Page 34 - Taxikurier März 2020
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STADTKUNDE MÜNCHEN
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            ➔ BOTANISCHE GÄRTEN


           Zwei grüne Oasen in München









           Die Stadtverwaltung strebt bei der Vergabe von benachbarten Straßenbenennungen     gehüllte Theresienwiese besuchen, so wird
           nach thematischer Verwandtschaft,  bei    spiels weise im Viertel der Kriegsherren in der   das ganze Ausmaß der Verschmutzung
           Maxvorstadt mit seinen Straßen, die an Tilly, Wrede, Pappenheim, Deroy, Pranck oder   klar.“ Damals herrschte die später verklärte,
           gleich an den  römischen Kriegsgott Mars erinnern. Nicht immer wollte dies aber   „gute“, alte Zeit, und der „Märchenkönig“

             gelingen, wie man etwa am Wittels bacher platz und der Wittelsbacherstraße, am   Ludwig II. (1845–1886) regierte das Kö-
             Maximiliansplatz und der Maxi milianstraße oder am Max-Joseph-Platz  und der Max-  nigreich Bayern. Statt in seiner Haupt- und
           Joseph- Straße sieht. Glücklicherweise haben wir zwar die Ludwigstraße, nicht aber   Residenzstadt hielt er sich vielleicht auch
           einen Ludwigsplatz. Beim Alten Botanischen Garten, ebenfalls in der Maxvorstadt,   aus diesem Grund lieber in der Einsamkeit
           und dem Neuen Botanischen Garten in Nymphenburg verhält es sich ähnlich:    seiner Traumwelt in den Bergen oder auf
           Sie liegen nicht in geographischer Nachbarschaft, sondern weit  voneinander ent-  der Roseninsel im Starnberger See auf. Das
           fernt. Und trotzdem werden sie oft miteinander verwechselt.         „Bayerische Industrie- und Gewerbeblatt“
                                                                               veröffentlichte 1887 einen Beitrag über
                                                                               „Schweflige Säure und Schwefelsäure im
           Alter Botanischer Garten, Elisenstraße  in Richtung Westen. Mit der Eisenbahn   Schnee.“ Darin hieß es, dass innerhalb der
                                               gewann die Industrialisierung immer mehr   Stadt München die meisten Nadelbäume
           Auf einer Fläche von rund vier Hektar ent-  an Fahrt und mit ihr die Nutzung der Koh-  wegen der schwefligen Säure des Steinkoh-
           stand zwischen 1804 und 1812 der (mitt-  le. Im Jahr 1874 beispielsweise berichteten  lenrauchs abgestorben, während die Laub-
           lerweile Alte) Botanische Garten auf Befehl   die „Münchner Neuesten Nachrichten“ über   bäume widerstandsfähiger seien. Dies hän-
           von König Max Joseph I. (1756–1825, Max-  die Zustände in der Stadt: „In immer wei-  ge damit zusammen, dass sie im Winter,
           Joseph-Platz benannt 1805, Max-Joseph-   terem Umkreise um unsere Stadt weichen   wenn durch die Heizungen die Luftvergif-
           Straße von 1807) nach den Plänen von   die Wälder der fortschreitenden Kultur, mit   tung besonders stark sei, keine Blätter trü-
           Friedrich von Sckell (1750–1823, Sckell-  ihnen aber auch die Spender und Erzeuger   gen und das Gift nicht eindringen könne.
           straße von 1876). Zum Stachus hin hat   des belebenden Sauerstoffes, und an ihre
           sich ein Portal erhalten, das auf Lateinisch   Stelle wachsen immer mehr Schlote empor,
             folgenden Satz des Dichterfürsten Johann   die ihren erstickenden, größtenteils aus   Luftverschmutzung und Flechten
           von Goethe (1749–1832, Goethestraße von   Kohlenstoff gebildeten Qualm in die Stra-
           1865, Goetheplatz von 1876) trägt: „Der   ßen der Stadt und ihrer Vorstädte nieder-  Seit 1891 werden in München Moose und
           Blumen über den Erdkreis zerstreute Gat-  senden. Wenn wir etwa mit der Bahn   Flechten als Umweltindikatoren beobachtet
           tungen auf Geheiß des Königs Maximilian     an gefahren kommen und halb betäubt   und in Spezialkarten eingezeichnet. Der
           Joseph 1812 [sind] hier vereint.“ Damit   nicht schnell genug den vom Dampfrosse   Botaniker Ferdinand Arnold (1824–1901),
           waren Zweck und Ziel eines jeden botani-  niederwirbelnden Rauchwolken entfliehen   ein Pionier der diesbezüglichen Forschung,
           schen Gartens zusammengefasst: Möglichst     können, oder die von benachbarten Fabrik-  schrieb um die Jahrhundertwende, dass „es
           viele Pflanzen aus der gesamten Welt zu   schloten in Rauch gehüllte Schwan thaler-  an den Bäumen des Sendlinger-Tor-Platzes


             erwerben, zu pflegen, Forschung zu ermög-  straße durchwandern, oder die in Nebel   durch die Sonnenstraße sowie im Hofgarten
           lichen und ihren Bestand für die Zukunft
           zu sichern.


           Katastrophale Luftverschmutzung
           Seit der Eröffnung des Botanischen Gartens
           1812 wuchs die Zahl der Bewohner Mün-
           chens in atemberaubendem Tempo. Man ar-
           beitete, kochte und heizte mit Holz, Torf
           und in zunehmendem Maße auch mit der
           stark schwefelhaltiger Kohle aus den ober-
           bayerischen Bergwerken in Hausham, Penz-
           berg, Großweil (hier auch im Tagebau),
           Peißenberg und Peiting. Seit 1839 verkehr-
           ten dann die ersten, von Kohle angetriebe-
           nen Züge vom jetzigen Hauptbahnhof aus




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