Page 14 - Taxikurier März 2022
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TITELTHEMA
Fotos: istockphoto
➔ FÜNFTE JAHRESZEIT
Fasching, Fastenzeit und Starkbier
Seit Langem muss man im Veranstaltungskalender des TAXIKURIER zur Kenntnis nehmen: „Aufgrund der Corona-Pandemie
kann es täglich zu Veränderungen oder Absagen von Veranstaltungen kommen. Wir bitten Sie deshalb, sich vorab auf der
Homepage der jeweiligen Veranstalter zu informieren.“ Und wie schaut es nun aus mit dem Münchner Fasching 2022, der ja
angeblich bereits am 11. November 2021 begonnen haben soll, sowie der darauf folgenden Starkbiersaison?
Fasching und Fastenzeit Fasching in München 1799 und heute Tochter öfter auf Tanzsälen. Aber ich bin
mit bekümmertem, schwerem Herzen und
Der Fasching und die sich anschließende Im Jahr 1800 erschien im „Bairischen mit einer wahrhaft verbitterten Laune oft-
Fastenzeit gehören eng zusammen. Der Wochenblatt“ unter der Überschrift „Toben, mals davongegangen. Jetzt kommt’s, was
Begriff „Fasching“ kommt vom mittelalter- Springen, Wüten“ der Leserbrief eines be- ich Ihnen zu sagen habe: Ich war im ver-
lichen „vast-schanc“ und bezeichnet das sorgten Vaters, der sich über die damals fl ossenen Jahr auf einem Ball. Ich erwarte-
Ausschenken eines Getränkes, bevor die aktuellen, von ihm als moralisch verwerf- te vieles Gute und Angenehme, ich hoffte,
Fastenzeit am Aschermittwoch um Punkt lich empfundenen Tänze der Jugend em- unter den vielen Masken viele wohlgewähl-
00.00 Uhr anfängt und die große Ernüchte- pörte, besonders auch, weil seine eigene te zu fi nden. Ich stellte mir unter Ball, als
rung beginnt. Es versteht sich von selbst, Tochter an den Maskenbällen zu Fasching ich noch ein Knabe war und davon spre-
dass es dabei vermutlich nicht bei einem großen Gefallen fand. Er schrieb – leicht chen hörte, immer einen Maskenball vor.
einzigen Getränk bleiben konnte ange- an das heutige Deutsch angepasst: „Ich bin Aber da war’s ganz anders. Ich habe, wie
sichts der nachfolgenden 40 Tage
sichts der nachfolgenden 40 Tage der Vater einer einzigen Tochter, der ich ich Ihnen schon sagte, eine einzige Toch-
des kargen Essens und Dar-
des kargen Essens und Dar- den vernünftigen Genuss der Welt nie ent- ter, für deren moralische und physische
bens. Das alemannische zog; ich bin selbst noch nicht alt und liebe Wohlfahrt ich denn innigst besorgt bin. Ich
bens. Das alemannische
Wort „Fastnacht“ weist
Wort „Fastnacht“ weist muntere Gesellschaft und frohe Menschen. halte Bewegung für das heilsamste Mittel,
auf denselben Tatbe-
auf denselben Tatbe- Meine Auguste ist jetzt mehr als sonst mit ihre Gesundheit zu erhalten, und den Tanz
stand hin, nämlich auf ihrem Herrichten beschäftigt, streichelt mir für eine gesunde, angenehme Bewegung,
stand hin, nämlich auf
die Nacht vor dem gro- öfter die Backen und fängt wieder zu er- die auf den Körper und die Seele den wohl-
die Nacht vor dem gro-
ßen Fasten. Ähnlich der
ßen Fasten. Ähnlich der zählen an, wie gut sie sich dort und da auf tätigsten Einfl uss hat. Aber erlauben Sie
„Karneval“, der sich auf dem Ball unterhält. Ich war in dem Karne- mir eine kleine Schilderung von der Bewe-
„Karneval“, der sich auf
die 40-tägige fl eischlose val des verfl ossenen Jahres mit meiner gung, die man auf dem Ball Tanz nennt.
die 40-tägige fl eischlose
Fastenzeit (lateinisch
Fastenzeit (lateinisch
„carnis“ für „Fleisch“)
„carnis“ für „Fleisch“)
bezieht, nämlich den Verzicht
bezieht, nämlich den Verzicht
auf Fleisch. Bereits eine altbabyloni-
auf Fleisch. Bereits eine altbabyloni-
sche Inschrift aus dem heutigen Irak aus
dem 3. Jahrtausend vor Christus besagt:
„Kein Getreide wird an diesen Tagen ge-
mahlen. Die Sklavin ist der Herrin gleich-
gestellt und der Sklave an seines Herrn
Seite. Die Mächtige und der Niedere sind
gleichgeachtet.“ Hier wurde bereits das
Gleichheitsprinzip bei ausgelassenen Fes-
ten praktiziert und dies ist bis heute ein
charakteristisches Merkmal des Karnevals
oder Faschings. Es konnte also für eine be-
grenzte Zeit drüber und drunter gehen. Bei
den alten Römern waren dies die Bacchan-
ten-Feste. Dies hat sich in vielen Kulturen
bis heute erhalten, auch in den Verkleidun-
gen, in denen man etwas Anderes darstellt
als man in Wirklichkeit ist, beispielsweise
einen Cowboy aus der Maxvorstadt oder
eine Märchenfee aus Ramersdorf.
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