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STADTKUNDE MÜNCHEN
➔ DIE MONTGELASSTRASSE
Die Familie Montgelas stammte – wie ihr Name zeigt – aus dem französisch-sprachigen Herzogtum Savoyen
und lebte seit 1742 in Bayern. Maximilian Carl Joseph Franz de Paula Hieronymus Freiherr von Montgelas, ab 1809
Graf von Montgelas, wurde 1759 in München geboren und starb hier 1838.
Er amtierte in den Jahren 1799 bis 1817 ben zu Nymphenburg 13. Oktober 1825.“ Bogenhausener Vertrag
als bayerischer Minister, also insbesondere Zum 1. Juli 1897 bekam die Auffahrt den
in der Zeit des französischen Kaisers Namen Montgelasstraße mit der ebenfalls Das Kurfürstentum Bayern war im Jahr
Napoléon (1769–1821). Er war vor allem neutralen Erklärung: „Maximilian Joseph 1805 gerade mit Österreich verbündet, des-
Außenminister, aber auch längere Zeit Graf von Montgelas, Königlich Bayerischer sen Truppen in Bayern und auch in Mün-
Innen-, Kultus- und Finanzminister und Staatsminister, geboren 12. September chen standen. Diese Verbindung wollte die
konnte daher eine enorme Machtposition 1759, gestorben 13. Juni 1838.“ Doch die- europäische Vormacht Frankreich nicht dul-
für sich behaupten, zumal sich Kurfürst se beiden Benennungen waren nicht zufäl- den und drohte, nach Bayern einzufallen,
Maximilian IV. Joseph (1756–1825), seit lig zustande gekommen, auch wenn es auf wodurch Bayern zum Aufmarschgebiet ge-
1806 König Max I. Joseph, kaum einmisch- den ersten Blick so aussieht. Sie beziehen worden wäre. In dieser Situation schloss
te und im Vertrauen auf Montgelas’ Können sich auf einen Vertrag, der für den bayeri- sich Bayern dem Stärkeren, nämlich Frank-
und Loyalität dessen Politik meist abnick- schen Staat von allergrößter Bedeutung reich, an und besiegelte dies nach langen
te. Zu Montgelas’ Zeit fanden extreme war, und auf den Ort, wo dieser Vertrag Verhandlungen am 25. August 1805 im Ver-
politische Umwälzungen statt und die unterzeichnet wurde. trag von Bogenhausen. Nachdem Österreich
Großmächte Österreich, Großbritannien, zunächst davon nichts wissen durfte, war
Frankreich und Russland kämpften in ver- es ein Geheimvertrag, von bayerischer Sei-
schiedenen Konstellationen um die Vorherr- Kurbetrieb und Adelssitze te unterzeichnet von Montgelas. Im groben
schaft in Europa. Das Kurfürstentum Bayern Überblick beinhaltete das Abkommen fol-
spielte bei diesem Gerangel zwar keine Unterhalb der Hangkante, wo angeblich gendes: Bayern wurde darin zum Königreich
entscheidende Rolle, war aber dennoch als heilsame Quellen entsprangen und heute erhoben, wirksam ab dem 1. Januar 1806.
Staat und Bündnispartner für die Groß- immer noch entspringen, befand sich seit Die von Bayern besetzten Gebiete in
mächte nicht uninteressant. Aus dieser dem 17. Jahrhundert die Bade- und Was- Schwaben, Ober-, Mittel- und Unterfranken
Schwäche heraus war Bayern sozusagen serheilanstalt Bad Brunnthal, die 1914 ih- wurden von Frankreich anerkannt und
gezwungen, seine Partner zu wechseln, je ren Betrieb einstellte und zum 1. Januar brachten dem neuen Königreich einen sat-
nachdem, welcher Staat gerade siegreich 1916 ihren Straßennamen erhielt. Oberhalb ten Gewinn an Territorium von sage und
war. dieser Kuranstalt entstanden zwei Adels- schreibe 144 Prozent sowie einen Zuwachs
sitze an der Neuberghauser Straße von an Bevölkerung von 142 Prozent. Als Ge-
1897, und zwar einer der Grafen von Tör- genleistung musste Bayern seine Truppen
Frühe Verkehrswege ring, später gekauft von den Freiherren von im Bündnisfall dem französischen Ober-
Hompesch, nach denen ebenfalls am 1. Ja- befehl unterstellen, denn Napoléon plante
Bogenhausen wurde erst am 1. Januar nuar 1897 Straßen benannt wurden. Ein Großes, beispielsweise die Unterwerfung
1892 nach München eingemeindet. Doch zweiter ist heute verschwunden und stand Großbritanniens und Russlands. Insofern
bereits im Jahr 1804 entstand an der Stelle auf dem Gelände des Bundesfinanzhofes an stehen also die Benennungen der Max-
der späteren Max-Joseph-Brücke eine höl- der Ismaninger Straße 109, nämlich der Joseph-Brücke und der Montgelasstraße
zerne Überquerung der Isar, um den Perso- Edelsitz Stepperg, erworben 1803 von Graf nicht im luftleeren Raum, sondern haben
nen- und Güterverkehr von München aus Montgelas. Und hier fand 1805 große Poli- einen sehr realen lokalen Bezug zu einem
über das Hochufer hinauf zu den Dörfern tik statt. Graf Montgelas litt an einer Viel- wichtigen Ereignis für Bayern, das sich
Englschalking, Denning, Ober- und Un- zahl von Krankheiten, weswegen er sich hier ereignete.
terföhring, nach Ismaning und so weiter zu auch vom Wasser des nahen Bad Brunnthal
erleichtern und zu beschleunigen. Im Jahr Linderung versprach. Ende August 1805
1876 wurde diese Brücke durch eine mo- war er deshalb wieder einmal der stickigen Druck
derne Konstruktion aus Eisenfachwerk er- und bei den damaligen hygienischen Zu-
setzt, die schließlich 1879 die Bezeichnung ständen insbesondere im Sommer stinken- Kurfürst Max IV. Joseph zögerte mit der
Max-Joseph-Brücke erhielt mit der sachli- den Stadt entflohen und weilte zur Erho- Unterschrift unter dem Vertrag, doch sehr
chen Erklärung: „König Maximilian I., ge- lung auf seinem Anwesen Stepperg in der schnell roch Österreich den Braten. Bereits
boren zu Mannheim 27. Mai 1756, gestor- frischen Luft. am 6. September 1805 umstellten 200 ös-
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