Page 27 - Taxikurier Januar 2022
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deshalb am 22. April 1947 aus der Lilien­  oben genannte Omnibusverbindung entlang  wurde: die aus München herausführende
           straße in der Lerchenau die Thaddäus­ Robl­  der Schleißheimer Straße nach München   Verlängerung der Schleißheimer Straße:
           Straße mit diesem lokalen Bezug. Wer den   ein. Die Ansiedlung von Industrie und der   „Nach Norden zum Burgfrieden gegen Feld­
           langen Fußweg aus der Stadt scheute oder   Flugplatz Oberwiesenfeld ließen das Projekt  moching“, das erst 1938 eingemeindet
           nicht schaffte, konnte mit dem Bus nach   allerdings scheitern, denn der anvisierte   wurde; die Moosacher Straße: „Führt von
           Milbertshofen fahren. Daran erinnert die   Kundenkreis wollte dort nicht investieren   Milbertshofen nach Moosach“; und die Frei­
           Motorstraße von 1913, über deren Benen­  und wohnen, wo es laut war und körper­  manner Straße: „Führt von Milbertshofen
           nung es in den amtlichen Unterlagen   liche gearbeitet wurde. Außerdem befürch­  nach Freimann.“ Die Hausnummern began­
           heißt: „Benannt nach der ersten Motor­  tete man einen daraus resultierenden   nen jeweils von Milbertshofen ausgehend.
           omnibusverbindung Milbertshofens mit     Wertverlust. Heute sind noch einige denk­  Und hier ergab sich später das folgende
           München.“ Sie bestand seit 1898 als   malgeschützte Gebäude vorhanden, die von   Problem: Bis 1960 begann die Autobahn
             „Motorwagen­Gesellschaft München“. In   Petuels hochtrabenden Plänen zeugen.   Nürnberg in Freimann in Verlängerung der
           dem sich als Standardwerk verstehenden                              Ungererstraße. Wenn ortsunkundige Auto­
           Buch „Die Münchner Straßennamen“ von                                fahrer dorthin wollten und auf ihren Stra­
           Hans Dollinger hingegen heißt es fantasie­  1913: Von der Stadt zum Stadtteil  ßenkarten nach Orientierung suchten, sorg­
           reich: „Nach dem Motorenbau und dem                                 te der Verlauf der Freimanner Straße immer
             Motorsport, dem Milbertshofen seine rasche  Die noch junge, aber bereits hoch verschul­  wieder für Verwirrung. Am 7. Februar 1957
           Aufwärtsentwicklung durch entsprechende   dete Stadt wurde am 1. April 1913 nach   schuf der Stadtrat Abhilfe: „Die Freimanner
           Industrieansiedlung verdankt.“ Auf Dollin­  München eingemeindet. Dies führte zwar   Straße wird von ortsfremden Kraftfahrern
           gers Erkenntnisse  vertrauend, wird diese   zum Verlust einiger bezahlter Posten in der   als richtungsweisend nach Freimann vor al­
           Erfindung seitdem immer wieder abge­  Verwaltung, bot aber auch eine Vielzahl   lem am Beginn der Ungererstraße gesucht.
           schrieben. Der tatsächlichen Aufwärtsent­  von Vorteilen, beispielsweise den An­  Um verkehrsstörendes Anhalten großer
           wicklung entsprechend, wurde das sowohl   schluss an die Münchner Wasser­ und   Fahrzeuge an der Münchner Freiheit zu ver­
           immer noch dörfliche, aber bereits städ­  Stromversorgung sowie insbesondere in   ringern, wird vorgeschlagen, die Freiman­
           tisch werdende Milbertshofen am 1. Mai     finanzieller Hinsicht die Verlagerung der   ner Straße in Frankfurter Ring umzubenen­
           1910 zur Stadt erhoben – zur kleinsten   Verbindlichkeiten. Zusammen mit Milberts­  nen.“ In München gilt im Allgemeinen die
           Stadt des Königreiches Bayern. Jetzt hatte   hofen kamen seine Ortsteile Oberwiesenfeld  Regel, dass die Hausnummern an demjeni­
           man einen Bürgermeister und einen Magis­  und Am Riesenfeld (Riesenfeldstraße von   gen Straßenende beginnen, das am nächs­
           trat, genauso wie in der großen Haupt­    1913) zu München. Im neuen Stadtteil gab   ten zum Marienplatz liegt. Um eine Um­
           und Residenzstadt München.        es 36 Bauernhöfe, 19 Gärtnereien und   nummerierung der Anwesen am langen
                                             137 Gewerbebetriebe. Es entstanden nun   nunmehrigen Frankfurter Ring zu umgehen,
                                             38 neue Straßenbenennungen, die oben   beließ man es bei der alten Anordnung.
