Page 20 - Taxikurier Februar 2020
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TITELTHEMA
HUBERTUS ANDRÄ: Ob wir schneller zugreifen, kann ich Ihnen Das von den Bandenmitgliedern erworbene Bargeld wird sicher-
nicht beurteilen. Aber wir möchten eine möglichst hohe Präsenz gestellt und auf diese Weise wollen wir München für diese
auf der Straße haben. Unsere schnelle und flächendeckend hohe Banden unattraktiv machen.
Verfügbarkeit ist sicher etwas, was die Täter in Ihre Planungen
mit einbeziehen müssen. Letztlich konnten wir einen Rückgang TAXIKURIER: Wechseln wir in einen weiteren interessanten
der sog. Rohheitsdelikte um 2,3 % verzeichnen. Daneben führen Bereich – zu den Polizeibeamten. Die Bodycams bei Polizeibeam-
wir ganzjährig unsere „Zivilcourage-Kurse“ durch, bei denen den ten sind derzeit in der Presse. Kann man hier schon zahlenmäßi-
Bürgerinnen und Bürgern vermittelt wird, wie sie sich und ande- ge Erfolge vermelden? Und was sagen Bürger, wenn sie gefilmt
ren im Zweifelsfall helfen können. Wir animieren die Bevölkerung werden?
stets dazu, bei verdächtigen Wahrnehmungen sofort den Polizei-
Notruf über 110 zu informieren. HUBERTUS ANDRÄ: Wir nutzen die BodyCam als Einsatzmittel
bereits seit 2018 in einem Pilotversuch und in diesem Jahr
TAXIKURIER: Eine Großstadt ohne Drogen gibt es nicht. Während wurde sie bayernweit bei der Bayerischen Polizei eingeführt.
in den meisten Großstädten dieser Welt das Zeug offen auf Konkrete Zahlen lassen sich schwerlich nennen. Der wichtigste
der Straße gehandelt wird, ist es in München schon ein Mega- Zweck ist ja eine präventive, abschreckende Wirkung beim
Ereignis, wenn mal eine Kontrolle (Herzog-Wilhelm-Park, polizeilichen Gegenüber. Wenn der mögliche Täter von der Tat-
Englischer Garten) stattfindet resp. ein Drogenfund gemacht ausführung absieht, weil er vor der Video- und Tonaufnahme
wird. Warum ist München für die allgemeine Drogenszene so mit der BodyCam zurückschreckt, dann erlangen wir davon ja
uninteressant? keine Kenntnis. Bislang haben wir sehr gute Erfahrungen mit
der BodyCam gemacht. Beschwerden von Unbeteiligten gab es
HUBERTUS ANDRÄ: Hier kann ich auf meine anfängliche Antwort nicht. Und dass Straftäter oder das Gegenüber es bei entspre-
verweisen. Wir dulden keine rechtsfreien Räume. Das Betäu- chendem Verhalten unangenehm finden, gefilmt zu werden, ist
bungsmittelgesetz wird von uns konsequent angewendet und richtig und gut so.
durchgesetzt. Diese konsequente Linie hat meines Erachtens
Auswirkungen auf die örtliche Rauschgiftszene. TAXIKURIER: Stichwort „Cybercrime“, da denkt man eher an
Geheimdienste und chinesische Spionage. Ist dies auch ein
TAXIKURIER: Das Thema Prostitution - illegal oder Straftaten Arbeitsfeld der Münchner Polizei?
im Zusammenhang - ist aus der Presse verschwunden. Hält die
Polizei die Szene niedrig? HUBERTUS ANDRÄ: Unbedingt! Viele Deliktsbereiche haben sich
mittlerweile zunehmend in den digitalen Raum verlagert oder
HUBERTUS ANDRÄ: Wir haben ein eigenes Kommissariat bei der sind erst in diesem möglich. Ich denke z. B. an Phishing, Geld-
Kriminalpolizei, das sich ausschließlich mit dem Rotlichtmilieu wäsche oder das sog. Cybermobbing in sozialen Netzwerken.
beschäftigt. Neben regelmäßigen Kontrollen entsprechender Die Münchner Polizei hat auf diese Veränderungen schnell und
Etablissements suchen die Beamtinnen und Beamten aktiv den effektiv reagiert. Darum haben wir ein eigenes Kriminalfachde-
Kontakt mit den in diesem Bereich arbeitenden Frauen und zernat, in dem sich Spezialisten nur mit der Thematik Cybercrime
Männern. Die Betreiber wissen auch, dass wir ihnen genau auf beschäftigen.
die Finger schauen. Ein konstruktiver Dialog sowie eine ständige
Ansprechbarkeit haben sich hier bewährt. TAXIKURIER: In manchen Situationen wird der Ruf nach mehr
Polizei auf der Straße laut. Jetzt ist das Polizeipräsidium Mün-
TAXIKURIER: Sind soziale Brennpunkte auch gleichzeitig chen aber mit uniformierten Polizeibeamten gut aufgestellt.
Straftaten-Brennpunkte? Würden Sie sich trotzdem mehr Polizeibeamte wünschen?
HUBERTUS ANDRÄ: Natürlich bieten soziale Brennpunkte einen HUBERTUS ANDRÄ: Derzeit arbeiten beim Polizeipräsidium Mün-
Nährboden für Unzufriedenheit und daraus resultierend auch ein chen über 4.000 Beamtinnen und Beamte bei der Schutzpolizei,
höheres Risiko für gewisse Delikte. Nichts desto trotz suchen wir also im uniformierten Dienst. Betrachtet man die Entwicklung
gerade auch in solchen Bereichen durch unsere Kontaktbereichs- der Münchner Bevölkerung, so ist sie in den letzten zehn Jahren
beamtinnen und -beamte aktiv den Kontakt zu den Menschen. um 9,6 % gestiegen. Der Zuzug nach München wird nach entspre-
Vieles lässt sich so schnell klären und im Keim ersticken. Nicht chenden Untersuchungen auch in Zukunft anhalten. Natürlich ist
umsonst heißt es in Bayern „Reden bringt d’Leit zam“. aber auch der Personalkörper der Münchner Polizei in dieser Zeit
gewachsen. Selbstverständlich freue ich mich über zusätzliche
TAXIKURIER: Bettler, bettelnde Musikanten, Herumlungernde, Beamtinnen und Beamte, denn dann wird es für alle leichter, un-
solche Menschen schaffen ein Gefühl des Unbehagens. Welche seren hohen Sicherheitsstandard aufrecht zu erhalten. Insgesamt
Handhabe hat die Polizei gegenüber dieser Szene? sind wir – wie Sie schon sagten – gut aufgestellt.
HUBERTUS ANDRÄ: Die Münchner Polizei hat das Ziel, konse- TAXIKURIER: Wie viele Einsätze werden etwa an ruhigen und an
quent gegen organisiert arbeitende Bettlerbanden vorzugehen. ereignisreichen Tagen in der Einsatzzentrale abgewickelt?
20 ⁄ TAXIKURIER ⁄ FEBRUAR 2020