Page 31 - Taxikurier Dezember 2024 und Januar 2025
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Fahruntüchtigkeit durch Schnaps-Pralinen?
                                                                AG glaubt Fahruntüchtigkeit durch Schnaps-Pralinen nicht und
                                                                verurteilte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit
                                                                im Verkehr.

                                                              Kann man einem Angeklagten glauben, der seine Fahruntüchtigkeit
                                                              damit erklärt, dass er ein paar Schnaps-Pralinen gegessen habe?
                                                              Das Amtsgericht Frankfurt hat dies in einem Fall abgelehnt, in wel-
             Roetgen in Nordrhein-Westfalen gefahren. In einem Kurvenbereich   chem der Angeklagte zudem behauptete, nichts von dem alkoholi-
           sei ihm plötzlich ein Reh auf die Motorhaube gesprungen. Er habe   schen Inhalt der Pralinen bemerkt zu haben. Der Angeklagte fuhr
           deshalb nichts mehr gesehen und die Kontrolle über das Fahrzeug   im Januar 2024 gegen drei Uhr morgens mit seinen Pkw durch Hof-
           verloren und sei zweimal gegen die rechte Leitplanke gestoßen.   heim am Taunus. Er hatte dabei eine Blutalkoholkonzentration von
           Nach dem Stillstand sei das Reh von der Motorhaube gerutscht.   1,32 ‰. Dadurch war er nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug mit
           Der Kläger habe nach dem Unfall die Polizei verständigt, in    der im Straßenverkehr erforderlichen Sicherheit zu führen.
           deren Anwesenheit lag das tote Reh noch an besagter Stelle.
           An dem Pkw sei ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden.
           Die Versicherung verweigerte eine Regulierung des Schadens mit   Feststellung des Amtsgerichts:
           der  Begründung, dass sich mit Ausnahme des toten Rehs keine   Für 1,32 Promille über 130 Schnaps-Pralinen nötig
             Anzeichen für einen Wildunfall finden ließen.
                                                              Seine Fahruntüchtigkeit, so das Amtsgericht, habe der Angeklagte
                                                              zumindest billigend in Kauf genommen. Das AG belegte den Ange-
           Keine Anknüpfungspunkte für eine Anstoßsituation   klagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr mit einer
                                                              Geldstrafe und ordnete die Entziehung der Fahrerlaubnis an.
           Das Gericht wies die Klage ab. Es sah nach Durchführung der Be-
           weisaufnahme den Nachweis, dass das Reh für den Unfall ursäch-  Der Angeklagte hatte angegeben, dass er nach einem Saunabesuch
           lich war, als nicht geführt an. Das unfallanalytische Sachverständi-  unterzuckert in seinem Fahrzeug auf dem Parkplatz eingeschlafen
           gengutachten konnte zwar einzelne Schäden dem Kontakt mit   sei. Er habe von einem unbekannten Pärchen einen Beutel mit an-
           einer Leitplanke vor Ort zurechnen, jedoch nicht alle insoweit   nähernd tischtennisball-großen, vermutlich mit Vodka gefüllten
           maßgeblichen Beschädigungen an dem Fahrzeug. Anknüpfungs-  Pralinen angeboten bekommen. Von diesen habe er acht oder neun
           punkte, ob es zu einer Anstoßsituation mit einem Reh gekommen   Stück gegessen. Dass diese Pralinen mit Alkohol gefüllt waren,
           ist, haben sich aus technischer Sicht nicht ergeben. Der Kläger hat   habe er beim Verzehr nicht bemerkt.
           keinen Zeugen, der den Unfallhergang beobachtet hat. Der Kläger
           hat auch keine Fotos am Unfallort gefertigt oder von den Polizei-  Diese Angaben hielt das Gericht nach durchgeführter Beweisauf-
           beamten fertigen lassen. Außerdem hat der das Fahrzeug verkauft   nahme für nicht glaubhaft. Nach Einschätzung der Sachverständi-
           und dieses wurde anschließend verschrottet. Insofern hat er es   gen hätte der Angeklagte zum Erreichen der festgestellten Blut-
           vereitelt, dass ein Gerichtssachverständiger weitere Überprüfungen   alkoholkonzentration von 1,32 ‰ ca. 0,2 bis 0,3 Liter eines
           vornehmen konnte.                                  hochprozentigen Getränks (40 bis 60 %) trinken müssen. Dies
                                                                entspräche mindestens 132 Pralinen der Marke „Mon Chéri“.

           Gericht hielt Aussagen des Versicherungsnehmers
           für nicht ausreichend                              Gericht wertete Aussage als nicht glaubhafte Schutzbehauptung

           Nachdem der Kläger Ansprüche gegen seine Versicherung geltend   Auch wenn man zu Gunsten des Angeklagten davon ausgehe,
           machen wollte, hätte es ihm oblegen, entsprechende Beweise    dass dieser nicht neun, sondern sogar zwölf tischtennisball-große
           zu sichern. Der Kläger hat nach eigenen Angaben innerhalb von   Pra linen verzehrt habe, hätte jede dieser Pralinen immer noch
           2–3 Jahren 10 Wildunfälle gehabt und Ansprüche gegenüber un-  mehr als 2 cl, also jeweils einen „Shot“, eines 40 %-igen alkoholi-
           terschiedlichen Versicherungen geltend gemacht, da er die Versi-  schen Getränks enthalten müssen. Ob man ein solches Produkt
           cherungen gewechselt hat. Die Aussagen des Klägers waren in An-  überhaupt noch als „Praline“ bezeichnen und käuflich erwerben
           betracht der oben geschilderten Ausführungen nicht ausreichend,   könne, sei zweifelhaft. Jedenfalls sei es bei dieser Menge „absolut
           um nachzuweisen, dass der geltend gemachte Schaden darauf zu-  fern liegend“, dass der Angeklagte die Alkoholfüllung nicht wahr-
           rückzuführen ist, dass ein Reh auf seiner Motorhaube zum Liegen   genommen haben wolle. Es handele sich um eine nicht glaubhafte
           kam und er zweimal ohne sein eigenes Verschulden eine Leitplanke   Schutzbehauptung. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
             berührt hat. Das Urteil ist rechtskräftig.
                                                              (Amtsgericht Frankfurt am Main,
           (Amtsgericht München, Urteil vom 22.08.2024 – 123 C 13553 ⁄ 23)  Urteil vom 29.08.2024 – 907 Cs 515 Js 19563 ⁄ 24)






                                                                            DEZEMBER 2024 ⁄ JANUAR 2025 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 31
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