           Ludwig Petuel                     bereits teilweise genannt wurden, hier aber   Und dies wiederum ist der Grund, warum
                                             aus Platzgründen nicht vollständig aufge­  die Hausnummern nicht an der Ungererstra­
           Der aus Freising zugezogene Ludwig Petuel   führt werden. Der Magistrat beschloss diese  ße, sondern an der Schleißheimer Straße
           (1839–1911, Petuelstraße von 1913, seit   am 19. August 1913 und das Königliche   beginnen – auch für die heutige Praxis
           1962 Petuelring) erhielt bereits kurz nach   Ministerium des Innern genehmigte sie am   nicht ganz unwichtig.
           seinem Ableben eine Straße mit der Erläu­  30. Oktober 1913 „allerhöchst“ mit Wirk­
           terung: „Ludwig Petuel erwarb im Jahre   samkeit ab dem 1. Januar 1914. Einige
           1868 käuflich einen Teil der alten Schwaige   Straßen mussten umbenennt werden, weil   Denkmalschutz
           und errichte dortselbst eine Bierbrauerei,   sie bereits in München existierten oder zu
           die bis 1885 bestand.“ Das war aber noch   Verwechslungen hätten führen können:   Glücklicherweise gibt es seit 1973 das
           nicht alles: Petuel kaufte in Milbertshofen   Schulhausstraße zu Georgenschwaigstraße,     Bayerische Denkmalschutzgesetz, so dass
           zahlreiche Grundstücke und wollte mit sei­  Neu Freimann – Ingolstädter Straße,   man sich auch in Milbertshofen noch ein
           ner „Terraingesellschaft Riesenfeld“ eine     Blücherstraße – Keferloherstraße, Neuer   ungefähres Bild vom hier behandelten Zeit­
           nördliche Fortsetzung des großbürgerlichen   Sankt­Georgs­Platz – Milbertshofener Platz,   raum machen kann. Von Ludwig Petuels
           Schwabings entwickeln. Um die Attraktivi­  Emeranstraße – Milbertshofener Straße,   Vorhaben blieben bestehen die Dewet­
           tät seiner Idee zu erhöhen, richtete er die   Feldmochinger Straße und Exerzierplatz   straße 18 und 19, die Georgenschwaig­
                                               gemeinsam zu Lerchenfeldstraße, Bunsen­  straße 15, 17, 23, 25, 28, 31 und 42, die
                                             straße – Ostermayrstraße, Bahnstraße –   Knorrstraße 12 und 53, die Schleißheimer
                                             Riesenfeldstraße sowie die Keplerstraße,   Straße 263 und 299 sowie die Kantstraße
                                             die zur Sailerstraße wurde.        20, über die es in der Denkmalschutzliste
                                                                               für Laien etwas unverständlich heißt: „Ma­
                                                                               lerische Villa, zweigeschossiger historisie­
                                             Überörtliche Straßen              render Mansardwalmdachbau in Ecklage mit
                                                                               Schopfwalmdachrisalit, Eckerkerturm und
                                             Wie in vielen Dörfern auch heute noch,   Putzgliederung, um 1900.“ Außerdem führt
                                             führten die überörtlichen Straßen von der   die Liste die neue Kirche Sankt Georg auf
                                             Kirche ausgehend zu den benachbarten   und natürlich am Alten Sankt­Georgs­Platz
                                               Orten. In Milbertshofen trugen diese Ver­  außer der Dorfkirche zwei bäuerliche Anwe­
                                             kehrswege keine offiziellen Bezeichnungen,   sen aus dem 19. Jahrhundert, nämlich die
                                             was 1913 mit der Eingemeindung geändert   Hausnummern 4 und 5. (BW)

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