Page 13 - Taxikurier Juni 2024
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Terrorismus lieferte die WM den Beweis,
wie unzählige Nationen zusammen eupho-
risch friedlich feiern können. Der große
Höhepunkt war die Feier auf der Berliner
Fan-Meile am 9. Juli 2006, als die deutsche
Mannschaft von mehr als einer halben Mil-
lion Menschen frenetisch gefeiert wurde.
„Es hat alles gepasst. Bei den Fanfesten
haben unterschiedliche Rassen, Menschen
unterschiedlicher Hautfarbe und Religionen
nebeneinander gestanden. So stellt sich
der Liebe Gott die Welt vor, auch wenn wir
in der Realität noch 100.000 Jahre davon
entfernt sind“, resümierte der deutsche
WM-OK-Präsident Franz Beckenbauer.
War das Sommermärchen das vielleicht ren, siegte eine weltfremde, grünlackierte Parallelen zu den Olympischen Spielen
markanteste Ereignis im ersten Jahr- Illusion, die von Realität seit vielen Jahren 1972, als das Taxigewerbe auch völlig
zehnt dieses Jahrtausends, so bringt Woche für Woche eines besseren belehrt vergessen wurde in der Verkehrsplanung
jedes Licht auch Schatten mit sich: wird. Doch nun ist es abermals zu spät, um und teilweise die Taxis in nassen Wiesen
Ein rauschendes Fußballfest in einem (baulich) Ordnung in dieses von der Stadt- versunken sind.
wunderschönen Stadion sowie in der spitze gewollte Chaos zu bringen.
gesamten Stadt, doch es gab auch einen Die aktuelle Crux an der Taxisituation rund
großen Verlierer: Die Verkehrsplanung Bei einem Bundesliga-Spiel des FC Bayern um die Allianz Arena ist das Nadelöhr
rund um die Arena. werden ca. 400 Taxis benötigt, bei einem Werner-Heisenberg-Allee im Bereich der
Champions-League wird schnell mal die Ausfahrt des Parkhauses. Durch die Ver-
Haarsträubende Fehlleis- 1000er Marke geknackt. Selbst bei enger flechtung des nördlichen Verkehrs mit drei
tungen bei der Planung Aufstellung im Busparkplatz Mitte mit Einfädelungen aus dem Parkhaus ergeben
und Gestaltung der Ver- 3 Reihen und Ausnutzung jedes Zentime- sich Fahrzeiten von Süd nach Nord von bis
kehrsflächen sorgen bis ters können gerade mal 280 Taxis vorgehal- zu 20 Minuten. Mögen diese 20 Minuten
heute für katastrophale ten werden. Das heißt mit anderen Worten, den heimfahrenden Besucher zwar nerven,
Zustände bei An- und Ab- das bereitgestellte Taxi-Kontingent reicht so sind diese Zeiten der Grund, weshalb im
fahrt zu den Parkhäusern. aus für den Ansturm der ersten 20 Minuten Norden und im Innenraum keine Taxis mehr
Das Straßen- und Wege- nach Spielende, weitere Fahrgäste müssen nachkommen und Fahrgäste bis auf die
netz sowie die Parkplatz- auf direkt anfahrende Taxis warten. Genau Autobahn laufen, um hier Taxis abzufi-
kapazitäten wurden weit hier entstehen die Probleme: Wartende schen. Es kommt zu lebensgefährlichen
am tatsächlichen Bedarf Fahrgäste sind nicht bereit, im Taxistand Situationen, vor allem nachts. Um eine
vorbei geplant und gebaut. auf die Taxis zu warten und bewegen sich geordnete Taxiversorgung bei internationa-
Die Werner-Heisenberg-Allee ist die einzige aus dem Taxistand auf die Fahrbahnen und len Veranstaltungen sicherzustellen, bedarf
Zu- und Abfahrtsstraße zum Stadion und versuchen, dort die Taxis anzuhalten. In es enormer Manpower an den Brennpunk-
zu den Parkhäusern von zwei Seiten. Allein der Phase ab 30 Minuten nach Spielende, ten. Die Taxi-München eG stellt hier unent-
im Parkhaus unter der Esplanade sowie im also wenn sich die ersten Reisebusse in geltlich Personal ab, um für das Taxigewer-
direkten Stadion-Umfeld befinden sich Bewegung setzen, ist es keinem Taxifahrer be ein Optimum an Fahrgastzufriedenheit
11.000 Parkplätze. Hinzu kommt das Volu- mehr zuzumuten, in den Busparkplatz ein- zu erreichen.
men des P&R-Parkhauses Fröttmaning mit zufahren. Im Busparkplatz Süd ergeben
1.300 Fahrzeugen. Mehrere hundert Busse sich Verflechtungen aus besetzten Taxis, Ein großes Problem bereiten
quälen sich aus den Busparkplätzen Süd, Reisebussen und dem abfließenden Verkehr dabei auch die nicht vorhan-
Mitte und Nord durch viel zu eng bemesse- des P&R-Parkhauses in die Maria-Göppert- Rote Karte! denen Flächen für Abholer
ne Kurvenradien und schmale Ausfahrt- Mayer-Straße, wodurch Fahrgäste bis mit vorbestellten oder aus-
schranken. Motorradfahrer suchen vergeb- 30 Minuten im Taxi sitzen und bereits bis wärtigen Taxis. Die Kollegen
lich nach legalen Parkplätzen. zu 20 Euro auf dem Taxameter haben, ehe versuchen stets aufs Neue,
sie die Autobahn Richtung Stadtmitte er- im Busparkplatz Mitte
Doch am schlimmsten trifft es die Taxifah- reichen. Während der WM 2006, als der (= Taxistand ARENA NORD)
rer: Weder bei der Anfahrt zu den Spielen Taxistand Süd noch nicht im Busparkplatz sich zwischen wartende Taxis und Reise-
noch für die Abholung danach sind Ver- Süd, sondern in den Gassen der P&R-Anla- busse zu quetschen und damit die Ver-
kehrsflächen für die Taxis vorgesehen. Das ge war, kam dieser Effekt noch heftiger zur kehrsordnung zu stören. Deshalb an dieser
Verkehrsmittel Taxi fand offenbar in den Wirkung. Hunderte Taxis waren im Stopp- Stelle nochmal die Regelung: Bei großen
Köpfen der Planer nicht statt. Obwohl be- and-Go rund um die P&R-Anlage gefangen, Ver anstaltungen und internationalen Spie-
reits im Olympiastadion bei internationalen viele Fahrgäste verließen entnervt die len ist die Zufahrt in den Taxistand Are-
Spielen jedes 10. Fahrzeug ein Taxi war, Taxis, nachdem sie die Wartezeitkosten be- na-Nord für vorbestellte Taxis sowie für
und die Verkehrsmengen am neuen Stadion glichen hatten und gingen zur überfüllten Mietwagen oder auch für auswärtige Taxis
in ähnlichen Dimensionen zu erwarten wa- U-Bahn. Ältere Taxifahrer erkannten hier nicht möglich und auch nicht gestattet. ➔
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