Page 28 - Taxikurier März 2023
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Siegestor bis zu 6 Droschken.“ Darüber
             hinaus fällt auf, dass die Standplätze
           sich häufig an denselben Orten befanden
           wie heute auch noch, etwa an der Maxi-
           milian- ⁄ Ecke Adelgundenstraße oder an
           der Amalien- ⁄ Ecke Theresienstraße.


           Taxameter                         Impression vom Maxmonument in München (um 1900)

           „Die Taxameter-Droschken müssen mit   Prozent des Anschaffungspreises, während   Baumgartner und Krenkl
             einem selbsttätigen, von der Firma Interna-  es bei Pferdedroschken lediglich ein   aus München
           tionale Taxameter-Gesellschaft m.b.H. Berlin     Prozent war, was zu zahlreichen Insolven-
           hergestellten oder einem ähnlichen von der   zen infolge Modernisierung führte. Die   In München kamen zwei Lohnkutscher zur
           königlichen Polizeidirektion zu gelassenen     zunehmende Motorisierung während der   Ehre einer Straßenbenennung. Am 16. April
           Fahrpreisanzeiger versehen  werden, wel-  1920er-Jahre führte dann allerdings auch   1896 entschied sich der Magistrat in der
           cher auf der Rückseite des  Kutscherbockes   zur zunehmenden Motorisierung des Taxi-  Nähe der Theresienwiese thematisch und
           anzubringen ist. Die aus Gusseisen gefer-  gewerbes.                geografisch passend zur Baumgartnerstraße
           tigte Fahne mit der Aufschrift Frei ein                             mit der Erklärung: „Anton Baumgartner,
           Blechüberzug mit der Aufschrift Besetzt                             ehemaliger Polizeidirektor, dann Baurat zu
           sowie eine verstellbare Laterne mit weißer   Hartmann aus Berlin    München; und Franz Baumgartner, bürger-
           und grüner Scheibe  gehören zur äußeren                             licher Lohnkutscher, Unteroffizier der
           Ausrüstung der Fahrpreisanzeiger. Jede    Gustav Hartmann (1859–1938) war ein     National-Garde-Kavallerie, der 1810 die
           neu einzustellende oder mit einem neuen   Droschkenkutscher aus Berlin-Wannsee. Er     erste Anregung zur Gründung des Münchner
           Apparat versehene Taxameter-Droschke ist   war ein für unser Gewerbe typischer „Haus-  Oktoberfestes gab.“
           der königlichen Polizeidirektion bespannt   meister“, weil er sich grundsätzlich nur am
           vorzufahren und darf erst nach erteilter   Bahnhof Wannsee aufstellte und nach jeder   Leider sind die Lebensdaten von Franz
             Genehmigung in Betrieb gesetzt werden.   Fahrt dorthin wieder zurückkehrte. Da er   nicht überliefert, aber seine Straße hat er
           Im Falle, dass die Taxa meter-Droschke nach   sich neben der neuen Konkurrenz der Mo-  sicherlich verdient, denn er schlug anläss-
           der Inbetriebsetzung mit Hinterrädern    torkutschen immer schlechter durchsetzen   lich der Hochzeit des Kronprinzen Ludwig
           von anderem Durchmesser versehen wird,   konnte, plante er eine spektakuläre Aktion:   mit Therese von Sachsen-Hildburghausen
           muss die erneute Vorstellung derselben vor                          im Jahr 1810 vor, auf der Theresienwiese
           der Weiterbenutzung bei der königlichen   Am 2. April 1928 startete er mit seiner   ein Pferderennen abzuhalten. Vielleicht war
           Polizeidirektion erfolgen.“       Pferdedroschke eine Reise nach Paris, wo er  ihm bewusst, dass er mit seiner rasanten
                                             nach 1.000 Kilometern am 4. Juni 1928   Fahrweise gute Chancen haben würde, die-
