Page 12 - Taxikurier August 2023
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recht kompakt
VERKEHRSRECHT
DIE UNGEPLANTE UNTERNEHMENSNACHFOLGE
IM TAXIBETRIEB
Kein größeres Thema sollte für den alteingesessenen Die Befugnis zur Betriebsfortführung gilt vorläufig, d.h. sie ist
Unternehmer die geplante Unternehmensnachfolge sein, befristet. Sie erlischt, wenn der Erbe nicht innerhalb von drei
wenn also Tochter oder Sohn vom Vater nach dessen lang- Monaten nach Ablauf der Frist für die Ausschlagung der Erbschaft
jährigem und hoffentlich erfolgreichem Unternehmer- die Genehmigung beantragt. Für den Testamentsvollstrecker,
dasein den Betrieb mittels Genehmigungsübertragung Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter erlischt die Befugnis,
übernehmen. Das Leben hat aber für manchen auch sehr wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Amtsannahme
schicksalhafte und traurige Überraschungen: wenige wer- oder Bestellung die Genehmigung beantragen. Die Genehmigung
den sich Gedanken gemacht haben, was rechtlich mit dem gilt sodann nach ihrer Erteilung bis zu dem Zeitpunkt, an dem
Betrieb passiert, wenn der Unternehmer urplötzlich ver- sie auch bei dem Rechtsvorgänger, also dem Verstorbenen, ab-
stirbt oder aufgrund eines Unfalls oder einer schweren gelaufen wäre. Da bekanntermaßen im Taxenverkehr die aus der
Erkrankung erwerbs- oder geschäftsunfähig wird. Nun, Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten nur übertragen
das Personenbeförderungsgesetz hat für diesen Fall tat- werden dürfen, wenn gleichzeitig das ganze Unternehmen oder
sächlich einen eindeutigen Fahrplan aufgestellt. wesentliche selbständige Unternehmensteile übertragen werden,
gilt auch bei einer Erbengemeinschaft, dass das Taxenunterneh-
Stirbt der Unternehmer, so erlischt die Genehmigung, da sie ihm men ungeteilt bleiben muss, also die Genehmigungen bzw. die
nur für seine Person erteilt wurde. Dem Erben bzw. der Erbin wird daraus erwachsenden Rechte und Pflichten können nicht unter
jedoch die Befugnis zugestanden, den Betrieb ohne Übertra- den Miterben oder auf einige davon aufgesplittet werden.
gungsgenehmigung vorläufig weiterzuführen oder aber diese Be-
fugnis zur vorläufigen Betriebsfortführung auch auf einen Dritten Hinsichtlich der Laufzeit der Befugnis zur vorläufigen Betriebs-
zu übertragen. Der Erbe (bzw. die Erbengemeinschaft) bedarf weiterführung ist bei Geschäfts- oder Erwerbsunfähigkeit eine
also erst nach Ablauf der vorläufigen Befugnis einer neuen Ge- abweichende Regelung getroffen worden. Hier kann der Betrieb
nehmigung, wenn er das Unternehmen dauerhaft weiterführen durch einen Dritten bis zu einem Jahr ohne Genehmigungsantrag
will. Denn ein „Vererben“ einer Genehmigung kennt das Gesetz weitergeführt werden, in Sonderfällen sogar bis zu anderthalb
nicht . Gleiches gilt i.Ü. auch für den Rang auf der Vormerkliste, Jahren.
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auch dieser Rang kann als sogenanntes höchstpersönliches Recht
nicht vererbt werden . Der Erbe darf jedoch über diese Spezial- Wo steht’s im Gesetz? § 19 PBefG
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regelung das Taxiunternehmen mit den dem verstorbenen Unter-
nehmer genehmigten Fahrzeugen vorläufig wie ein Genehmi- Welches Gericht hat so entschieden?
gungsinhaber weiterführen oder diese Befugnis auf einen Dritten 1 BVerwG, Urt. v. 13.01.1955 – I C 59.54 –
übertragen. Diese vorläufige Weiterführungsbefugnis entsteht, 2 OVG NRW, Beschl. v. 11.06.1990 – 13 B 1283 ⁄ 90 –
sobald der Unternehmer verstorben ist. Die gleiche Befugnis er-
langt auch der Testamentsvollstrecker, sobald er das Amt durch
Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht angenommen hat, bzw.
der Nachlasspfleger und der Nachlassverwalter, sobald sie zu ih-
rem Amt bestellt sind. Der Erbe verliert jedoch die Befugnis zur
vorläufigen Fortführung, wenn er die Erbschaft wirksam aus-
schlägt oder ein ernannter Testamentsvollstrecker das Amt an-
nimmt bzw. ein Nachlassverwalter bestellt wird. Ungeachtet des-
sen müssen nach Meinung des Verfassers die subjektiven Der Autor:
Genehmigungsvoraussetzungen in der Person des vorläufigen Rechtsanwalt Thomas Grätz
Weiterführers vorliegen, also auch die Fachkundigkeit. ist seit über 30 Jahren mit
Personenbeförderungsrecht
befasst und war Geschäftsführer
vom damaligen Taxi-Bundes-
verband BZP. Bekannt ist auch
sein PBefG- Standardwerk
„Fielitz ⁄ Grätz“.
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