Page 20 - Taxikurier September 2022
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           UNTERHALTSAMES

            ➔ SCHROTTIS WELT










           ABRISS                            Sause? Kleiner Auszug aus der Getränke-  FUSSGÄNGERZONE TAL
                                             karte gefällig? Spezi 0,33 Liter = 3,50 Euro;
           Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG)   Helles 0,33 Liter = 4 Euro; das „Glas fri-  Oder müsste man Fußgängerinnen- und
           sucht nach einem weiteren Standort für   scher Weißwein” 0,2 Liter = 6 Euro usw.   Fußgängerzone dazu sagen? Kommt be-
             einen Bus- und Trambetriebshof, da sie bis   Aber der umweltbewusste Münchner   stimmt auch noch. Unabhängig von dieser
           2030 zusätzliche 50% Fahrgäste befördern     Grünen-Wähler muss natürlich auch nicht   weltbewegenden Frage soll das Tal schon in
           möchte und dazu auch weitere Fahrzeuge   auf den standesgemäßen Aperol Sprizz,   2023 zur Fußgängerzone werden, wie die
           anschaffen muss. Das Gelände soll in städ-  Hugo oder Longdrink (je 9.- Euro) verzich-  grünrote Stadtratsmehrheit Anfang Juli be-
           tischem Besitz sein, um es nicht etwa an-  ten und wird bei Live-Musik aus Lautspre-  schloss. Die wenigen hier noch lebenden
           mieten zu müssen. Und so verdichten sich   chern ganz bestimmt nicht von brütenden   Anwohner und die vielen Gewerbetreiben-
           die Planungen auf die Fläche südlich neben   Vögeln, den ansässigen Bibern oder dem   den (Läden, Wirtshäuser, Ärzte usw.) sind
           unserem Fröttmaning-Stand, wo seit 2017   sonst hier heimischen Getier beim Kultur-   überwiegend eher mäßig begeistert von
           der Showpalast steht. Dieser wurde mit   und Naturgenuss gestört.   der Idee. Dagegen ist es für uns Fiaker er-
           hochmoderner Technik ursprünglich für                               freulich, dass in allen bisher vorgelegten
           die Pferdeshow "Equila" gebaut, welche   Jahrelang gab es eine besonders große   Plänen das Taxigewerbe mitspielen darf,
           freilich alsbald eingestellt wurde, weshalb     Koalition im Stadtrat zugunsten der David-  dass es also sowohl Standplätze wie auch
           dort heute die verschiedensten Veranstal-  schen Umtriebe, denn neben, natürlich,   ein Durchfahrtsrecht für uns geben soll.
           tungen stattfinden. Aber wahrscheinlich   den Grünen und deren politischem Wurm-    Ursprünglich sollte die Umwidmung der
           nur mehr bis zum Ende des Mietvertrages   fortsatz namens SPD war auch der frühere     Straße erst sehr viel später erfolgen, weil
           am 31. März 2028, den die Stadt aus den   2. Bürgermeister Josef Schmid (CSU), der   der Verkehr zur Baustelle der Zweiten
           oben genannten Gründen nicht mehr ver-  seit 2018 im Landtag sitzt, dem Manne   Stammstrecke am Marienhof über das Tal
           längern will. Dem sogenannten Pferde-  wohlgesonnen. Aber wenigstens bei der   abgewickelt wird. Da wird sich aber eine
           palast mit 1.200 m² Bühnenfläche und    CSU scheint sich der Wind jetzt endlich zu   klitzekleine Verzögerung ergeben (siehe
           einer LED-Bildschirmwand mit 600 Qua-  drehen. Deren stellvertretender Fraktions-  nächstes Stichwort), weshalb man seitens
           dratmetern droht dann nach nur elf Jahren   vorsitzender Hans Theiss fragt öffentlich   der Verwaltung mit dem Tal nicht mehr so
           der Abriss. So geht das in München.          nach der Verknüpfung von politischen und   lange warten will.
                                             geschäftlichen Interessen, wenn David von
                                             der Stadt öffentlichen Raum „wohlwollend
           CORNELIUSBRÜCKE                   zu Verfügung gestellt” bekommt, um dann   STAMMSTRECKE
                                             dort seinen privaten Gewinn maximieren zu
           Am zweiten Juliwochenende fand eine   können. Und Theiss fragt weiter, ob denn   Am 28.4.1972, also kurz vor den Olympi-
             Demonstration für eine autofreie Cornelius-  bei einer (Fast-)Sperrung der Cornelius-  schen Spielen, wurde der 4.343 Meter lange
           brücke ebendort statt, wobei gefordert   brücke die Stadt in einen Ost- und einen   Tunnel der S-Bahn-Stammstrecke zwischen
           wurde, dass zukünftig mindestens zwei der   Westteil getrennt werden solle.   Ostbahnhof und Hackerbrücke in Betrieb
           drei existierenden Autofahrbahnen zuguns-                           genommen. Da die Münchner S-Bahnlinien
           ten von Radlern und Fußgängern entfallen   Schrottis Gedanke dazu: in Berlin hat das   sternförmig angelegt sind, müssen alle
           sollen. Angemeldet hatte die Demo der   doch 28 Jahre lang (1961–1989) auch ganz   Züge irgendwann auf ihrer Tour durch den
             unvermeidliche Benjamin David, Mitinhaber  gut funktioniert. Und während dort gele-  Tunnel fahren. Zwischenzeitlich ist dieser
           der Eventagentur „Urbanauten”, Vorsitzen-  gentlich mal jemand erschossen werden   Abschnitt mit 30 Zügen pro Stunde und
           der des Vereins „Isarlust e.V.”, langjähriger   musste, würde sich das in München zumin-  Richtung die meistbefahrene Eisenbahn-
           Betreiber von Kulturstrand, Isarboulevard   dest bei Nichtschwimmern ganz von alleine   strecke Deutschlands, so dass man ohne
           usw., zufällig seit rund 30 Jahren Mitglied   erledigen. Für die Cocktail-schlürfenden   Übertreibung von einem Nadelöhr sprechen
           der Grünen – und die Jünger sind ihrem   Naturfreunde am Kommerzstrand bestimmt   kann. Bei der kleinsten Abweichung vom
           Guru brav gefolgt. Darunter übrigens auch   ein Event der Extraklasse. „Schau mal, wie   knallharten, super-eng getakteten Fahrplan
           Alt-OB Christian Ude. Und ebenso zufällig   der im Wasser mit den Armen rudert!” –   muss das ganze System zwangsläufig kolla-
           findet der diesjährige Kulturstrand wieder   „Ach, süüüß”.          bieren.
           an der Corneliusbrücke statt, so dass diese
           schamlose Kommerz-Sause zulasten der                                Die Notwendigkeit einer Entlastung der
             Natur und auch der ortsansässigen Gast-                           Stammstrecke wurde schon bald nach der
           wirte von breiteren Gehwegen durchaus                               Eröffnung noch in den 1970er Jahren deut-
           profitieren würde. Schamlose Kommerz-                               lich, da sich binnen kurzer Zeit die einst-




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