Page 17 - Taxikurier Februar 2025
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Schadensprävention betreiben kann, wohingegen der Kunde regel-
           mäßig sein Fahrzeug der Obhut des Betreibers überantwortet,
           ohne die weiteren Vorgänge selbst beeinflussen zu können. Anders
           als der Betreiber, der es in der Hand hat, bestimmte Fahrzeug-
           modelle, die er für schadensanfällig hält, von der Benutzung sei-
           ner Anlage auszuschließen und dadurch das Risiko einer Beschädi-
           gung zu verringern, ist es dem Kunden regelmäßig nicht möglich,
           solche Waschanlagen von vornherein zu identifizieren und zu mei-
           den, die konstruktionsbedingt nicht geeignet sind, sein Fahrzeug
           ohne ein erhöhtes Schadensrisiko zu reinigen.


           Hinweise an Waschanlage: Betreiber haftet trotzdem.

           Die hiernach gegen sie streitende Vermutung der Pflichtverletzung
           hat die Beklagte nicht widerlegt und den ihr obliegenden Nach-
           weis fehlenden Verschuldens nicht geführt. Ihr Vortrag, die Gefahr
           der Schädigung des serienmäßig angebrachten Heckspoilers sei
           ihr nicht bekannt gewesen, weil sich ein solcher Vorfall bislang in   Kfz-Versicherung muss angeblich manipulierten Unfall
           der Waschanlage nicht ereignet habe, sie habe diese Gefahr auch   beweisen können.
           nicht kennen müssen und hierfür keine konkreten Anhaltspunkte
           gehabt, eine hypothetische Erkundigung hätte zudem an dem kon-  Bei einem (echten) Verkehrsunfall muss die Haftpflicht-
           kreten Schadensereignis nichts geändert, genügt zu ihrer Entlas-  versicherung für die Schäden aufkommen.
           tung nicht. Es fehlt schon an der Darlegung, ob die Beklagte – die
           sich ausweislich der in der Waschanlage angebrachten Schilder der   Geht die Versicherung aber von einer Unfallmanipulation aus,
           Gefahr einer Beschädigung insbesondere von Heckspoilern grund-  dann muss sie beweisen, dass der Geschädigte mit dem „Unfall“
           sätzlich bewusst war - sich darüber informiert hat, für welche   einverstanden war. Das Landgericht Lübeck hat eine solche
           Fahrzeuge ihre Anlage konstruktionsbedingt ungeeignet ist und     Manipulation kürzlich verneint und die Versicherung zur Zah-
           daher ein erhöhtes Schadensrisiko besteht. Ebenso wenig ist dar-  lung verurteilt.
           getan, dass sie keine Informationen bekommen hätte, auf deren
           Grundlage die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs vermieden   Ein junger Mann hatte eine Party im Hause der Eltern gefeiert.
           worden wäre.                                       Um zwei Uhr nachts fuhr ein Gast rückwärts gegen das Auto des
                                                              Gastgebervaters. Der Vater forderte die Haftpflichtversicherung
           Die Beklagte hat sich ferner nicht durch einen ausreichenden   zum Schadensersatz auf, doch die weigerte sich zu zahlen.
             Hinweis auf die mit dem Waschvorgang verbundenen Gefahren   Sie meinte, der Gast sei – in Absprache mit dem Gastgeber – ab-
             entlastet. Das in der Waschanlage angebrachte, mit „Allgemeine   sichtlich gegen das Auto gefahren, um die Versicherungssumme
           Geschäftsbedingungen Autowaschanlagen ⁄ Portalwaschanlagen“   zu  kassieren. Das Landgericht Lübeck entschied, dass die Versiche-
           überschriebene Schild reicht als Hinweis schon deshalb nicht aus,   rung die Schäden ersetzen muss. Das Gericht hatte den Fahrer und
           weil es ausdrücklich nur „nicht ordnungsgemäß befestigte Fahr-  weitere Partygäste zu dem Vorfall befragt und ein technischer
           zeugteile oder nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs gehören-  Sachverständige wurde auch hinzugezogen. Daraus ergab sich für
           de Fahrzeugteile (z. B. Spoiler)“ erwähnt. Nicht nur fällt der Heck-  das Gericht, dass der Fahrer aus Versehen gegen das Auto des
           spoiler des klägerischen Fahrzeugs nicht hierunter, weil er zur     Vaters gefahren sei und es gerade keine Verabredung zu einem
           Serienausstattung gehört und ordnungsgemäß befestigt war, son-    manipulierten Unfall gegeben habe.
           dern die ausdrückliche Beschränkung auf nicht serienmäßige Fahr-
           zeugteile ist sogar geeignet, bei dem Nutzer das Vertrauen zu be-  Bei einem Verkehrsunfall müsse der Geschädigte beweisen, dass
           gründen, mit einem serienmäßig ausgestatteten Pkw die Anlage   der Schädiger sein Fahrzeug beschädigt hat. Meint die Haftpflicht-
           gefahrlos benutzen zu können. Ebenso wenig stellt der darunter   versicherung, der Unfall sei abgesprochen gewesen, müsse sie be-
           befindliche Zettel mit der Aufschrift „Keine Haftung für Anbauteile   weisen, dass der Geschädigte mit der Beschädigung einverstanden
           und Heckspoiler!“ einen ausreichenden Hinweis dar. Angesichts des   war. Eine solche Beweisführung ist der Versicherung aber nicht
           darüber befindlichen Schildes mit der ausdrücklichen Beschränkung     gelungen. Anders könne es bei einer Häufung von sogenannten
           auf nicht zur Serienausstattung gehörende Teile wird für den   Beweiszeichen für eine Unfallmanipulation sein, zum Beispiel bei
           Wasch anlagennutzer schon nicht hinreichend klar, dass – gegebe-  einer scheinbar klaren Schuldfrage wie rechts-vor-links Verstößen
           nenfalls – von diesem Hinweis auch die Nutzung der Waschanlage   an abgelegenen Orten in den späten Abendstunden, wenn mit
           durch Fahrzeuge mit serienmäßigem Heckspoiler erfasst sein soll.    unbeteiligten Zeugen nicht zu rechnen sei.

           (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.11.2024 – VII ZR 39 ⁄ 24)  (Landgericht Lübeck, Urteil vom 26.09.2024 – 3 O 193 ⁄ 22)






                                                                                       FEBRUAR 2025 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 17
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