Page 29 - Taxikurier April 2025
P. 29

Dagegen erhoben sich Teile der Leidtragen-  des neuen Sendlings an ihre vaterländi-  ➔  Pognerstraße von 1900 mit der offiziel-
           den und marschierten in ungeordneten,   schen Pflichten. Der Stadtarchivar Ernst   len Erklärung: „Anna Maria Pogner, un-
           schlecht bewaffneten Haufen auf München   von Destouches (1843–1916, Destouches-  glückliche Frau und Witwe des durch
           zu. Ihnen erschien die ehemalige Herr-  straße von 1890) beispielsweise unterbrei-  hervorragende Vaterlandsliebe berühmt
           schaft der Wittelsbacher besser als die   tete dem Magistrat am 17. Oktober 1885   gewordenen J. Pogner, welcher gefol-
           noch üblere Fremdherrschaft der Habsbur-  einige diesbezügliche Vorschläge mit fol-  tert, geköpft, und gevierteilt wurde,
           ger aus Österreich. Rund 3.000 Männer aus   gender Begründung: „Eines der blutigsten     wodurch dessen Familie in die ärmste
           dem bayerischen Oberland bewegten sich   und dennoch vom Glorienschein des Ruhms   Lage versetzt ward.“
           auf München zu, wo es am 24./25. Dezem-  verklärten Blätter in der Geschichte Mün-
           ber 1705 zum Zusammenstoß mit österrei-  chens bildet jenes, welches uns Kunde gibt   ➔  Auch die Ortserklärung zur Waakirchner
           chischen Truppen kam, und zwar um die   von der Münchner Mordweihnacht 1705   Straße von 1900 ist aufschlussreich:
           Sendlinger Dorfkirche Sankt Margaret an   und ihren schaurigen Epilogen. Für die Er-  „Zu Ehren des Dorfes und der Pfarrei
           der Plinganserstraße 1. Die Bauern wurden   haltung ihres angestammten Herrscherhau-  Waakirchen und der Vaterlandsvertei-
           erbarmungslos niedergemetzelt, einige   ses, für die Befreiung Münchens aus Fein-  diger aus derselben, welche in der
             Gefangene zur Abschreckung in München   deshand, hatten Tausende von wackeren     Sendlinger Bauernschlacht für Münchens
           grausam hingerichtet. Das letzte Gefecht   Oberländern mit einem Theil der Münchner   Befreiung den Heldentod starben.“
           entschied General Georg Friedrich von   Bürger und Studenten und vormaligen bay-
           Kriechbaum am 8. Januar 1706 beim nie-  erischen Offizieren sich verbündet, hatten   ➔  Oder die Schaftlachstraße von 1914, als
           derbayerischen Aidenbach für Österreich.  erstere ihre unentwegte Treue zu Fürst und   der Erste Weltkrieg gerade begonnen
                                             Heimatland an jenem blutigen Christtage   hatte und hier seinen propagandistisch
                                             des Jahres 1705 mit dem Heldentod auf der   aktuellen Ausdruck fand: „Kirchdorf im
           Angst vor politischer Unruhe      Walstatt bei Sendling, hatte ein Theil der   Amtsgerichtsbezirke Miesbach, dessen
                                             letzteren mit dem Henkerstode besiegelt.  Bewohner bei der oberbayerischen Lan-
           Bereits in den politisch unruhigen Jahren,                            deserhebung von 1705 zur Befreiung
           die zu den Märzrevolutionen von 1848 und   Das aber ist der rührende Zug, der der gan-  Münchens ausgezogen sind und fast
           in München zum Rücktritt König Ludwigs I.   zen Erhebung trotz, oder vielleicht sogar   sämtliche ihr Leben auf Sendlings bluti-
           führten und erst 29 Jahre her waren, hatte   wegen ihres unglücklichen Ausgangs den   ger Walstatt gelassen haben.“ Und
           sich die Obrigkeit im öffentlichen Raum   Stempel des edelsten Patriotismus, idealer     genau das war auch für die modernen
           bemüht, einen Schulterschluss der Be-  Verklärung aufdrückt, so dass die Nachwelt   Material- und Giftgasschlachten des
           herrschten mit ihren Herrschern aus einer   in den Gefallenen und Gerichteten nicht     aktuellen Krieges gefragt.
