Page 20 - Taxikurier August 2020
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Fotos: atelier-tacke.de
➔ 111 ORTE IN MÜNCHEN
Urlaub zuhause? Dank Corona ist diese Frage aktueller denn je. Oder um Eugen Roth zu zitieren: „Vom Ernst des Lebens halb
verschont, ist der schon, der in München wohnt“ – mit anderen Worten, dankbar zu sein, dort wohnen zu dürfen, wo andere
Urlaub machen. Dabei ist unsere Münchner Stadt reich an Schätzen und Orten, die einem Ausflug oder Spaziergang als Ziel dienen,
aber im Alltagstrott gar nicht als solche wahrgenommen werden. Die Buchreihe „111 Orte“ präsentiert Nahziele, die jeder
Münchner oder jede Münchnerin einmal gesehen haben sollte. Von den 111 Orten präsentieren wir hier unsere 11 Favoriten –
und hoffen, dass Sie die Anregungen aufnehmen und die eine oder andere Tour starten. Viel Spaß und gute Erholung!
DIE BASILIKA ST. BONIFAZ (11) Bomben im Zweiten Weltkrieg zerstörten DER BOGENHAUSENER FRIEDHOF (13)
die Basilika erheblich. Nur die Außenmau-
Eine eigenwillige Ausstattung und ein ern und 20 Säulen des südlichen Eingangs Begraben inmitten großer Künstler
verstecktes Kloster zur Karlstraße hin blieben stehen. Die Rui-
ne des hinteren Teils der Basilika wurde
An dieser Kirche laufen oder fahren die schließlich abgerissen, die aus dunkelrotem
meisten Münchner vorbei. Dabei ist es Backstein und hellem Kalkstein bestehen-
mehr als lohnend, einmal die schweren den Säulenarkaden der Vorderfront und
Bronzetüren zu öffnen und einen Blick ins etwa ein Drittel des alten Kirchenschiffes
Innere dieser Kirche zu werfen. Immerhin mit zwei seitlichen Kapellenräumen wurden
steht hier der Marmorsarkophag Ludwigs I. grundsaniert und im November 1975 ge-
von Bayern. weiht.
Ursprünglich war die von König Ludwig I. Mitte der 1990er Jahre wurde der Innen-
initiierte, überwiegend aus seiner Privat- raum der Basilika durch Bildhauer Friedrich
schatulle finanzierte und von Baumeister Koller und Kunstmaler Peter Burkart neu
Georg Friedrich Ziebland (1800–1873) nach gestaltet, zu einer mit bunten Gemälde-
der Architektur frühchrist licher Basiliken zyklen, lichtdurchfluteten, durch runde
Italiens entworfene und 1850 fertiggestell- Bankreihen zentrierten Kirche, in der ei-
te Basilika St. Bonifaz fünfschiffig. Mit ei- gentlich nur noch die Säulenreihen den al-
ner Länge von 76 Metern und einer Breite ten Charakter symbolisieren. Eine Kirche,
von 36 Metern war sie mit 66 Marmorsäu- die auf den ersten Blick so überhaupt nicht Wen man hier alles trifft, wer hier alles
len und einer üppigen Innenausstattung katholisch wirkt. Möglicherweise ganz im liegt! Gleich neben dem schmiedeeisernen
versehen. Von Anbeginn stand die Kirche Sinne Ludwigs I., der diese seine Kirche Tor im Süden des Friedhofs liegt in Grab
auf besonderen Wunsch Ludwigs I. unter immer auch als Ort von Religion, Wissen- Nummer eins Johann von Lamont, Astro-
der Regie der Benediktinermönche, die ne- schaft und Kunst verstanden wissen wollte, nom und Leiter der Sternwarte Bogen-
ben Kloster Andechs nun auch das Kloster als er zu Lebzeiten bestimmte, in dieser hausen. Einige Schritte weiter ruht Liesl
in St. Bonifaz bezogen. Basilika beigesetzt zu werden. Karlstadt, begnadete Partnerin von Karl
Valentin, in schlichtem Grab mit rotem
Herzen. Dann ist da Rainer Werner Fassbin-
der, um dessen Bestattung hier in Bogen-
hausen heftig gestritten wurde. Und
Schriftsteller Oskar Maria Graf liegt hier
und Karikaturist Ernst Hürlimann. Der er-
mordete Schauspieler Walter Sedlmayr gibt
sich die Ehre, ebenso wie sein Kollege
Werner Kreindl. Der Musiker und Dirigent
Hans Knappertsbusch, der Bildhauer Hans
Wirnmer und der Schriftsteller Erich Käst-
ner haben hier ihre letzte Ruhe gefunden.
Und schließlich steht man am Grab des
2011 gestorbenen Filmproduzenten Bernd
Eichinger.
Malerisch gelegen, am Isarhochufer in
Bogenhausen, schmiegt sich dieser kleine
Friedhof, der an beerdigter Prominenz
seinesgleichen sucht, um die spätbarocke
Dorfkirche St. Georg. Eigentlich der Fried-
hof der Bogenhauser Bürger, werden hier
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