Page 16 - Taxikurier März 2023
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TITELTHEMA
➔ STARKBIERZEIT
Von Thomas Kroker
Die fünfte Jahreszeit – In Köln ist es der Karneval, in Bayern ist es die Starkbierzeit, und in München, da sind sich
nicht alle einig, ob die fünfte Jahreszeit nun auch das Starkbier oder doch die Wiesn ist. Traditionell und bayernweit
ist aber mit diesem Begriff die Starkbierzeit gemeint, als Synonym für die Spanne zwischen Aschermittwoch und
Karfreitag, der sogenannten Fastenzeit.
Lebendige Tradition Zudem brauten sie das Bier besonders Die Tradition des Starkbieranstichs
stark, reich an Alkohol und Stammwürze, auf dem Nockherberg
In München fällt die Starkbierzeit meistens somit auch reich an Kalorien, denn Flüssi-
in den Monat März. Zu verdanken ist sie den ges war vom Fasten ausgenommen. Angeb-
Mönchen, die in den Klöstern zu dieser lich wurde sogar eine Probe davon an den
Jahreszeit ein kräftiges, nahrhaftes Bier Papst geschickt, um seinen Segen einzuho-
brauten, um die Fastenzeit unbeschadet zu len. Auf der endlosen Reise nach Rom war
überstehen. Die Tradition des Starkbieres ist das Bier sauer geworden, und der Papst soll
bis heute lebendig und erfreut sich größter angewidert gesagt haben: „Wenn sie dieses
Beliebtheit. In vielen Münchner Brauerei- Gesöff unbedingt trinken wollen, dann
gaststätten werden deshalb Starkbierfeste bitteschön, es ist zur Buße geeignet!“
mit Live-Musik und Tanz ausgerichtet,
wobei traditionell Tracht getragen wird.
Was Starkbier so besonders macht Ab 1651 schenkten die Paulanermönche im
Alkohol, Kaffee, Süßigkeiten, zu wenig Münchner Kloster Neudeck in der Au jedes
Bewegung – viele Menschen nutzen die Obwohl der größte Teil der Starkbiere heute Jahr im Frühling zu Ehren ihres Ordens-
Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und aus Bayern kommt, liegt ihr Ursprung im gründers eine Biersorte nach Art des „Ain-
Ostern, um nach den wilden Tagen im 13. Jahrhundert in der Stadt Einbeck in pöckischen Bieres“ aus. Es lief zunächst
Fasching eine Zeitlang auf schlechte Ange- Niedersachsen. Lange Zeit ließ der Münch- unter dem Namen „Sankt-Vater-Bier“, aus
wohnheiten zu verzichten. Früher hatten ner Hof Bier aus Einbeck importieren, bis dem später im Volksmund das Salvator wur-
die Menschen gar keine Wahl und das es ihm zu teuer wurde und er kurzerhand de. Ab dem 18. Jahrhundert war der bayeri-
Fasten war strengen Regeln unterworfen, den Braumeister aus Einbeck samt seinem sche Kurfürst Ehrengast beim alljährlichen
vor allem in den Klöstern. „Wenig und Braugeheimnis für das „Ainpöckisch Bier“ Salvator-Anstich und bekam den ersten
vegan“ so lässt sich der Speisezettel eines für das Hofbräuhaus abwarb. Aus dieser Krug überreicht.
Mönches aus der Mitte des 17. Jahrhun- Bezeichnung entwickelte sich dann der
derts kurz umreißen, auch wenn es diesen Name Bockbier, das mit Ziegen- oder ande- Diese Tradition wird bis heute auf dem
Hype damals noch gar nicht gab. Nur eine ren Böcken nichts zu tun hat. Das Stark- Nockherberg in der Au fortgeführt. Anstelle
Mahlzeit am Tag war ihm in der Fastenzeit bier, auch als Fastenbock oder Doppelbock des Kurfürsten gebührt heute dem bayeri-
erlaubt, das Essen durfte weder Fleisch bezeichnet, hat einen höheren Stammwür- schen Ministerpräsidenten die Ehre des
noch andere tierische Produkte beinhalten. zegehalt als üblich, (mindestens 18 Pro- ersten Krugs. Er eröffnet mit den Worten
Wer das Fasten brach, dem drohten schwere zent), was an der goldgelben Farbe erkenn- „salve pater patriae bibas princeps optime“
Strafen. Trotzdem dachten sich die Mönche bar ist. Auch ist der Alkoholgehalt mit (Sei gegrüßt, Vater des Vaterlands! Trinke,
immer wieder Tricks aus, um sich den ca.7,5 Prozent deutlich höher als bei einem bester Fürst!“ Dafür muss er aber, anders
Fastenalltag zu erleichtern. So wickelten normalen Münchner Bier vom Fass mit um als vor fast 300 Jahren, einiges an derben
sie zerkleinertes Fleisch in einen Mantel die 3,5 Prozent. Spitzen gegen sich ertragen. Dieses Schick-
aus Nudelteig, um es vor dem Auge Gottes sal teilt er mit dem Rest der geladenen
zu verbergen – ob sie wirklich glaubten, Die großen Münchner Brauereien brauen Politprominenz. In Wirklichkeit brennen
Gott könne nicht in das Innere einer Maul- Doppelbock-Biere. Man erkennt sie daran, wohl alle Anwesenden darauf „derbleckt"
tasche sehen? Im schwäbischen spricht dass ihre Namen auf „-ator“ enden: Das zu werden. Denn wer beim „Derblecken“
man noch heute bei der Maultasche vom Starkbier der Augustinerbrauerei heißt Ma- nicht dabei ist, der ist auch in der echten
„Herrgottsbescheißerle“. ximator, das der Löwenbrauerei Triumpha- Politik bald verschwunden. Neben dem
tor, das der Spatenbrauerei Optimator, das Salvator-Anstich am Nockherberg veran-
von Hacker-Pschorr Animator. Am bekann- stalten zahlreiche Brauereigaststätten
testen aber ist das Original – der Salvator ihre eigenen zünftigen Starkbierfeste.
der Paulanerbrauerei. Hier sind die besten Adressen:
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