                                             umjubelt ankam. Diese Fahrt sollte ein Zei-  sen Wettstreit zu gewinnen, was dann auch
           Verfügbarkeit                     chen gegen den Niedergang des Droschken-  tatsächlich der Fall war.
                                             gewerbes und die steigende Zahl von Autos
           Aktuell im modernen Sinn scheint auch fol-  setzen. Hartmann konnte den Zug der Zeit   Ebenfalls in eine besondere Verbindung
           gende Bestimmung geblieben zu sein: „Da-  natürlich nicht aufhalten, aber er wurde   zu Ludwig brachte sich der Lohnkutscher
           mit während der Turnus-Dienstzeit nicht all-  dadurch als „Eiserner Gustav“ bekannt und   Krenkl: Er erlangte Berühmtheit, nachdem
           zu viele Droschken behufs Umspannung und   gründete nach seiner Rückkehr eine Stif-  er im Englischen Garten die Kutsche des
           Fütterung der Pferde gleichzeitig der Benüt-  tung für die Hinterbliebenen von Lohnkut-  Kronprinzen überholte – ein streng ver-
           zung sich entziehen, wird die Umspann- und   schern, die bei der Ausübung ihres Berufes   botenes Verhalten. Dabei soll er auch
           Fütterungs-Zeit der Pferde für die im Dienste  zu Tode gekommenen waren, die Gustav-   noch spöttisch der Königlichen Hoheit
           stehenden Droschken-Führer festgesetzt:    Hartmann-Stiftung. Und er ging sogar in     zugerufen haben: „Wer ko, der ko!“ Der
           a) für die ungeraden Nummern auf 11–1 Uhr   die Literatur ein: Der Schriftsteller Hans   Wahrheits gehalt dieser Geschichte dürfte
           b) für die geraden Nummern auf 1–3 Uhr.“  Fallada (1883–1947) schrieb unter dem   allerdings ziemlich dürftig sein, denn der
                                               Titel „Der Eiserne Gustav“ einen 1938 er-  Kronprinz war bekannt für seine Humor-
                                             schienenen Roman über Hartmann, der dort   losigkeit und sein autoritäres Gehabe.
           Der Übergang zu Motor-Droschken   als Gustav Hackendahl auftritt. Hartmann   Nachdem die  Monarchie im November
                                             erhielt außerdem auf dem Alten Friedhof   1918 ihr Ende gefunden hatte, konnte es
           Im Jahr 1899 kostete eine Pferdedrosch-  Wannsee ein Ehrengrab des Landes Berlin,   sich der Münchner Stadtrat am 14. August
           ken-Genehmigung rund 1.000 Mark, das   dazu eine Gedenktafel an seiner Wohn-  1930 leisten, die Krenklstraße in Daglfing
           Zehnfache  eines monatlichen Facharbeiter-  adresse plus im Jahr 2000 ein Denkmal in   zu benennen,  erklärt mit: „Franz Xaver
           Lohnes. Seit 1906 tauchten die ersten Ben-  Berlin-Tiergarten, auf dem Mittelstreifen   Krenkl, bürgerlicher Lohnkutscher, Münch-
           zinfahrzeuge für rund 9.000 Mark auf, auch   der Potsdamer Straße an der Kreuzung mit   ner Original in der Biedermeierzeit, gebo-
           sehr vereinzelte Elektrodroschken für rund   dem Landwehrkanal. Die Initiatoren dieses   ren 15.11.1780 in Landshut, gestorben
           11.000 Mark wurden gesichtet. Diese Neu-  Denkmales hoffen, dass es sich zu einem   27.4.1860 in Stuttgart.“ Die Grabstätte
           igkeiten zogen wegen ihrer noch unaus-  Wallfahrtsort von Taxi fahrern aus aller Welt   der Familie Krenkl  befindet sich auf dem
           gereiften Technik enorm hohe Reparatur-  entwickelt. Der Autor dieser Zeilen hat es   Alten Südlichen Friedhof an der Thalkirch-
           kosten pro Jahr nach sich, nämlich zehn   bereits zwei Mal  besucht.  ner Straße 17.




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