Page 17 - Taxikurier November 2023
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RECHTSPRECHUNG


                                                               ➔ URTEILE



            Ein Taxiunternehmer ist demnach als unzuverlässig anzusehen,   Fahrverbot statt Fahrerlaubnisentziehung nach
            wenn er durch eine erhebliche Anzahl von in das Verkehrszent-    Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter
            ralregister eingetragener Verkehrsverstöße auffällig geworden
            und wiederholt wegen Beleidigung anderer Verkehrsteilnehmer
            aus Anlass seiner beruflichen Teilnahme am Straßenverkehr   Geldstrafe und Fahrverbot tat- und schuldangemessen
            strafgerichtlich verurteilt worden ist. Das gilt auch dann, wenn
            er wegen Verlust des P-Scheines selbst nicht mehr selbst als   Fährt man betrunken mit einem E-Scooter, hat das regelmäßig
              Taxifahrer tätig sein darf und ihm nur noch die Pflicht zur   den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge. Im Fall eines Mannes,
            Überwachung angestellter Fahrer obliegt .           der nur 150 Meter weit fahren wollte, hält das LG Osnabrück
                                         5
                                                                allerdings ein fünfmonatiges Fahrverbot für ausreichend.
            Wo steht’s im Gesetz?
            § 13 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 PBefG = Die Genehmigung    Erstinstanzlich sah das Amtsgericht Osnabrück von der Entziehung
            darf nur erteilt werden, wenn keine Tatsachen vorliegen,    der Fahrerlaubnis ab. Es sprach indes ein Fahrverbot von 5 Mona-
            die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer   ten aus. Hiergegen richtete sich die Berufung der Staatsanwalt-
            dartun; § 25 PBefG (Widerruf der Genehmigung); auch    schaft, die das Rechtsmittel nachträglich auf den Rechtsfolgen-
            § 1 PBZugV (Persönliche Zuverlässigkeit)          ausspruch, mithin die ausgeurteilten Sanktionen, beschränkte.

            Welches Gericht hat so entschieden?               Führerscheinentzug nach Trunkenheitsfahrt
            1   OVG Hamburg, Beschluss vom 20.06.2008,        stellt den Regelfall dar
             Aktenzeichen 3 Bs 48 ⁄ 08 –
            2   OVG NRW, Urteil vom 04.04.1979,               Das LG Osnabrück verwarf die Berufung als unbegründet. Sie ist
             Aktenzeichen XII A 287 ⁄ 78                      damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Im Rahmen der
            3   OVG NRW, Beschluss vom 25.08.1998,            Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende Richter der 5. Kleinen
             Aktenzeichen 19 A 3812 ⁄ 98                      Strafkammer, dass nach höchstrichterlicher und obergerichtlicher
            4   VGH Bayern, Beschluss vom 10.02.2012,         Rechtsprechung bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter
             Aktenzeichen 11 ZB 11.2813                       die Fahrerlaubnis entzogen werden könne. Dass bei einer Trunken-
            5   OVG Hamburg,                                  heitsfahrt die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, stelle hierbei den
             Beschluss vom 16.05.2012,                        Regelfall dar. Ob eine Ausnahme bestehe, sei durch eine Gesamt-
             Aktenzeichen 3 Bs 5 ⁄ 12                         schau zu ermitteln. Höchstrichterlich würden an die Annahme
                                                              einer solchen Ausnahme sehr hohe Anforderungen gestellt. Im
                                                              vorliegenden Fall liegt nach Auffassung der Kammer ein solcher
                                                              Ausnahmefall vor. Der Angeklagte habe beabsichtigt, nur eine äu-
                                                              ßerst kurze Strecke – circa 150 m – mit dem E-Scooter zu fahren.

                                                              Mann zeigt Reue und entschuldigt sich

                                                              Er habe nicht nur sein Verhalten bereut und sich hierfür entschul-
                                                              digt, sondern auch seinen Worten Taten folgen lassen, so der
            Der Autor:                                        Vorsitzende der 5. Kleinen Strafkammer. Der Angeklagte habe an
            Rechtsanwalt Thomas Grätz                         einem verkehrspädagogischen Seminar teilgenommen und mit
            ist seit über 30 Jahren mit                       medizinischen Gutachten – im Rahmen der wissenschaftlichen Er-
              Personenbeförderungsrecht                       kenntnisse – nachgewiesen, dass er in den vergangenen Monaten
            befasst und war Geschäftsführer                   keinen Alkohol getrunken habe. Die Kammer gehe daher davon
            vom  damaligen Taxi-Bundes-                       aus, dass der Angeklagte – nunmehr – geeignet zum Führen von
            verband BZP.  Bekannt ist auch                    Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr sei, mithin eine Ausnahme vom
            sein PBefG- Standardwerk                          Regelfall vorliege. Die ausgeurteilte Geldstrafe sowie das Fahrver-
              „Fielitz ⁄ Grätz“.                              bot sind auch nach Auffassung der Kammer tat- und schuldange-
                                                              messen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

                                                              (Landgericht Osnabrück, Urteil vom 17.08.2023 – 5 NBs 59 ⁄ 23)









                                                                                      NOVEMBER 2023 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 17
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