Page 43 - Taxikurier November 2024
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Im konkreten Fall blieb die Klage der Haftpflichtversicherung des   ständigengutachten, wonach die Nichteinhaltung der Gurtpflicht
           Unfallverursachers wegen der behaupteten Verletzungen der Bei-  durch die Beklagte dazu geführt habe, dass deren Knie im Zeitpunkt
           fahrerin des anderen Fahrzeugs jedoch erfolglos. Der Unfallverur-  des Aufpralls in die Rückenlehne des Beifahrersitzes eingedrungen
           sacher haftete für die Verletzungen der Beifahrerin des anderen   seien und erhebliche Verletzungen der Geschädigten im Bereich der
           Fahrzeugs. Er nahm die Beklagte, die nicht angeschnallt hinter der   Lendenwirbelsäule und des Brustkorbs verursacht hätten.
           Beifahrerin saß, in Anspruch und behauptete, die Knie der Beklag-
           ten seien in die Rücklehne der Beifahrerin eingedrungen, was zu
           weiteren Schäden geführt habe. Der Senat hat eine Mithaftung der   Anschnallpflicht ist drittschützende Norm
           Beklagten abgelehnt, weil der Gurtpflichtverstoß gegenüber dem
           erheblichen Verschulden des stark alkoholisierten und die zulässi-  Das OLG hat die Berufung der klagenden Versicherung gegen das
           ge Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreitenden Versiche-  klageabweisende Urteil des LG Bonn zurückgewiesen und dadurch
           rungsnehmers der Klägerin vollständig zurücktrete.  die Ablehnung einer Mithaftung der Beklagten für die unfallbe-
                                                              dingten Verletzungen der Geschädigten bestätigt. Die von § 21 a
                                                              Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 StVO geregelte Gurtpflicht stelle zwar
           Sachverhalt                                        eine drittschützende Norm im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar,
                                                              weil die Fahrzeuginsassen gerade auch vor den Folgen der Verlet-
           Im September 2018 gegen 22.15 Uhr befuhr der Versicherungsneh-  zung durch nicht angeschnallte andere Mitfahrer bewahrt werden
           mer der Klägerin mit seinem Pkw Audi A5 Coupé die Landstraße   sollten. Der BGH gehe von einem Mitverschulden des Geschädigten
           121 in Höhe der Überquerung der Bundesautobahn 560 in Sankt   bei Verletzung der eigenen Gurtpflicht aus. Es gelte – so der Senat
           Augustin-Buisdorf. Er war stark alkoholisiert (Blutalkoholkonzent-  – aber auch für Verletzungen anderer Fahrzeuginsassen.
           ration: 1,76 Promille) und fuhr mit deutlich überhöhter Geschwin-
           digkeit (150 bis 160 km/h statt zulässiger 70 km/h). Ihm kam der   Die gesetzliche Begründung für die Einführung der Gurtpflicht auf
           mit drei Insassinnen besetzte Pkw Skoda Citigo entgegen, auf des-  den Vordersitzen aus dem Jahre 1975 stelle darauf ab, dass gerade
           sen Beifahrersitz die damals 36 Jahre alte Geschädigte saß und   auch aus Zusammenstößen von Fahrzeuginsassen erhebliche Ge-
           hinter der sich auf der Rückbank die nicht angeschnallte 38-jähri-  fahren herrührten. Die Gurtpflicht sei im darauffolgenden Jahr-
           ge Beklagte befand. Der Pkw Audi kam von der Fahrbahn ab und   zehnt auf sämtliche Fahrzeuginsassen ausgedehnt und bußgeldbe-
           stieß mit dem Pkw Skoda Citigo zusammen, wobei der Versiche-  wehrt worden. Das vom Senat zugrunde gelegte, weite Verständnis
           rungsnehmerin der Klägerin verstarb und die Insassen des anderen   des Schutzzwecks der Gurtpflicht diene der Verkehrssicherheit und
           Fahrzeugs schwere Verletzungen erlitten.           dem Schutz der individuellen Rechte aller Verkehrsteilnehmer; es
                                                              stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
                                                              gerichts sowie anderer Obergerichte zur Bußgeldbewehrung der
           Versicherung verlangt Geld von nicht angeschnallter Person  Gurtpflicht. Ebenso füge es sich in das haftungsrechtliche Gesamt-
                                                              system ein.
           Die Klägerin nimmt die Beklagte als behauptete Mitverursacherin
           der Verletzungen der Geschädigten auf Erstattung von 70 % der von
           ihr bisher an diese in sechsstelliger Höhe erbrachten Leistungen so-  Strafwürdiges Verhalten des betrunkenen Autofahrers
           wie für künftige Zahlungen in Anspruch. Sie verweist auf Sachver-    überwiegt

                                                              Der Senat hat jedoch offengelassen, ob bei dem vorliegenden Un-
                                                              fall die Knie der Beklagten in die Rückenlehne des Beifahrersitzes
                                                              eingedrungen waren und dies zu den Wirbelsäulenverletzungen der
                                                              Geschädigten geführt hatte. Angesichts des strafwürdigen, grob
                                                              verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verhalten des Versicherungs-
                                                              nehmers der Klägerin trete eine mögliche Mithaftung der nicht an-
                                                              geschnallten Beklagten zurück. Hierzu hat der Senat auf die von
                                                              der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zur Höhe
                                                              der Mithaftung des Verletzten bei Nichteinhaltung der Gurtpflicht
                                                              im Falle eigener Verletzungen zurückgegriffen und ist von einem
                                                              vergleichbaren Ausnahmefall ausgegangen. Das Urteil ist nicht
                                                              rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

                                                              (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 27.08.2024 – 3 U 81 / 23)












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