Page 36 - Taxikurier August 2020
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dass Kultur und Landschaft einen Anwalt brauchten gegen ein rein   TAXLERGESCHICHTEN
           am technisch Machbaren und materiellen Gewinn orientiertes
           Weltbild. Im Jahr 1902 fasste er seine auch heute noch aktuelle
           Meinung folgendermaßen zusammen: „Ferne liegt es uns, dem in-
           dustriellen Aufschwung, der Bautätigkeit entgegenzutreten; wir         Das vom Münchner Turm schreiber
           wollen aber einen Ausgleich anbahnen zwischen ihren Interessen         und Mundart- Dichter Alfons
           und jener der erholungsbedürftigen Bewohner Münchens.“ Er setz-        Schweiggert im Jahr 1994 veröf-
           te sich für den Erhalt von bedeutenden Gebäuden und Monumen-           fentlichte Buch „Der Lohnkutscher“
           ten ein und bewies eine ausgeprägte Verbundenheit zu Natur und         ist eine  Dokumentation das
           Landschaft. So gründete er im Jahr 1902 den „Verein zur Erhal-           Münchner  Taxi-Alltags schlechthin.
           tung der landschaftlichen Schönheiten in der Umgebung Mün-
           chens, besonders des Isartales“, kurz „Isartalverein“, um die da-  Insbesondere heitere Anekdoten und lustige Erlebnisse vom
           mals bereits einsetzende Zerstörung der noch wilden südlichen     Leben im Taxi und am Standplatz machen dieses Buch
           Isar durch Spekulation und rücksichtsloses Bauen, insbesondere     lesenswert. Wir stellen im TAXIKURIER Auszüge aus diesem
           das Bauen von Wasserkraftwerken, zu begrenzen. Bis zu seinem     einzigartigen Werk vorstellen. In dieser Ausgabe:
           Tod blieb er Vorsitzender dieses Vereins.
                                                                ➔ WETTEN, DASS …
           Bavariapark
                                                               Einmal stieg am Münchner Hauptbahnhof ein Fahrgast in ein
           Hinter der 1850 fertig gestellten Monumentalstatue der Bavaria hat-  Taxi und wollte ins Hotel Metropol gebracht werden, das gleich
           te sich ein Stück Wald aus früheren Zeiten erhalten, der Bavaria-  gegenüber liegt. Der Taxler dachte an einen dummen Scherz.
           park, der 1872 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Ab   Aber da bot ihm der Mann zehn Mark an und erklärte:
           1892 erwarb die Stadt München Grundstücke nördlich des Parks, um   „Wissen S’, ich hab grad eben mit einem Freund um zwanzig
           ein dauerhaftes Messegelände anzulegen. Die erste Ausstellung fand   Mark gwettet, dass S’ mich fahrn.“ Jetzt kapierte es der Taxi-
           im Jahr 1908 statt, und zwar zum 750-jährigen Jahrestag der Stadt-  fahrer und machte den Spaß mit.
           gründung; das Thema dieser Leistungsschau lautete „München
           1908“. Zu diesem Anlass lieferte Gabriel von Seidl Entwürfe zur Ein-
           gliederung des Parks in das Ausstellungsgelände. Den Park selbst ge-  KÜNSTLERHAUS MÜNCHEN AM LENBACHPLATZ
           staltete er mit neuen Spazierwegen, sah Ergänzungen des Baumbe-
           standes vor und ließ Skulpturen von Münchner Künstlern aufstellen
           – genau so, wie sich der Bavariapark heute noch den Erholung Su-  Besonderer Esprit, traditionelles Ambiente und Geschichte
           chenden präsentiert.                                machen das Münchner Künstlerhaus zu einem faszinie renden
                                                               Ort für Veranstaltungen jeder Art.
                                                                ➔ VERANSTALTUNGSHINWEISE
           Hasenstraße
           Lange vor 1850 hatten sich zwei Straßennamen eingebürgert, ohne
           dass sie offiziell beschlossen worden wären. Sie bezogen sich auf die   Mi. 22.07. bis So. 30.08. Ausstellung Gunter Sachs: Kamerakunst
           ländliche Zeit vor der städtischen Bebauung der Maxvorstadt seit   Sa. 01.08. Sehnsucht nach Asturien. Spanischer Tanz
           1815: die Hirtenstraße und die Lämmerstraße. Hierzu gehörte auch   mit Ewa Klosowski (Tanz), Adiran Ingerl (Spanische Gitarre),
           die Hasenstraße und Gabriel von Seidl hatte das Pech, zwar luxuriös,   Christian Auer (Klavier)
           aber doch an dieser etwas peinlichen Adresse zu wohnen, nämlich
           an der Hasenstraße 7. Der Magistrat der Königlichen Haupt- und Re-  Weitere Informationen unter: www.kuenstlerhaus-muc.de
           sidenzstadt München schuf hier zu seiner Ehrung am 9. Dezember
           1908 Abhilfe und beschloss die Umbenennung in Seidlstraße, die
           am 9. November 1909 wirksam wurde, erklärt mit: „Zu Ehren des Kö-
           niglichen Akademie-Professors Dr. Gabriel Ritter von Seidl, Erbauer
           des Deutschen Museums und anderer Monumentalbauten in Mün-  AUTOGLAS-KRAFT
           chen, gelegentlich der Feier seines 60. Wiegenfestes.“ Seidl wohnte
           seit 1899 in seinem neu erbauten Wohnhaus zusammen mit seiner   Sonderkonditionen für Taxis
           Frau Franziska und ihren fünf gemeinsamen Kindern, nunmehr an      Versicherungsabwicklung
           der nach ihm selbst benannten Straße, und zwar im Eckhaus mit der   Soforteinbau und Steinschlag-Reparatur
           heutigen Adresse Marsstraße 26, damals Seidlstraße 7. Gabriel von   Während einer Kaffeepause bei uns
           Seidl starb am 27. April 1913. Er liegt unter einem schmiedeeiser-
           nen Grab im Alten Südlichen Friedhof an der Thalkirchner Straße 17   wechseln wir Ihre Scheibe.
           bestattet (Grabfeld Mauer Links Spitz ML-SP-2/21). Das denkmalge-
           schützte Gebäude mitsamt dem Atelier- und Bürobau an der heuti-  Telefon 089 / 6 90 87 82
           gen Adresse Seidlstraße 18 haben als eine der wenigen der Gegend
           Kriegszerstörung sowie Abriss in der Nachkriegszeit überstanden. In   Truderinger Straße 330  •  81825 München
           der Denkmalschutzliste erscheinen sie als „malerisches Wohnhaus“   www.autoglaskraft.de
           beziehungsweise „Seidl-Schlösschen“. (BW)




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