Page 21 - Taxikurier Juni 2020
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INTERVIEW
man danach weniger Fehler, fördert das Reaktionsvermögen und
die Gedächtnisleistung. Diese sind im Taxigeschäft maßgebend.
TAXIKURIER: Ab wieviel Uhr in der Früh ist man medizinisch
gesehen „ausgeschlafen“?
DR. VENCZEL: Das Schlafbedürfnis ist bei jedem von uns gene-
tisch bedingt. Die große Mehrheit benötigt zwischen 6–8 Stun- Dr. med. Jozsef Venczel
den, zu jeder Zeit. Es hängt von der Einschlafzeit ab. Es gibt un- Praktischer Arzt
ter anderem auch genetisch veranlagte Kurz- und Langschläfer. Adelheidstr. 23
80798 München
TAXIKURIER: Von 23.00 bis 1.00 Uhr werden die Eventbesucher Termine nach Vereinbarung
heimgefahren, zwischen 1.00 und 3.00 Uhr die „normalen“ Gast- Tel. (089) 2 72 94 60
stättenbesucher, zwischen 4.00 und 6.00 Uhr die jungen Men-
schen aus den Discos. Der Taxifahrer fällt übermüdet und doch
überdreht ins Bett. Wie kann er da schlafen? TAXIKURIER: Fahrtaufträge bis um fünf Uhr, Schlaf bis zwölf Uhr
– ist man dann schon genügend ausgeruht?
DR. VENCZEL: Es hängt vom vorhin erwähnten Schlafrhythmus
ab. Dazu gehört auch die Notwendigkeit der Entspannungsperio- DR. VENCZEL: Allgemein sollte man immer so viel Schlaf bekom-
de von etwa zwei Stunden. Am Besten noch ein wenig Musik men, dass man ohne Wecker aufwacht und sich wach und ausge-
hören, lesen oder etwas machen, was einen persönlich beruhigt. schlafen fühlt. Die Dauer des Schlafes ist nebensächlich. Wichtig
ist, wie es einem danach geht. Wenn man sich wach und ausge-
TAXIKURIER: Taxler müssen oftmals mehrere Nächte in Folge glichen fühlt und sich gut konzentrieren kann ohne Müdigkeits-
arbeiten. attacken, dann war der Schlaf ausreichend.
DR. VENCZEL: Bei Arbeiten im Schichtsystem sollte man in Be- TAXIKURIER: Wenn der Taxler wach bleiben und trotzdem fahren
tracht ziehen, dass der Mensch ein tagaktives Lebewesen ist. Die muss, wie kann er sich dann wachhalten?
Nachtarbeit gilt als besonders belastend. Es sollten nicht mehr
als drei durchgemachte Nächte aufeinander folgen. Ideal wären DR. VENCZEL: Wach kann der Fahrer bleiben mit kurzen 10-mi-
alle zwei Tage wechselnde Schichten; zwei Tage Nacht- darauf nütigen Nickerchen, Sportübungen und Kaffee-Konsum. Psycho-
zwei Tage Früh- und zwei Tage Spätschicht. So erfährt der Körper logisch ist der Taxifahrerberuf eine Tätigkeit, die, wie man so
weniger Stress. will, nie endet. Immer gibt es einen neuen Auftrag, der erledigt
werden muss. Da die Meisten teils oder völlig selbstständig ar-
TAXIKURIER: Zwei oder drei Bier am Abend. Wie viel Schlaf beiten, spüren viele den betriebswirtschaftlichen Druck, der dau-
braucht es, um, nicht nur zum Alkoholabbau, sondern vor allem ernd über ihren Köpfen schwebt. Gleichzeitig besteht aber die
dem Körper die nötige Ruhezeit zu geben? Notwendigkeit, die Gesundheit zu schonen, da ohne diese die
Leistungen nicht erbracht werden können. Ob man den nächsten
DR. VENCZEL: Man muss beachten, dass der Alkoholabbau sehr Auftrag ausführen muss, kann ich nicht beurteilen. Die Sicherheit
unterschiedlich ist. Ein 80 kg schwerer Mann hat nach einem der anderen Verkehrsteilnehmer und die eigene Sicherheit und
Bier einen Promillewert von 0,3. Bei einer 60 kg schweren Frau Gesundheit sind allerdings wichtiger. Wenn man sich fertig fühlt,
sind es bereits 0,4 Promille. Falls jemand eine Krankheit hat oder sollte man pausieren.
Medikamente nimmt, kann die Konzentration des Alkohols in sei-
nem ⁄ ihrem Blut und der Abbau des Alkohols beeinflusst werden. TAXIKURIER: Sehr geehrter Herr Dr. Venczel, vielen Dank für die
ausführlichen Informationen.
In einer Stunde wird durchschnittlich 0,1–0,15 Promille Alkohol
abgebaut, egal ob wach oder schlafend. Der erlaubte Höchstwert, (Das Interview führte Rainer Männicke)
um ein Auto steuern zu dürfen, liegt bei 0,5 Promille, aber be-
reits ab 0,1 Promille zeigt der Alkohol im Blut seine Wirkung.
Hat man dann Ausfallerscheinungen, kann die Anzeige schon
vorher erfolgen. Räumliche Entfernungen können falsch einge-
schätzt werden und die Reaktionsgeschwindigkeit sinkt. Im
Straßenverkehr hat dies oftmals fatale Folgen.
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