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Militärgefängnisse (1887–1980, Wilhelm-Hoegner-Straße von NSDAP von 1920 war „die großzügige Hand-
1981), berichtete in seinen Erinnerungen habung der Todesstrafe“ gefordert worden
Der Taschenturm an der heutigen Prälat- über das damalige Gewerkschaftshaus an der und so kam es 1933 dann auch und Reichart
Zistl-Straße gehörte seit dem 14. Jahrhun- Pestalozzistraße 40-42: „In München wurde konnte fortan als hauptamtlicher Henker ar-
dert zur Stadtbefestigung und diente seit- das Geschrei der im Keller des Gewerk- beiten. Allein in Stadelheim richtete er bis
dem auch als Gefängnis. Unter Kurfürst Max schaftshauses Gefolterten weit herum in der zum April 1945 rund 1.200 Menschen – also
Emanuel (1662–1726) wurde der Turm zu Nachbarschaft gehört. Niemand wagte, sich 100 pro Jahr – hin, im gesamten Deutschen
einem Arrestlokal für Soldaten hergerichtet, zu beschweren.“ Dasselbe galt für das Ge- Reich rund 3.000, entweder am Galgen, zu-
und zwar „für schwere Verbrechen von Mili- fängnis des Polizeipräsidiums an der Ett- meist aber mit dem Fallbeil. Bei einem
tärpersonal“, wie es hieß. Genutzt wurde es straße, wo seit kurzem der Führer der SS, Grundgehalt von 3.800 Reichsmark jährlich
bis ins 19. Jahrhundert, dann entstand im Heinrich Himmler (1900–1945), als Chef erhielt er für jede Hinrichtung eine zusätz-
Jahr 1898 im Kasernenviertel von Neuhau- fungierte. Als Konsequenz aus diesen Zu- liche Prämie, wodurch er auf ein durch-
sen, an der Leonrodstraße 53, ein neues ständen verkündete Himmler am 22. März schnittliches Jahreseinkommen von 43.000
Militärgefängnis der Königlich-Bayerischen 1933 auf einer international besetzten Pres- Reichsmark kam und dementsprechend
Armee, denn die allgemeine Aufrüstung vor sekonferenz die Eröffnung des Konzentrati- luxuriös leben konnte.
dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) brachte onslagers bei Dachau, wo man ungestörter
immer mehr Rekruten in die Kasernen und foltern und morden konnte.
damit auch immer mehr Problemfälle. Hinter Ehemalige Gefängnisse des
dem Gebäude befand sich, umgeben von ei- Im 1944 zerstörten Wittelsbacher-Palais an 20. Jahrhunderts
ner vier Meter hohen Mauer, das Arresthaus der Brienner Straße 20 ging ebenfalls seit
in Hufeisenform mit 96 Einzelzellen, jede 1933 die Geheime Staatspolizei (Gestapo) Wie oben dargestellt, beherbergte bis zum
3,40 Meter lang, zwei Meter breit und 3,60 unter Leitung des SS-Führers Reinhard Anfang des 19. Jahrhunderts das Angertor
Meter hoch. Im Erdgeschoss waren vierzehn Heydrich (1904–1942) ihrer Tätigkeit nach. das Münchner Zuchthaus, dann wurde es in
Zellen für den Vollzug der Dunkelhaft einge- Diese bestand aus der systematischen Ver- das 1803 aufgelassene Kloster der Paulaner
richtet und für besonders gefährliche Häft- folgung politischer Gegner der Nationalsozi- in die Au verlegt. Die Klostergebäude dien-
linge wurden jeweils sechs spezielle Zellen alisten. Ohne jede rechtliche oder politische ten zunächst als Militärhospital, später wur-
in jedem der drei Stockwerke vorgehalten. Bindung und ohne Kontrolle führte die Ge- den sie in ein Zuchthaus umgewandelt, das
Lediglich das denkmalgeschützte Vorderge- stapo ihre Aktionen durch. Sie konnte Königliche Zuchthaus mit der Adresse Am
bäude ist heute noch erhalten und dient mit „Schutzhaft“ verhängen und „verschärfte Neudeck 10. Der spätere Neubau aus dem
45 Plätzen dem Vollzug für Freigänger, also Vernehmungen“ bis hin zu Erschießungen Jahr 1904 mit seinen 124 Haftplätzen dien-
Häftlingen, die nur die Nächte im Gefängnis durchführen, die dann in den Folterkellern te als Außenstelle der Justizvollzugsanstalt
verbringen müssen. des Palais stattfanden. Seit 1984 erinnert Stadelheim bis zu seiner Schließung 2009
eine Gedenktafel an das Gebäude und seine als Gefängnis für Frauen und Jugendliche.
wechselvolle Geschichte, das heute der Bay-
Das Dritte Reich erischen Landesbank gehört. Die Tafel befin- Die Bevölkerungszunahme führte auch zu
det sich an der Ecke der Brienner Straße zur einer verstärkten Kriminalität. An der Corne-
Während des Dritten Reiches (1933–1945) Türkenstraße. In Bayern amtierte Johann liusstraße 33 öffnete daher 1883 das Ge-
kehrten die lange überwunden geglaubten Reichart (1893–1972) von 1924 bis 1945 fängnis des Landgerichtes München seine
Methoden des Strafvollzuges wieder zurück. als Scharfrichter, unter anderem in Stadel- Pforten, im Jahr 1975 wich es schließlich
So wurden beispielsweise die freien Gewerk- heim. Während der Weimarer Demokratie bis dem Gebäude des Europäischen Patentam-
schaften am 2. Mai 1933 verboten und zer- Anfang 1933 richtete er dort lediglich einen tes. Infolge der steigenden Einwohnerzahlen
schlagen und der spätere bayerische Minis- einzigen Verbrecher pro Jahr hin, weshalb gab es noch ein weiteres Gefängnis an der
terpräsident der Jahre 1945–1946 und er hauptberuflich als Gastwirt und Handels- Baaderstraße 9, das von 1870 bis 1911 un-
1954–1957 von der SPD, Wilhelm Hoegner vertreter tätig war. Im Parteiprogramm der freiwilligen Gästen offen stand.
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