Page 10 - Taxikurier März 2020
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RECHTSPRECHUNG
➔ URTEILE densersatz zu. Die Beklagte habe den Unfall allein verschuldet,
da sie in schwerwiegender Weise gegen § 14 Abs. 1 StVO ver-
stoßen habe. Nach dieser Vorschrift müsse sich ein Ein- oder
Aussteigender so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Ver-
Kollision mit öffnender Fahrzeugtür: Seitenabstand kehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Wird beim Ein- oder Aus-
von 80 cm bei Fahrbahnbreite von 3,50 m ist ausreichend steigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt, so spreche
der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfalts-
pflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden. Diesen An-
scheinsbeweis habe die Beklagte nicht entkräften können.
Seitenabstand von 80 cm ausreichend
Der Klägerin sei dagegen nach Ansicht des Landgerichts kein
Verkehrsverstoß zur Last zu legen. Sie habe insbesondere einen
ausreichenden Seitenabstand eingehalten. Zwar bestehe für die
Angemessenheit des Abstands kein feststehendes Maß. Sie sei
vielmehr abhängig von den jeweiligen Umständen. Jedenfalls
sei ein Seitenabstand von 80 cm bei einer hier vorliegenden
Fahrbahnbreite von etwas weniger als 3,50 m ausreichend.
Alleinhaftung der Aussteigenden
Die Beklagte hafte demnach allein für die Unfallfolgen, so das
Landgericht. Dies gelte selbst dann, wenn der Klägerin einen
istockphoto allenfalls geringfügigen Verstoß gegen den einzuhaltenden
Seitenabstand begangen hätte. Denn das rücksichtslose und
plötzliche Türöffnen durch die Beklagte, die das herannahende
Fahrzeug durch einen gebotenen Schulterblick vor dem Tür-
öffnen hätte sehen können, wiege derart schwer, dass selbst
Aussteigende Fahrzeugführerin haftet allein ein geringes Mitverschulden der Klägerin dahinter zurücktreten
für Unfallfolgen würde.
Ein Seitenabstand von 80 cm für das Vorbeifahren an einem Landgericht Saarbrücken, Beschluss vom 12.09.2017
parkenden Fahrzeug ist jedenfalls bei einer Fahrbahnbreite – 13 S 69 ⁄ 17 –
von 3,50 m ausreichend. Kommt es dabei zu einer Kollision
mit einer öffnenden Fahrzeugtür, haftet die aussteigende
Fahrzeugführerin allein. Dies hat das Landgericht Saarbrücken Bußgeldbehörde darf Verfahren nicht vorschnell einstellen
entschieden. und Fahrzeughalter Führen eines Fahrtenbuchs auferlegen
In dem zugrunde liegenden Fall kam es zwischen zwei Fahrzeu-
gen zu einem Verkehrsunfall als die Halterin eines am rechten Strenge Anforderungen an Fahrtenbuchauflage
Straßenrand geparkten Fahrzeugs ihre Fahrzeugtür öffnete und
dadurch mit gerade ein an dem parkenden Fahrzeug vorbeifah- Teilt ein Fahrzeughalter mit, dass nicht er, sondern einer seiner
rendes Fahrzeug kollidierte. Ein Sachverständiger stellte später beiden Zwillingssöhne einen Geschwindigkeitsverstoß mit sei-
fest, dass die Fahrzeugtür um 85-90 cm geöffnet wurde und nem Fahrzeug begangen habe, und macht er im Übrigen von
der Seitenabstand zwischen den beiden Fahrzeugen etwa 80 cm seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, darf die Bußgeld-
betrug. Die Halterin des vorbeifahrenden Fahrzeugs klagte behörde das Verfahren nicht vorschnell einstellen und dem Hal-
schließlich auf Zahlung von Schadensersatz. Das Amtsgericht ter die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden. Vielmehr
Lebach gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung muss die Behörde zunächst die Söhne des Halters befragen.
der Beklagten. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz.
Anspruch auf Schadensersatz bestand Im zugrunde liegenden Streitfall wurde mit dem Kraftrad des
Klägers am 13. Juli 2018 innerorts die zulässige Höchstge-
Das Landgericht Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des schwindigkeit von 30 km ⁄ h um 33 km ⁄ h überschritten. Auf den
Amtsgerichts und beabsichtigte daher die Berufung der Beklag- in der Verwaltungsakte befindlichen Radarfotos ist das Gesicht
ten zurückzuweisen. Der Klägerin stehe der Anspruch auf Scha- des Fahrers aufgrund des Motorradhelms nicht zu erkennen.
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