Page 16 - Taxikurier Februar 2025
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RECHTSPRECHUNG


            ➔ URTEILE



           Betreiber von Waschanlage haftet für Schaden       Gläubiger die Beweislast dafür, dass der Schuldner eine ihm ob-
           an Auto mit Serienausstattung.                     liegende Pflicht verletzt und diese Pflichtverletzung den Schaden
                                                              verursacht hat. Abweichend davon hat sich allerdings der Schädi-
             Ursache der Beschädigung liegt allein im Obhuts- und Gefah-  ger nicht nur hinsichtlich seines Verschuldens zu entlasten, son-
             renbereich des Waschanlagenbetreibers. Der Bundesgerichtshof   dern muss er auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ihn
             hat über die Haftung des Betreibers  einer Autowaschanlage    keine Pflichtverletzung trifft, wenn die für den Schaden in Be-
             für einen Fahrzeugschaden entschieden.           tracht kommenden Ursachen allein in seinem Obhuts- und Gefah-
                                                              renbereich liegen.
           Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen der Beschädigung sei-
           nes Fahrzeugs in einer von der Beklagten betriebenen Autowasch-  Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Ursache für die Beschädigung
           anlage, einer sogenannten Portalwaschanlage. In der Waschanlage   des klägerischen Fahrzeugs liegt allein im Obhuts- und Gefahren-
           befindet sich ein Hinweisschild, das auszugsweise wie folgt lautet:   bereich der Beklagten. Nach den außer Streit stehenden Feststel-
           „Allgemeine Geschäftsbedingungen Autowaschanlagen ⁄ Portal-  lungen des Berufungsgerichts kam es zu der Beschädigung, weil
           waschanlagen. Die Reinigung der Fahrzeuge in der Waschanlage   die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für das serienmäßig
           erfolgt unter Zugrundelegung der nachfolgenden Bedingungen:    mit einem Heckspoiler ausgestattete Fahrzeug des Klägers geeig-
           Die Haftung des Anlagenbetreibers entfällt insbesondere dann,   net war. Das Risiko, dass eine Autowaschanlage für ein marktgän-
           wenn ein Schaden durch nicht ordnungsgemäß befestigte Fahr-  giges Fahrzeug wie dasjenige des Klägers mit einer serienmäßigen
           zeugteile oder durch nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs   Ausstattung wie dem betroffenen Heckspoiler konstruktionsbe-
           gehörende Fahrzeugteile (z.B. Spoiler, Antenne, Zierleisten o. ä.)   dingt nicht geeignet ist, fällt in den Obhuts- und Gefahrenbereich
           sowie dadurch verursachte Lackkratzer verursacht worden ist,   des Anlagenbetreibers. Daneben kommt keine aus dem Obhuts-
             außer den Waschanlagenbetreiber oder sein Personal trifft grobe   und Gefahrenbereich des Klägers stammende Ursache für den Scha-
           Fahrlässigkeit oder Vorsatz.“ Unter diesem Hinweisschild befindet   den in Betracht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
           sich ein Zettel mit der Aufschrift: „Achtung keine Haftung für   war das Fahrzeug des Klägers vor dem Einfahren in die Wasch-
             Anbauteile und Heckspoiler!“.                    anlage unbeschädigt und der serienmäßige Heckspoiler ordnungs-
                                                              gemäß angebracht sowie fest mit dem Fahrzeug verbunden. Der
           Der Kläger fuhr Ende Juli 2021 mit seinem Pkw der Marke Land     Kläger, dem mit seinem marktgängigen, serienmäßig ausgestatte-
             Rover in die Waschanlage ein, stellte das Fahrzeug ordnungsge-  ten und in ordnungsgemäßem Zustand befindlichen Fahrzeug von
           mäß ab, verließ die Waschhalle und startete den Waschvorgang.   der Beklagten als Betreiberin die Nutzung der Waschanlage eröff-
           Während des Waschvorgangs wurde der zur serienmäßigen Fahr-  net wurde, konnte berechtigt darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug
           zeugausstattung gehörende, an der hinteren Dachkante angebrach-  so, wie es ist, also mitsamt den serienmäßig außen angebrachten
           te Heckspoiler abgerissen, wodurch das Fahrzeug beschädigt   Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen werde.
           wurde. Deswegen verlangt der Kläger von der Beklagten Schadens-  Dieses Vertrauen war insbesondere unter dem Gesichtspunkt der
           ersatz in Höhe von insgesamt 3.219,31 Euro, eine Nutzungsaus-  Risikobeherrschung gerechtfertigt, weil nur der Anlagenbetreiber
           fallentschädigung (119 Euro) für den Tag der Fahrzeugreparatur
           sowie die Freistellung von Rechtsanwaltskosten. Das AG hat die
           Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten
           hat das LG die Klage abgewiesen.


           BGH bejaht Anspruch auf Schadensersatz.

           Die Revision des Klägers war erfolgreich. Sie führte zur Wiederher-
           stellung des amtsgerichtlichen Urteils. Dem Kläger steht wegen
           der Beschädigung seines Fahrzeugs gegen die Beklagte ein ver-
           traglicher Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe
           zu. Der Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs umfasst als
             Nebenpflicht die Schutzpflicht des Waschanlagenbetreibers, das
           Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu
           bewahren. Geschuldet sind diejenigen Maßnahmen, die ein um-
           sichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger
           Anlagenbetreiber für notwendig und ausreichend halten darf, um
           andere vor Schäden zu bewahren. Hierbei trägt grundsätzlich der






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