Page 35 - Taxikurier August-September 2024
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VERKEHRSSTAU
➔ 52 STUNDEN PRO JAHR
Die Landeshauptstadt München kann einen neuen Rekord verzeichnen.
In der Rangliste nach Staufolgen hat sie es von Platz 6 auf Platz 2 hinter Berlin geschafft.
Die Analysten berechnen diese Werte München um 16 und in Hamburg um elf
aufgrund von realen Verkehrsdaten von Prozent. In Städten wie Hannover, Bremen
Autos auf der Straße. Der Wert für die und Frankfurt/Main lagen die Stauzeiten im
Staustunden ergibt sich aus dem Ver- vergangenen Jahr demnach wieder weit
gleich der Fahrtdauer während der Stoß- über den Werten von 2019. Düsseldorf,
zeiten und während Phasen weitgehend München und Hamburg bewegen sich noch
freier Straßen, also nachts. darunter. München hat also noch Luft nach
oben oder anders gesagt, es kann noch
Stau bedeutet auch Kosten: Für die schlimmer werden. Unmengen an Baustel-
Fahrer, weil sie ihre Zeit ungenutzt im len, verkehrsbehindernde Ampelschaltun-
Auto verbringen, und für die Gesell- gen und fragwürdige Tempolimits lassen
schaft, weil unter anderem Arbeitszeit in Stoßzeiten Staus entstehen, die vorher-
und Kraftstoff verschwendet werden. sehbar sind, von der Verschwendung von
Die Analysten schätzten allein die Kos- Ressourcen ganz zu schweigen. Aber
ten für die Autofahrer in Deutschland schaut man auf internationale Vergleiche,
im vergangenen Jahr auf 3,2 Milliarden sollten die Münchner Gelassenheit an den
Euro, ein Anstieg um 14 Prozent gegen- Tag legen.
über dem Vorjahr.
Weltweit hat sich die Lage im Straßen-
Mehr als zwei Tage, 52 Stunden, eines verkehr im vergangenen Jahr in 78 Prozent
Jahres stehen Münchner und Pendler im der 946 untersuchten Ballungsräume ver-
Stau. Einer internationalen Studie zu folge, schlechtert. Knapp mehr als die Hälfte der
kostet dieser Zustand den Autofahrer nicht Städte verzeichnet inzwischen wieder mehr
nur wertvolle Lebenszeit, sondern auch Staus und stockenden Verkehr als vor der
ca. 555 Euro pro Jahr, von den volkswirt- Corona-Pandemie, aber immerhin 41 Pro-
schaftlichen Schäden ganz zu schweigen. zent liegen noch unter den Werten von
Dabei hat München leider auch noch die 2019. An der Spitze der Stau-Metropolen
höchste Steigerung zu verzeichnen. 2022 steht New York City mit 101 Stunden Zeit- und, vor allem im Winter, das geheizte
stand der Münchner Autolenker 39 Stunden verlust pro Jahr und Fahrer, gefolgt von Auto im Stau dem zugigen Bahnsteig
pro Jahr im Stau. Diese Steigerung sollte Mexiko City, London und Paris, die alle vorzieht.
eigentlich zu denken geben. knapp unter 100 Stunden Stau-Zeit pro
Jahr und Durchschnittsfahrer liegen. Für Taxifahrer sind diese Zahlen beson-
Die bayerische Landeshauptstadt kommt ders schlimm, denn im Stau zu stehen
sogar dreimal in der Rangliste der zehn Kein Stau bedeutet aber bei Weitem nicht ohne Fahrgast ist nicht nur verlorene
schlimmsten Stau-Straßen vor. „Bemer- fließenden Verkehr. In London und Paris Lebenszeit, sondern bedeutet auch
kenswerterweise fanden sich diesmal keine fließt der Verkehr bei 16 km ⁄ h. Die Münch- massive Umsatzeinbußen. Auch mit
Strecken in Köln, Bonn oder Wiesbaden in ner sind da etwas besser dran. Hier fließt einem Fahrgast im Stau zu stehen ist
den Top 10, nachdem jede dieser Städte im der Verkehr bei 18 km ⁄ h. Da braucht man kein Spaß, denn der Fahrgast zweifelt
Jahr 2022 mindestens einen Straßenab- ja eigentlich keine Tempo 30 Zone auf dem am Können des Taxlers, der den Stau
schnitt in den Top 10 hatte“, schreiben die Mittleren Ring. Nun könnte man meinen, nicht umfahren konnte und zahlt für
Analysten in der Studie. Seit der Pandemie dass der ÖPNV die Lösung ist. Das Fahr- jede Minute und der Taxler muss sich
wurde eine deutliche Veränderung des Ver- gastaufkommen liegt deutschlandweit im- der Kritik des Gastes aussetzen.
kehrsströme festgestellt. Das zeigt sich vor mer noch unter den Zahlen vor der Pande-
allem durch eine Verlagerung des Auto- mie. Dies ist auch wenig verwunderlich, Es bleibt zu hoffen, dass diese Analyse den
verkehrs aus der Innenstadt ins Umland. wenn man allein die Probleme der Bahn Stadtrat erreicht und wenigstens einige
Allein im vergangenen Jahr sind die Fahr- und S-Bahn in und um München bedenkt. Stadträte zum Umdenken anregt. Aber wie
ten ins Stadtzentrum den Daten zufolge in Keinem Pendler ist zu verübeln, wenn er sagt der Volksmund: „Die Hoffnung stirbt
Berlin um 17 Prozent zurückgegangen, in sich frustriert wieder dem PKW zuwendet zuletzt.“ (BH)
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