Page 18 - Taxikurier Februar 2025
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Radfahren darf nicht verboten werden.              Hartnäckiges äußerst dichtes Auffahren mit Betätigung
                                                              der Lichthupe und Hupe rechtfertigt Anordnung zur
             Keine Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien   Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.
             Fahrzeugen nach Alkoholfahrt oder Fahrt unter dem Einfluss
             von Amphetamin.                                    Zulässige Rückschlüsse auf Gefährlichkeit des Betroffenen.
             Die Fahrerlaubnis-Verordnung bietet keine rechtliche Grundlage   Fährt ein Autofahrer hartnäckig äußerst dicht auf ein anderes
             für eine behördliche Untersagung des Führens von fahrerlaub-  Fahrzeug auf und betätigt die Lichthupe sowie die Hupe, so
             nisfreien Fahrzeugen (u. a. Fahrräder, Mofas, E-Scooter).    rechtfertigt dies die Anordnung zur Beibringung eines medizi-
             Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ent-  nisch-psychologischen Gutachtens. Denn ein solches Verhalten
             schieden. Damit sind zwei Antragsteller aus Duisburg und   lässt den Rückschluss zu, dass der Autofahrer für die Verkehrs-
             Schwerte vorläufig wieder berechtigt, mit solchen Fahrzeugen   sicherheit gefährlich ist. Dies hat der Verwaltungs gerichts hof
             am Straßenverkehr teilzunehmen.                    München entschieden.

           Ein Antragsteller fuhr unter dem Einfluss von Amphetamin einen   Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Nachmit-
           E-Scooter. Der andere Antragsteller wies bei einer Fahrt mit dem   tag im Dezember 2019 in Bayern fuhr ein Autofahrer für ca. 550 m
           Fahrrad eine Blutalkoholkonzentration von über 2 ‰ auf. Beide   unter mehrfacher Betätigung der Lichthupe und Hupe so dicht auf
           besitzen keine Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen     ein Fahrzeug einer Zivilstreife auf, dass die Polizeibeamten im
           (z. B. Pkw). In beiden Fällen untersagten die Fahrerlaubnisbehör-  Rückspiegel das Kennzeichen nicht mehr ablesen konnten und der
           den ihnen das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen. Die   Kühlergrill nicht mehr zu sehen war. Wegen dieses Verhaltens wur-
           hiergegen gerichteten Eilanträge lehnten die Verwaltungsgerichte   de der Autofahrer vom Amtsgericht Augsburg wegen versuchter
           Düsseldorf und Gelsenkirchen ab. Die Beschwerden der Antrag-  Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem ordnete die zustän-
           steller hatten beim Oberverwaltungsgericht Erfolg.  dige Behörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen
                                                              Gutachtens an. Da der Autofahrer dem nicht nachkam, entzog ihm
                                                              die Behörde die Fahrerlaubnis. Den dagegen gerichteten Eilantrag
           Fahrerlaubnis-Verordnung bietet keine Möglichkeit    lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg ab. Nunmehr hatte der
           für eine Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien   Verwaltungsgerichtshof München über die Beschwerde des Auto-
           Fahrzeugen.                                        fahrers zu entscheiden.

           Zur Begründung hat der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts
           ausgeführt: Die streitigen Anordnungen können nicht auf die   Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung
             Vorschrift der Fahrerlaubnisverordnung gestützt werden, wonach   wegen fehlender Vorlage des Gutachtens.
           die Fahrerlaubnisbehörde jemandem das Führen von Fahrzeugen
           zu untersagen hat, der sich als hierfür ungeeignet oder nur noch   Der Verwaltungsgerichtshof München bestätigte die Entscheidung
           bedingt geeignet erweist. Denn diese Norm ist nicht hinreichend   des Verwaltungsgerichts. Die Fahrerlaubnisentziehung sei wegen
             bestimmt und verhältnismäßig. Ein solches Verbot schränkt die   der fehlenden Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutach-
           grundrechtlich geschützte Fortbewegungsmöglichkeit der Betroffe-  tens rechtmäßig. Die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens
           nen deutlich ein. Außerdem sind fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge im   sei zu Recht erfolgt. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Nr. 5
           Vergleich zu Kraftfahrzeugen in der Regel weniger gefährlich.    FeV seien erfüllt. Der bei Teilnahme am Straßenverkehr begangene
           Die Vorschrift berücksichtigt diese Aspekte nicht und regelt ins-  Nötigungsversuch sei durch Hartnäckigkeit und konkret gefährli-
           besondere nicht hinreichend klar, in welchen Fällen jemand un-  ches Handeln gekennzeichnet gewesen. Ein derartiges Fehlverhal-
           geeignet oder bedingt geeignet zum Führen fahrerlaubnisfreier   ten lasse tragfähige Rückschlüsse darauf zu, dass der Fahrer gera-
           Fahrzeuge ist und wann Eignungszweifel bestehen.   de für die Verkehrssicherheit gefährlich sei.

           Mit den Entscheidungen schließt sich der Senat der Rechtsprechung   (Verwaltungsgerichtshof München,
           des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 17.04.2023 –   Beschluss vom 28.10.2021 – 11 CS 21.2148)
           11 BV 22.1234 –) und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz
           (Urteil vom 20.03.2024 – 10 A 10971/23.OVG –) an.

           Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts sind unanfechtbar.
           (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen,
           Beschluss vom 05.12.2024 – 16 B 175 ⁄ 23)
















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