Page 12 - Taxikurier Juli 2024
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recht kompakt


            VERKEHRSRECHT


             ➔ GRUNDLAGEN ZUR PATIENTENBEFÖRDERUNG



            Teil I: Wirtschaftlichkeitsgebot und                rahmenvertragliche Vergütungsverpflichtungen einseitig einem
            Krankentransport rahmenverträge                   Vorbehalt günstigerer Vertragsangebote Dritter zu unterwerfen .
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                                                              Vielmehr erlaubt das Gesetz den Krankenkassen lediglich, über
              Die Krankenfahrten sind insbesondere für die Pkw-Beförderer   bereits abgeschlossene Verträge hinaus weitere, für sie günstige-
              auf dem Land von eminenter, meist sogar gewerbeerhaltender,  re Vergütungsvereinbarungen mit anderen Leistungserbringern
              Bedeutung, aber auch für die städtische Branche sind diese   zu treffen, lässt aber die Wirkungen der bereits abgeschlossenen
              Fahrten hoch interessant. Die rechtlichen Eckpunkte dieser   Verträge unberührt. Vom Bundessozialgericht  ist ein Fall, in der
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              Spezialbeförderungen darzustellen, ist Gegenstand dieses   ein rahmenvertragseinbezogenes Taxenunternehmen eine gesetz-
              mehrteiligen Beitrages.                         lich krankenversicherte Patientin befördert hatte, obwohl die
                                                              Krankenkasse diese Fahrten bereits zuvor im Internet ausge-
            Bis Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts war die Kran-  schrieben und auf die Ausschreibung hin ein anderes Unterneh-
            kenbeförderung direkt im Personenbeförderungsgesetz geregelt,   men mit der Durchführung der Fahrten beauftragt hatte, taxi-
            dann aber ist die Beförderung mit Krankenkraftwagen heraus-  freundlich entschieden worden. Die Patientin weigerte sich
            genommen und in die Landesrettungsdienste übertragen worden.   nämlich mit diesem ihr unbekannten Unternehmen zu fahren
            Diese Änderung bedeutet aber nicht, dass sämtliche Beförderun-  und teilte der Kasse mit, dass sie die Fahrten mit dem ihr be-
            gen von Kranken aus dem Regelungsbereich des PBefG herausfal-  kannten Taxiunternehmen durchführen werde. Diese reagierte
            len. Vielmehr bleiben die entgeltlichen oder geschäftsmäßigen   mit dem Hinweis, dass sie die durch die Wahl eines anderen
            Beförderungen von Kranken, Verletzten oder aus sonstigen Grün-    Taxenunternehmens entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen
            den Hilfsbedürftigen, bei denen weder eine medizinisch fachliche  hätte, lediglich der über die Internetausschreibung ausgehandel-
            Betreuung vonnöten ist noch bei denen der Patient der besonde-  te Betrag würde von ihr übernommen. Das Gericht verurteilte
            ren Einrichtungen des Krankenkraftwagens bedarf bzw. aller Vor-  die Kasse auch zur Zahlung des Differenzbetrages, denn Taxen-
            aussicht nach nicht bedarf, weiterhin im PBefG geregelt und   unternehmen können den im Rahmenvertrag mit Krankenkassen
            stellen sich entweder als Taxenverkehr oder aber als Mietwagen-  vereinbarten Preis grundsätzlich auch dann verlangen, wenn die
            verkehr dar. Man spricht hier von Krankenfahrten bzw. Patienten-  Krankenkassen einen günstigeren Anbieter gefunden haben.
            fahrten im Unterschied zu den Rettungsfahrten (Krankenbeför-
            derung von Notfallpatienten mit qualifizierten Rettungsmitteln   Wo steht’s im Gesetz?
            wie Rettungswagen, Notarztwagen oder Rettungshubschrauber)   1 § 133 SGB V   § 12 SGB V   § 133 Abs. 1 Satz 4 SGB V
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            und Krankentransporten (Krankenbeförderung von Patienten, die
            während der Beförderung einer fachlichen Betreuung oder einer   Welches Gericht hat so entschieden?
            besonderen medizinisch-technischen Einrichtung bedürfen oder   4 LSG Hessen, Beschl. v. 27.03.2014   BSG, Urt. v. 13.12.2011
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            möglicherweise bedürfen).
            Nach einer Vorschrift des Sozialgesetzbuches  schließen die Kran-
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            kenkassen oder ihre Verbände Verträge über die Vergütung für
            Krankentransportleistungen mit dafür geeigneten Einrichtungen,
            worunter insbesondere auch die Verbände der leistungserbringen-
            den Taxi- und Mietwagenunternehmen auf Landes-, ggf. aber
            auch Ortsebene zu verstehen sind. Das Merkmal „schließen eine
            Vereinbarung“ in dieser Vorschrift ist aber nicht komplett folge-  Der Autor:
            richtig, da die Taxi- und Mietwagenunternehmen insoweit keinem   Rechtsanwalt Thomas Grätz
            Abschlusszwang unterliegen. Deshalb sind auch Krankenbeförde-  ist seit über 30 Jahren mit
            rungen durch Taxen und auch Mietwagen durchführ- und abre-    Personenbeförderungsrecht
            chenbar, wenn keine Krankenfahrtenvereinbarung existiert. Diese   befasst und war Geschäftsführer
            Verträge haben sich an dem Wirtschaftlichkeitsgebot  auszurich-  vom  damaligen Taxi-Bundes-
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            ten sowie den Grundsatz der Beitragssatzstabilität des Kranken-  verband BZP.  Bekannt ist auch
            versicherungssystems zu beachten. Allerdings dürfen diese   sein PBefG- Standardwerk
            Grundsätze von den Krankenkassen nicht so weitgehend ausge-    „Fielitz ⁄ Grätz“.
            legt werden, dass damit die Rahmenvertragspartner aus dem
              Taxen- und Mietwagenbereich auf Preise verwiesen werden dür-
            fen, die unter den im Rahmenvertrag vereinbarten Vergütungen
            liegen. Die gesetzliche Höchstpreisregelung für Krankentranspor-
            te  berechtigt eine Krankenkasse nicht dazu, eingegangene
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