Page 35 - Taxikurier August 2020
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Fotos: atelier-tacke.de schen Renaissance des 16. Jahrhunderts. Es Rondell am Karlstor, Karlsplatz 7⁄ 8 ⁄ 10 ⁄ 11
beherbergte mit seiner reichen Innenaus-
stattung mit Wandteppichen und Kunstwer- Nach dem Abriss der mittelalterlichen Be-
ken die Wohnräume, das Atelier sowie die festigungsanlagen nach 1800 blieb das
Kunstsammlungen des Meisters. Nach des- Karlstor erhalten und wurde mit Rondell-
sen Tod verkaufte seine Witwe Charlotte bauten versehen, die in einem Halbkreis
1924 das Haus an die Stadt München und angeordnet wurden. Im Jahr 1891 erhielt
schenkte der Stadt eine große Zahl von Gabriel Seidl den Auftrag, dieses Rondell
Kunstwerken aus dem Inventar des Anwe- auf seine heutige Höhe großstädtisch auf-
sens. Diese Bilder sowie ein umfangreicher zustocken und im Stil des Barock aus dem
Bestand von Gemälden Lenbachs bildeten 17. Jahrhundert umzugestalten. Die Bauar- Industrie- und Handelskammer,
den Grundstock für eine neue städtische beiten dauerten von 1899 bis 1902 und Max-Joseph-Straße 2
Galerie, die 1929 eröffnete wurde und heu- Seidl schuf die für ihn typischen turmähn-
te einen weltweiten Ruf genießt. lichen Erhöhungen an den Ecken des Ge- An der Max-Joseph-Straße 2 entwarf Gabri-
bäudes. Der Stachus prägt seitdem den el von Seidl ein luxuriöses Wohn- und Ge-
symbolischen Eingang zur Fußgängerzone schäftshaus im Stil der Neurenaissance, das
Künstlerhaus, Lenbachplatz 8 und damit zur Münchner Altstadt. von 1911 bis 1912 entstand. Es gehörte zu
den prächtigsten Privatbauten der Stadt
Die Münchner Künstlergenossenschaft be- und wurde 1935 von der Industrie- und
auftragte Gabriel Seidl mit dem Entwurf für Deutsches Museum, Museumsinsel 1 Handelskammer gekauft und anschließend
ihr Künstlerhaus, dessen Grundstein 1893 genutzt. Seidl gliederte die farblich auffal-
von Prinzregent Luitpold gelegt wurde. Das Gabriel Seidl, seit 1900 Gabriel Ritter von lende Längsfassade durch vorspringende
Gebäude selbst entstand unter Aufsicht von Seidl, gewann 1906 den Wettbewerb zum Gebäudeteile an den Ecken und einen vor-
Franz von Lenbach, dem zu Ehren nach sei- Bau des Deutschen Museums. Nach der gestellten Eingangsbereich. Es versteht sich
nem Tod dann 1905 der Lenbachplatz be- Grundsteinlegung im selben Jahr begannen von selbst, daß alle von Seidl entworfenen
nannt wurde. Mit der Eröffnung im Jahr die Baumaßnahmen erst im Jahr 1909 und Gebäude unter Denkmalschutz stehen.
1900 war ein Gebäude im Stil der Renais- waren bis zum Tode Seidls 1913 erst im
sance entstanden mitsamt Turm, verzierten Rohbau fertig. Den weiteren Ausbau über-
Giebeln und vielfältigen Dachebenen, wäh- nahm sein Bruder Emanuel von Seidl Denkmalpfleger und Naturschützer
rend die pompöse Innenausstattung von (1856-1919). Das Museum konnte schließ-
Lenbach stammte. lich infolge des Ersten Weltkrieges (1914- Gabriel von Seidl gilt als einer der ersten
1918) erst 1925 eröffnet werden, damals prominenten deutschen Denkmalpfleger
noch ohne den Bibliothekstrakt und den und Naturschützer. Beispielsweise setzte
Bayerisches Nationalmuseum, Kongresssaal an der Ludwigsbrücke. Im er sich für die raumhohe Verschalung der
Prinzregentenstraße 3 Kern ein modernes Gebäude aus Stahlbeton Wände in den Gaststätten mit Holz ein, um
und mit allen technischen Finessen der da- ein Gefühl der Gemütlichkeit zu erzeugen.
Auf einer Reise nach Großbritannien kam maligen Zeit ausgestattet, gestaltete es Wie auch aus seinen Bauten und ihrem in
König Maximilian II. (1811–1864) auf die Seidl nach außen und innen im klassizisti- die Vergangenheit weisenden Stil ersicht-
Idee, ein eigenes Bayerisches National- schen Stil aus der Zeit um 1800, ohne na- lich, stand er dem Industriezeitalter mit
museum einrichten zu lassen. Das Wort türlich auf seine Türme und Ecktürmchen Skepsis gegenüber. Er sah, dass die neue
„National“ bezieht sich dabei auf die zu verzichten. Zeit nicht aufzuhalten war, meinte aber,
damalige staatliche Eigenständigkeit des
Königreiches Bayern. Dieses Museum
öffnete schließlich im Jahr 1867 – inzwi-
schen herrschte König Ludwig II. (1845–
1886) – seine Pforten an der Maximilian -
straße 42, das heutige Museum Fünf
Kontinente. Es platzte allerdings schon
bald aus allen Nähten, weswegen der
Landtag 1892 den Neubau an der Prinzre-
gentenstraße 3 beschloss. Gabriel Seidl
gewann den Architektur-Wettbewerb. Sein
Entwurf beinhaltete Stilelemente aus den
längst vergangenen Zeiten der Renaissan-
ce, des Barock und des Rokoko aus dem
16. bis 18. Jahrhundert mit zahlreichen
Türmchen und einer vielfältigen Dachland-
schaft. Von 1894 bis 1900 entstand somit
eines der bedeutendsten Museen seiner
Zeit. Dieses Werk war für Prinzregent Luit-
pold der Anlass, Seidl im Jahr 1900 zum
Ritter zu ernennen.
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