Page 11 - Taxikurier Oktober 2022
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RECHTSPRECHUNG


            ➔ URTEILE
                                                                                                             istockphoto


           Mithaftung zu 25 % für Verkehrsunfall wegen deutlicher
           Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahn



           Vermeidbarkeit des Unfalls bei Einhaltung
           der Richtgeschwindigkeit

           Überschreitet der Unfallgeschädigter deutlich die Richtgeschwin-
           digkeit auf der Autobahn und wäre der Unfall bei Einhaltung der
           Richtgeschwindigkeit vermeidbar gewesen, kommt eine Mithaftung
           in Höhe von 25 % in Betracht. Dies hat das Oberlandesgericht
           München entschieden. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrun-
           de: Auf einer Autobahn kam es im August 2019 im Zusammenhang   Zwar treffe dem Spurwechsler bei einem Verstoß gegen die Sorg-
           mit einem Spurwechsel zu einem Verkehrsunfall. Der Spurwechsler   faltsanforderungen des § 7 StVO im Regelfall die Alleinhaftung,
           hatte den Unfall maßgeblich verursacht. Strittig war, ob dem   da die einfache Betriebsgefahr des anderen Kraftfahrzeugs hinter
             Unfallgeschädigten eine Mithaftung anzulasten sei, weil er die   sein gewichtiges Verschulden zurücktrete.
           Richtgeschwindigkeit von 130 km ⁄ h um 70 km ⁄ h überschritten
           hatte. Ein Sachverständiger hatte ausgeführt, dass der Unfall bei
           Einhaltung der Richtgeschwindigkeit vermeidbar gewesen wäre.  Mithaftung wegen deutlicher Überschreitung
                                                              der Richtgeschwindigkeit

           Landgericht nimmt Alleinhaftung des Spurwechslers an  Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei jedoch die deutliche
                                                              Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 70 km ⁄ h betriebsge-
           Das Landgericht München I entschied, dass der beklagte Spur-  fahrerhöhend zu berücksichtigen. Dies und die Tatsache, dass der
           wechsler allein für die Unfallfolgen hafte. Ihm sei ein grobes   Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit vermeidbar gewe-
             Verschulden anzulasten, so dass die Betriebsgefahr des Klägerfahr-  sen wäre, begründe die Mithaftung. Wer schneller als 130 km ⁄ h
           zeugs vollständig zurücktrete. Gegen diese Entscheidung richtete   fährt, vergrößere in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich
           sich die Berufung des Beklagten.                   andere Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellen
                                                              und insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzen. Auch wenn
                                                              die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit keinen Schuldvorwurf
           Oberlandesgericht bejaht Mithaftung des Klägers    begründe, bedeute dies nicht die rechtliche Irrelevanz für das
           in Höhe von 25 %                                     Haftungsrecht.

           Das Oberlandesgericht München entschied zu Gunsten des Beklag-  (Oberlandesgericht München,
           ten. Dem Kläger sei eine Mithaftung in Höhe von 25 % anzulasten.   Urteil vom 01.06.2022 – 10 U 7382⁄21 e)





             Werther   von Kummer   Nöker   Dr. Schwerdt

                                    Rechtsanwälte, Partnerschaftsgesellschaft       *
                                            Tätigkeitsschwerpunkte

                Monika Werther   *    Sven von Kummer     *      Nicola Nöker  *      Dr. Birgit Schwerdt  *
              Fachanwältin: Verkehrsrecht  Fachanwalt: Familienrecht   Fachanwältin: Arbeitsrecht   Fachanwältin: Strafrecht
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