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recht kompakt
VERKEHRSRECHT
➔ TAXI IST AUCH ÖPNV
Wieso ist der Taxiverkehr öffentlicher Verkehr genheitsverkehrseinsatz öffentliches Verkehrsmittel und damit
und der Mietwagenverkehr nicht? Teil des ÖPNV ist. Das gilt aktuell weiterhin. Zuletzt hat der
BGH sich der Ansicht angeschlossen, dass gerade in großen
Mit dem Brustton der Überzeugung heißt es vielstimmig in Städten der Autobesitz wegen mangelnden Parkraums, aber auch
der Branche: „Ganz klar, Taxi ist auch ÖPNV“. Das stimmt, aus finanziellen Gründen rückläufig sei, so dass allen Formen
aber wer kann auch herleiten, dass es so ist? Wahrscheinlich des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich der Taxen
wenige, dem soll dieser Beitrag abhelfen: gesteigerte Bedeutung zukomme .
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Kommen wir erst mal dazu, was man unter öffentlichem Perso- Betrachten wir noch, was in derselben grundlegenden Entschei-
nennahverkehr, also abgekürzt ÖPNV, gemeinhin versteht. Der dung aus dem Jahr 1960 zum Mietwagenverkehr gesagt worden
Gesetzgeber definiert den ÖPNV als die allgemein zugängliche ist: „Seine (des Mietwagenverkehrs; Anm. d. Verf.) Beförderungs-
Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr, leistungen werden nicht öffentlich angeboten; sie beruhen auf
die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im einem Vertrag, dessen Inhalt der Benutzer nach seinen persön-
Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen, was im lichen Wünschen bestimmt. Mietwagen sind keine öffentlichen
Zweifel der Fall ist, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle Verkehrsmittel, unterliegen deshalb weder der Beförderungs-
eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder pflicht noch der strengen Bindung ihrer Beförderungspreise; sie
die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt . Hier muss erbringen Leistungen des normalen wirtschaftlichen Verkehrs. Es
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man also erst mal feststellen, dass Taxiverkehr schon deshalb lässt sich also nicht sagen, dass an Existenz und Funktionieren
nicht unter diese Grunddefinition des Gesetzgebers fällt, weil er dieser Form des Gelegenheitsverkehrs ein überragendes Interesse
kein Linien-, sondern Gelegenheitsverkehr ist. Schauen wir mal der Allgemeinheit besteht. “
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weiter in die Gesetze, so finden wir auch Bestimmungen über
den Taxiverkehr: ÖPNV ist auch der Verkehr mit Taxen oder Miet- Die Taxibranche kann also mit Fug und Recht selbstbewusst in
wagen, der eine der Verkehrsarten des Linienverkehrs ersetzt, jede Diskussion mit Bevölkerung, Behörden und Politik mit den
ergänzt oder verdichtet . Nur dann, also bei direktem Verbund Aussagen gehen: Taxis sind öffentliche Verkehrsmittel; Mietwa-
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zum öffentlichen Linienverkehr sei Taxi auch ÖPNV. Eindeutiger, gen haben ohne Frage auch ihre Bedeutung, sie betreiben aber
aber auch noch nicht umfassend, heißt es an anderer Stelle: Der normalen Wirtschaftsverkehr und sind deshalb kein ÖPNV!
Verkehr mit Taxen ist öffentlicher Personennahverkehr im Sinne
dieses Gesetzes, wenn er die Verkehrsnachfrage zur Beseitigung Wo steht’s im Gesetz?
einer räumlichen oder zeitlichen Unterversorgung befriedigt . 1 vgl. § 2 Satz 1 Regionalisierungsgesetz (RegG)
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Festhalten muss man also leider, dass der Gesetzgeber sich bisher sowie § 8 Abs. 1 PBefG;
gedrückt hat, den Taxenverkehr in seinem kompletten Gelegen- 2 § 8 Abs. 2
heitsverkehrseinsatz als öffentliches Verkehrsmittel anzuerken- 3 § 2 Satz 2 RegG;
nen. Der Grund mag darin liegen, dass er Subventionierungs-
ansprüche der Taxibranche von vorneherein abwehren wollte. Welches Gericht hat so entschieden?
4, 6 Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 08.06.1960
Glücklicherweise ist bereits vor über 60 Jahren das höchste deut- 5 Bundesgerichtshof, Urteil v. 13.12.2018 – UberBlack II –
sche Gericht hier in die Bresche gesprungen: „Die Kraftdroschken
sind in den größeren Städten, wo sie praktisch allein eingesetzt
werden, die wichtigsten Träger individueller Verkehrsbedienung. Der Autor:
Im modernen Großstadtverkehr kann auf ihre Dienste nicht mehr Rechtsanwalt Thomas Grätz
verzichtet werden; sie stellen die notwendige, von keinem an- ist seit über 30 Jahren mit
dern Verkehrsträger übernehmbare Ergänzung des öffentlichen Personenbeförderungsrecht
Linien- und des Straßenbahnverkehrs dar. Sie sind deshalb selbst befasst und war Geschäftsführer
öffentliche Verkehrsmittel und unterliegen der Beförderungs- vom damaligen Taxi-Bundes-
pflicht; die Beförderungsentgelte werden behördlich festgesetzt. verband BZP. Bekannt ist auch
Diese ihre Stellung im Rahmen des Verkehrsganzen rechtfertigt sein PBefG- Standardwerk
es, Existenz und Funktionieren dieses Zweiges des Gelegenheits- „Fielitz ⁄ Grätz“.
verkehrs als ein schutzwürdiges Gemeinschaftsgut im Sinne
der Auslegung des Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsgrundrecht, Anm.
d. Verf.) anzusehen. “ Nicht nur das Bundesverfassungsgericht,
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sondern alle Höchst- und Instanzgerichte äußern sich immer
wieder so, dass der Taxiverkehr auch in seinem originären Gele-
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