           instrumentalisierten Vergangenheit heraus   eidbrüchige Verbrecher und Hochverräter,
           zu konstruieren. Auf dem Alten Südlichen   sondern Helden und Märtyrer für die ge-  ➔  Die Aidenbachstraße 1900 erinnert an:
           Friedhof etwa wurde 1831 ein Gedenkstein   rechte, heilige Sache des Vaterlandes er-  „Zum Andenken an den letzten Verzweif-
           aufgestellt mit der Inschrift „Den im    blickt und feiert.“          lungskampf der niederbayerischen Lan-
           Jahre 1705 am heiligen Christtage den                                 desverteidiger (1706) bei Aidenbach.“
           25. December im Kampfe für Fürst und
             Vaterland gefallenen Oberlaender Bauern.“   Straßennamen          Die Engelhardstraße kam übrigens erst
                                                                               1959 hinzu, thematisch passend erklärt
           Auf dem Friedhof der alten Sendlinger   Der ganze Stadtteil und bald auch das am   mit: „Der Hofkoch Engelhard war an der
             Kirche verkündete seit 1833 ein Denkmal:   1. Januar 1900 eingemeindete Thalkirchen   oberbayerischen Landeserhebung im Jahre
           „Auch unter diesem stillen Grabeshügel   mit seinem Ortsteil Obersendling standen   1705 hervorragend beteiligt. Lebensdaten
             ruhen 800 Bauern vom bay’rischen Ober-  schnell unter dem Zeichen der patriotisch   sind nicht überliefert.“
           lande, gefallen nach blutiger Gegenwehr an   verklärten Geschehnisse des 24./25. De-
           den Mauern dieses Kirchhofes, im hochher-  zember 1705. Aus der Vielzahl der neuen
           zigen Kampfe für Fürst und Vaterland, am   Straßenbenennungen seien nur einige
           Christtage 1705.“ In den 1870er Jahren     herausgegriffen, beispielsweise:
           ging in den herrschenden Kreisen das Ge-
           spenst des Sozialismus um und im Jahr   ➔  Plinganserstraße von 1877: „Georg   Dr. Manfred Hingerle
           1878 traten die „Sozialistengesetze“ gegen     Sebastian P., gestorben 11.5.1738
           „die gemeingefährlichen Bestrebungen der   als Reichskanzler des Reichskloster   Arbeits- und Verkehrsmedizin
           Sozialdemokratie“, deren Anhänger auch   Sankt Ulrich in Augsburg, machte sich   Kirchheim GmbH & Co. KG
           bald als „vaterlandslose Gesellen“ verrufen   1705 um die Landesverteidigung sehr   Alle Untersuchungen für Erwerb /
           waren, in Kraft. Als lokal begleitende Maß-  verdient.“              Verlängerung von Führerscheinen
                                                                                zu besonders freundlichen und
           nahme zu den Sozialistengesetzen bot sich                            fairen Bedingungen mit oder ohne
           nun in Sendling ab 1877 an, die Straßen-  ➔  Oberländerstraße von 1890, von der   Anmeldung.
           benennungen patriotisch zu gestalten. Die   Rambaldi zu berichten weiß: „Zur Eh-
           Botschaft lautete, die bayerischen Bauern   rung aller der Oberländer Bauern, wel-  Montag bis Freitag 8:00 – 12:00 Uhr
                                                                                Montag und Donnerstag 14:00 – 18:00 Uhr
           hätten 1705 ihrem angestammten Kurfürs-  che in der Sendlinger Bauernschlacht für
           ten – dem sie übrigens vollständig gleich-  ihr angestammtes Fürstenhaus ihr Blut   Am Brunnen 17 • 85551 Kirchheim
           gültig gewesen waren – unter Einsatz ihres   vergossen haben, umfasst dieser Name   Tel.: 089 / 903 61 10 oder 99 18 80 - 0 oder 903 33 66
           Lebens wieder zur Herrschaft verhelfen   alle in der Geschichte nicht besonders   info@verkehrsmedizin-dr.hingerle.de
                                                                                www.verkehrsmedizin-dr.hingerle.de
           wollen. Nun erinnerte man die Bewohner   aufgezählten Helden jener Zeit.“



                                                                                         APRIL 2025 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 29
   24   25   26   27   28   29   30   31   32   33   34