Page 21 - Taxikurier Mai 2020
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AUSWIRKUNGEN VON CORONA


             ➔ IM GESPRÄCH MIT DEM TAXIUNTERNEHMER JÜRGEN ZECH



            TAXIKURIER: Herr Zech, Sie wurden durch die Corona-Pandemie   TAXIKURIER: Wie schützen Sie sich?
            kalt erwischt. Wie erging es Ihnen gleich am Anfang?
                                                              JÜRGEN ZECH: Ich habe eine Atemschutzmaske, und ich habe mir
            JÜRGEN ZECH: Es ging los mit den Schließungen von Schulen und   eine Trennscheibe im Auto eingebaut. Dafür bekam ich sehr viel
            Kindergärten. Ganz plötzlich. Obwohl man sich das eigentlich schon  Zuspruch von Fahrgästen. Ich habe den Aufkleber der Genossen-
            Tage vorher denken konnte. Aber auch ich wollte es erst nicht wirk-  schaft auf der Beifahrerscheibe. Alle steigen automatisch hinten
            lich wahrhaben. Und dann kamen die Schließungen und Ausgangs-  ein. Das war eine hervorragende Idee.
            beschränkungen. Ich war zuerst wie vor den Kopf gestoßen.
                                                              TAXIKURIER: Was habe Sie für ein Auto?
            TAXIKURIER: Was fiel alles weg?
                                                              JÜRGEN ZECH: Mercedes 213 Kombi, T-Modell.
            JÜRGEN ZECH: Alle Festfahrten wie Kindergärten, Schulen, Ärzte,
            Rollstuhlfahrer, Dialyse und so weiter. Das ist schlagartig weg   TAXIKURIER: Wie lange, denken Sie, könnte es noch für Sie
              gewesen. Ich bin hier sehr viel gefahren.       schwierig sein?

            TAXIKURIER: Aber Dialyse ist Medizin. Das ging doch weiter.  JÜRGEN ZECH: Ich gehe von drei Monaten aus. Auf alle Fälle. Und
                                                              dann ein langsamer Anstieg.
            JÜRGEN ZECH: Im Dialysezentrum war ein Corona-Fall. Deshalb
            wurde es gleich geschlossen.                      TAXIKURIER: Wenn nach den bisherigen vier Wochen die Be-
                                                              schränkungen gelockert werden, glauben Sie, kommen dann erste
            TAXIKURIER: Und weiter?                           Fahrgäste?

            JÜRGEN ZECH: Es sind Flughafen-, Hauptbahnhof- und Ostbahn-  JÜRGEN ZECH: Wäre zu hoffen. Kann sein.
            hoffahrten ausgefallen, alle Vorbestellungen mit Festkunden.
            Ich stand also plötzlich mit Null da.             TAXIKURIER:: Wie sehen Sie sich im Vergleich zu anderen
                                                              Klein-Unternehmern der freien Wirtschaft?
            TAXIKURIER: Welche Alternativen haben Sie jetzt noch?
                                                              JÜRGEN ZECH: Wenn ich an die vielen kleinen Firmen denke, viel-
            JÜRGEN ZECH: Als Alternative habe ich noch den Taxistand. Ein-  leicht Friseur oder Blumen oder so; die bekommen überhaupt
            reihen bei den übrigen Kollegen, aber mit Wartezeit von drei und   nichts. Sie können auch nichts verdienen. Wir haben noch ein paar
            mehr Stunden. Wenn nach einer Stunde ein Auftrag oder ein Ein-  Fahrten. Zumindest ein kleines Zubrot, ein Lichtblick. Ich nenne es
            steiger kommt, ist das schon ein Glücksfall. Heute Morgen stand   „Durchhaltezuckerl“.
            ich zweieinhalb Stunden am Willibald als erster, bis ich einen Auf-
            trag bekam. Da konnte ich schon einigermaßen glücklich sein.   TAXIKURIER: Sagen die Fahrgäste auch, warum Sie Taxi fahren?
            TAXIKURIER: Wie ist es nachts?                    JÜRGEN ZECH: Manche Fahrgäste möchten nicht mit anderen Men-
                                                              schen zusammentreffen. Sie fahren deshalb lieber mit dem Taxi.
            JÜRGEN ZECH: Heute Nacht hatte ich eine Vorbestellung um   Oder sie möchten nicht Türgriffe oder Haltestangen in Bahnen
            23.00 Uhr. Auf dem Display war vom Ostbahnhof bis Großhadern   oder Handläufe an Rolltreppen anfassen, sondern berührungsfrei
            kein einziges Taxi eingebucht. Eine Ausnahme war der Vogelweide-  direkt zum Ziel gebracht werden.
            platz. Das sind Taxis für Bus- und Tramfahrer. Das ist mittlerweile
            schon ein Glücksfall. Das Nachtgeschäft ist ja vollständig tot. Am   TAXIKURIER: Sind das eher Kurzfahrten?
            Tag fahren wenigstens noch ein paar Leute.
                                                              JÜRGEN ZECH: Unterschiedlich. Manche sind auch etwas längere
            TAXIKURIER: Überrascht Sie noch etwas?            Fahrten. Einige Gäste sagen, dass sie sonst nie Taxi fahren.

            JÜRGEN ZECH: Überraschend war, dass ich zwei Uber-Fahrzeuge   TAXIKURIER: Glücksmomente?
            gesehen habe. Aber ich denke, dass diese Leute so gut wie über-
            haupt keine Fahrten mehr haben. Die jungen Leute gehen derzeit   JÜRGEN ZECH: Man kann Glück haben, kommt an einen Stand und
            nicht aus.                                        ist in einer Schlange Letzter. Und dann wird direkt ein Kombi be-









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