Page 11 - Taxikurier März 2020
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In dem sich anschließenden Bußgeldverfahren teilte der Kläger der Bußgeldstelle wegen der Verfolgung Unschuldiger führen
der Bußgeldstelle mit, dass er nicht der verantwortliche Fahr- würde. Diese seien in Fällen wie dem vorliegenden nicht gehal-
zeugführer sei, vielmehr habe einer seiner beiden Söhne das ten, die vom Fahrzeughalter benannten Personen unmittelbar
Motorrad zum fraglichen Zeitpunkt gefahren; im Übrigen mache als Betroffene anzuhören. Vielmehr seien zunächst – gegebe-
er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Die Buß- nenfalls unter Einschaltung der Polizei – weitere Befragungen
geldstelle stellte daraufhin das Verfahren ein. Gegenüber dem und Ermittlungen anzustellen. Ein förmliches Ermittlungsver-
Kläger wurde für die Dauer von 15 Monaten die Führung eines fahren gegen eine bestimmte Person sei hingegen erst dann
Fahrtenbuchs angeordnet. einzuleiten, wenn sich ein konkreter Verdacht gegen diese
ergebe.
Fahrzeughalter ergebt Klage gegen Fahrtenbuchauflage
Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 10.12.2019
Hiergegen erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage – 4 K 773 ⁄ 19.KO –
und trug im Wesentlichen vor, dass der Beklagte nicht alle an-
gemessenen und zumutbaren Aufklärungsmaßnahmen ergriffen
habe. Er habe sich nicht lediglich auf sein Zeugnisverweige- Regelung der Münchener Taxiordnung über
rungsrecht berufen, sondern den Kreis der möglichen Fahrer auf Standplatzpflicht für Taxen unwirksam
zwei Personen – seine beiden Söhne – eingegrenzt. Der Beklag-
te hätte problemlos durch deren Anhörung versuchen können,
den tatsächlichen Fahrer festzustellen. Es sei nicht ausge- Personenbeförderungsgesetz enthält keine
schlossen, dass einer seiner Söhne bei einer solchen Befragung Verordnungsermächtigung zur Regelung einer
den Verkehrsverstoß eingeräumt hätte. Dem trat der Beklagte Standplatzpflicht für Taxen
insbesondere mit dem Einwand entgegen, dass die Bußgeld-
stelle nicht verpflichtet gewesen sei, die beiden Zwillingssöhne Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das Perso-
des Klägers parallel anzuhören. Denn die Mitarbeiter der Buß- nenbeförderungsgesetz nicht zum Erlass einer Rechtsverord-
geldstelle sähen sich in diesem Fall einer strafrechtlichen nung ermächtigt, die gebietet, dass Taxis nur an behördlich
Verfolgung wegen des Vorwurfs der Verfolgung Unschuldiger zugelassenen Stellen bereitgehalten werden dürfen.
ausgesetzt.
Der Antragsteller des zugrunde liegenden Falls, ein in München
Bußgeldbehörde muss bei überschaubarem tätiger Taxifahrer, wandte sich im Wege der Normenkontrolle
möglicher Verantwortlicher für Verkehrsverstoß gegen eine Vorschrift der Taxiordnung der Landeshauptstadt
Befragungen vornehmen München, wonach Taxis nur an behördlich zugelassenen Stellen
bereitgehalten werden dürfen (sogenannte Standplatzpflicht).
Dem folgte das Verwaltungsgericht Koblenz nicht und gab der
Klage statt. Zwar könne eine Fahrtenbuchauflage verhängt wer- Der Verwaltungsgerichtshof gab dem Antrag statt und erklärte
den, wenn die Ermittlung des Fahrzeugführers, der den in Rede die angegriffene Vorschrift für unwirksam. Das Bundesverwal-
stehenden Verkehrsverstoß begangen hatte, nicht möglich ge- tungsgericht wies die Revision der Antragsgegnerin zurück. Der
wesen sei. Hierfür komme es im Wesentlichen darauf an, ob die Verwaltungsgerichtshof habe zwar unzutreffend angenommen,
Ermittlungsbehörde unter sachgerechtem und rationalem Ein- dass § 47 Abs. 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) nicht
satz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemä- den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit
ßem Ermessen diejenigen Maßnahmen getroffen habe, die der einer Verordnungsermächtigung genüge. Auch folge aus der
Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht wür- bundesrechtlichen Pflicht gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 PBefG,
den und erfahrungsgemäß Erfolg haben könnten. Benenne der Taxen nur an behördlich zugelassenen Stellen bereitzuhalten,
Fahrzeughalter einen überschaubaren Kreis von Angehörigen, kein Verbot, eine gleichlautende Bestimmung in einer Rechts-
die als Verantwortliche für den Verkehrsverstoß in Betracht verordnung zu wiederholen. Das Personenbeförderungsgesetz
kämen, müsse die Behörde diese Personen in der Regel befra- enthalte jedoch keine Verordnungsermächtigung zur Regelung
gen, da eine solche Befragung nicht von vorneherein aussichts- einer Standplatzpflicht für Taxen. Es ermächtige nur zum Erlass
los erscheine. Dies gelte auch dann, wenn – wie hier der Fall – einer Rechtsverordnung, die den Umfang der Betriebspflicht,
die beiden Zwillingssöhne des Fahrzeughalters als Fahrer in die Ordnung auf Taxenständen sowie Einzelheiten des Dienst-
Betracht kämen. Angesichts der Tatsache, dass die beiden Zwil- betriebs regelt. Die Standplatzpflicht unterfalle keinem dieser
lingssöhne des Klägers deutlich unterschiedliche Körpergrößen drei Regelungsbereiche. Insbesondere stelle sie keine Einzelheit
aufwiesen, sei es der Bußgeldstelle auch zumutbar gewesen, des Dienstbetriebs dar, sondern gehöre zu den grundlegenden
anhand der Radarfotos und der dort abgebildeten Kleidung Elementen des Verkehrs mit Taxen, so das Bundesverwaltungs-
sowie des Helms des Fahrers weitere Ermittlungen anzustellen. gericht.
Diesem Ergebnis stehe nach Auffassung der Richter nicht ent-
gegen, dass – wie der Beklagte meine – eine Befragung der Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.01.2020
Zwillingssöhne des Klägers zu einer Strafbarkeit der Mitarbeiter – BVerwG 8 CN 2.19 –
MÄRZ 2020 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 11