelte sich ein neuer müssen. Eine Ausnahme ist die Stadt Bre- zweite Bestattung eine Urnenbeisetzung.
Berufszweig, den es in dieser Form noch men. Dort darf seit 2003 die Asche Ver-
nie gab: der Bestatter. Bestattungsdienste storbener im eigenen Garten ausgebracht Eine weitere Form der Bestattung in der
bieten alle Dienste rund um die Bestattung werden. Träger der Friedhöfe sind meist Bundesrepublik ist die Seebestattung. Bei
an, die erforderlich und gewünscht sind. Kirchen, Glaubensgemeinschaften oder einer solchen wird die Asche des Verstorbe-
Einerseits wird so den trauernden Angehö- Kommunen. Diese erlassen Friedhofsord- nen von einem Schiff an einer bestimmten
rigen die Organisation der Beerdigung ab- nungen. Da diese oft bis ins kleinste Detail Stelle der Nord- oder Ostsee verstreut. Bei
genommen, andererseits auch die zeitrau- vorschreiben, wie eine Grabstelle beschaff- der Örtlichkeit handelt es sich um einen
bende Lauferei zu Behörden und Ämtern. ten sein muss, ist auch Streit vorprogram- sogenannten „rauen Grund“, einem Gebiet
Heute gibt es in Deutschland mehr als miert. So ist es kaum zu verstehen, dass im Meer, in dem weder gefischt noch Was-
5.000 Bestattungsbetriebe. eine Friedhofsverwaltung verlangte, dass sersport betrieben wird.
eine Mutter, die ihr Kind beerdigen musste,
Da das Sterben und der Tod in unserer Ge- nicht am Grabstein das Bild der Tochter an- Wem dies eine zu nasse Angelegenheit ist,
sellschaft oft in Krankenhäusern und Hei- bringen durfte. Andere Träger schreiben die dem bleibt noch die Möglichkeit, seine
men stattfinden und viele diesen Prozess Farbe und Größe der Grabsteine u.ä. vor. Urne am Fuße eines Baumes in einem so-
genannten Friedwald begraben zu lassen.
Dabei werden die abbaubaren Urnen an
einem Baum vergraben, den sich der Ver-
storbene bereits zu Lebzeiten aussuchen
konnte. Mittlerweile bieten viele Friedhöfe
auch Baumbestattungen, Rasengräber oder
auch anonyme Gemeinschaftsfelder an.
Diese haben den Vorteil, dass die Angehö-
rigen keine Verpflichtungen für die Grab-
pflege haben. Beliebt sind mittlerweile
auch sogenannte Kolumbarien oder auch
Urnenwände. Für viele städtische Friedhöfe
ist ein Kolumbarium eine platzsparende
und für die Hinterbliebenen eine kosten-
günstige Alternative zu anderen Bestat-
tungsformen.
Eine etwas skurrile Form des Totengeden-
kens ist die Diamant- oder Kristallbestat-
tung. Dabei wird aus einem Teil der Kre-
mierungsasche ein Diamant oder Kristall
hergestellt und dem nächsten Angehörigen
übergeben.
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