Page 10 - Taxikurier Juli 2021
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RECHTSPRECHUNG
➔ URTEILE
Trunkenheitsfahrt auf Parkplatz eines Einkaufscenters
stellt Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr dar
Pflicht zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen
Gutachtens
Wer auf dem Parkplatz eines Einkaufscenters eine Trunkenheits-
fahrt mit einer BAK von 1,63 Promille begeht, ist gemäß § 13
Nr. 2 c) FeV zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gut-
achtens verpflichtet. Denn in diesem Fall liegt das Führen eines
Fahrzeugs im Straßenverkehr vor. Dies hat der Bayerische Ver-
waltungs gerichts hof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einer Nacht im
Dezember 2018 wurde ein Autofahrer dabei ertappt, wie er be- Während VirusPandemie sind Desinfektionskosten
trunken auf einem Parkplatz eines Einkaufscenters in Crimmit- bei Reparatur des verunfallten Fahrzeugs vom Schadens
schau mit seinem Pkw fuhr. Er hatte dabei eine Blutalkoholkon- ersatz umfasst
zentration von 1,63 Promille. Da er sich nachfolgend weigerte,
ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, entzog
ihm die Fahrerlaubnisbehörde im August 2020 mit sofortiger Wir- Arbeitswerte und Stundensätze umfassen nur übliche
kung die Fahrerlaubnis. Dagegen richtete sich der Eilantrag des Reinigungskosten
Betroffenen. Seiner Meinung nach sei er zur Vorlage des Gutach-
tens nicht verpflichtet, da er sein Pkw nicht im Straßenverkehr Kommt es wegen einer Virus-Pandemie bei der Reparatur eines
geführt habe. Unfallfahrzeugs zu Desinfektionskosten, so sind diese Kosten
vom Schadensersatz umfasst. In den Arbeitswerten und Stunden-
Das Verwaltungsgericht Ansbach lehnte den Eilantrag ab. Der sätzen sind nur die Kosten einer üblichen Reinigung inbegriffen.
allgemein zugängliche Parkplatz sei dem öffentlichen Verkehrs- Dies hat das Amtsgericht Frankenthal entschieden.
raum zuzuordnen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die
Beschwerde des Betroffenen. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einem
Verkehrsunfall im September 2020 in Frankenthal stritten sich
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entschei- die Unfallbeteiligten vor dem Amtsgericht Frankenthal unter
dung des Verwaltungsgerichts. Die Fahrerlaubnisbehörde habe anderem über die Erstattung von Desinfektionskosten, welche
gemäß § 13 Nr. 2 c FeV die Vorlage eines medizinisch-psycholo- die Werkstatt dem Unfallgeschädigten in Rechnung gestellt
gischen Gutachtens verlangen dürfen. Denn der Betroffene habe hatte. Die Desinfektion diente dem Schutz vor dem Corona-Virus.
seinen Pkw im öffentlichen Verkehrsraum und damit im Straßen- Die Haftung des Unfallverursachers stand außer Streit.
verkehr im Sinne der Vorschrift geführt. Da der Parkplatz einer
allgemein bestimmten größeren Personengruppe zur Nutzung Das Amtsgericht Frankenthal entschied zu Gunsten des Unfallge-
offenstand, sei es als öffentlicher Verkehrsraum zu werten. Auf schädigten. Ihm stehe ein Anspruch auf Erstattung der Desinfek-
eine etwaige wegerechtliche Widmung komme es nicht an. Auch tionskosten zu. Die von der Werkstatt vorgenommene und in
sei es unerheblich, dass sich die Trunkenheitsfahrt außerhalb der Rechnung gestellte Desinfektionsmaßnahme sei für die Reparatur
Öffnungszeiten der Geschäfte ereignet hatte. des Unfallfahrzeugs erforderlich gewesen. Die Desinfektion stelle
eine erforderliche Maßnahme dar, Corona-Viren auf den vermeint-
(Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, lich kontaminierten Oberflächen des Fahrzeugs unschädlich zu
Beschluss vom 15.03.2021 – 11 CS 20.2867) machen.
Bei den Desinfektionskosten handele es sich nach Auffassung des
Amtsgerichts auch nicht um Gemeinkosten. Denn in den Arbeits-
werten und Stundensätzen für die Reparatur seien allenfalls die
Kosten für die übliche Reinigung des Fahrzeugs inbegriffen.
(Amtsgericht Frankenthal, Urteil vom 12.04.2021 – 3a C 253 ⁄ 20)
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