Page 23 - Taxikurier Dezember 2021
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           RECHTSPRECHUNG


            ➔ URTEILE



           Unfallgeschädigte müssen bei ungewöhnlich langer
             Reparaturdauer nach Grund der Verzögerung fragen und
           auf zeitnahe Erledigung der Reparatur drängen


           Ersatz der Kosten der Desinfektion vor Rückgabe des   Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für gesamte
             reparierten Fahrzeugs                              Reparaturzeit

           Kommt es zu einer ungewöhnlichen langen Reparaturdauer, muss   Das Amtsgericht Bautzen bejahte zunächst den Anspruch auf Nut-
           der Unfallgeschädigte nach dem Grund der Verzögerung fragen und   zungsausfallentschädigung für die gesamte Reparaturzeit. Der Klä-
           auf eine zeitnahe Erledigung der Reparatur hinwirken. Anderenfalls   ger habe seine Schadensminderungspflicht nicht dadurch verletzt,
           kann sein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung wegen   dass er nicht ausreichend auf eine zeitnahe Reparatur hingewirkt
             Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht wegfallen oder   hat. Zwar obliege es grundsätzlich dem Geschädigten, sich nach
           gekürzt werden. Die Kosten für die Desinfektion des Fahrzeugs    dem Grund für eine außergewöhnliche Reparaturlänge zu erkundi-
           vor dessen Rückgabe kann während einer Virus-Pandemie ersetzt   gen und sich nach einer alternativen Werkstatt umzusehen, wenn
           verlangt werden. Dies hat das Amtsgericht Bautzen entschieden.  sich Zweifel aufdrängen, dass die gewählte Werkstatt die Reparatur
                                                              in angemessener Zeit erbringen wird. Diesen Anforderungen sei der
           Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2020 wurde   Kläger aber nachgekommen. Er hatte sich wöchentlich zur Repara-
           ein Citroën DS3 bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Das Fahrzeug   turdauer bei der Werkstatt erkundigt. Ihm wurde daraufhin gesagt,
           befand sich anschließend für etwa zwei Monate in einer Werkstatt   dass es coronabedingt zu Lieferschwierigkeiten komme.
           zwecks Reparatur. Das alleinige Verschulden des Unfallverursachers
           stand außer Streit. Seine Haftpflichtversicherung weigerte sich
             jedoch nachfolgend die Nutzungsausfallentschädigung für die   Kosten der Desinfektion vor Rückgabe des reparierten
             gesamte Reparaturzeit in Höhe von 50 Euro pro Tag zu erstatten.    Fahrzeugs ersatzfähig
           Sie nahm wegen der ungewöhnlich langen Reparaturdauer ein
             Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht an. Zudem weigerte   Nach Ansicht des Amtsgerichts seien auch die Kosten für die nach
           sich die Versicherung die Kosten für die Desinfektion des Fahr-  Abschluss der Reparatur erfolgte pandemiebedingte Fahrzeugdes-
           zeugs nach der Annahme und vor der Rückgabe zu erstatten.    infektion in Höhe von ca. 26 Euro ersatzfähig. Nicht erstattungs-
           Der Unfallgeschädigte erhob daher Klage.           fähig seien aber die Desinfektionskosten vor Hereinnahme des
                                                              Fahrzeugs in die Werkstatt. Dabei handele es sich um eine reine
                                                              Arbeitsschutzmaßnahme, die den Allgemeinkosten unterfällt.

                                                              (Amtsgericht Bautzen, Urteil vom 16.09.2021 – 21 C 570 ⁄ 20)







                                Dr. Cichon & Partner                                     *


                                                Rechtsanwaltskanzlei
                                            Tätigkeitsschwerpunkte

              Dr. Josef Cichon  ✝   Monika Werther  *       Sven von Kummer      *        Nicola Nöker  *
                                  Fachanwältin: Verkehrsrecht  Fachanwalt: Familienrecht   Fachanwältin: Arbeitsrecht
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