Page 25 - Taxikurier April 2022
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locker und war schnell ausgegeben. Es kam
schon mal vor, dass ein zahlungsunwilliger
GI, vermutlich mit einer Fallschirmjäger-
ausbildung, aus dem fahrenden Taxi mit
einer Rolle seitwärts entfleuchte.
Verkehrserschließungen
Selbst völlig durch Bomben zerstörte Stra-
ßen wurden exakt nach der Vorkriegsbebau-
ung wiederhergestellt, da die Finanzkraft für
modernere Maßnahmen fehlte. Als Nebenef-
fekt wurde der dörfliche Charakter mit allen
Nachteilen erhalten. Heute ist es unvorstell-
bar, dass in den 60er Jahren Urlauber aus
Augsburg oder Stuttgart kommend über den
Bahnhofsplatz, Stachus, Marienplatz und das
Tal nach Rosenheim oder Salzburg fuhren.
In Richtung Flughafen Riem und Mühldorf
stand nur die Eggenfeldener Straße zur Ver-
fügung, was einen Dauerstau produzierte.
Die Landshuter Allee war eine Grünfläche.
Der Verkehr quälte sich über die Donnerber-
ger Brücke und die gleichnamige Straße zum
Rot-Kreuz-Platz. In der Bayerstraße und der
Neuhauser und Kaufinger Straße mussten
sich die Trambahnen, Autos und Fußgänger
den engen Verkehrsraum teilen. Am ver- Baumaßnahmen legt werden, aber in der Regel wurden sie
kehrswichtigsten Platz Europas, dem Sta- einfach aufgelöst. Bei jeder Maßnahme
chus, mussten bis zu vier Verkehrspolizisten Im Mai 1967 wurde mit dem Bau der meldeten sich alle möglichen Leute mit
bei jedem Sauwetter den Verkehr regeln. U-Bahn zum Olympiazentrum begonnen. Einwänden.
Da viele U-Bahnschachtarbeiten in offener
München war, mit Verlaub Bauweise durchgeführt wurden, mussten Die Neugestaltung der Fußgängerzone ent-
gesagt, ein Kaff. Den An- die Fahrbahnen auf Stahlkonstruktionen wickelte sich zu einem Kunstwerk. Die Aus-
stoß für die Olympiabe- über den Baugruben verlegt werden. So gestaltung des Erscheinungsbildes oblagen
werbung gab im Februar wurden in der Ludwigstraße Fahrbahn- Prof. Bernhard Winkler und Siegfried
1964 der Zweite Bürger- brücken entlang der Häuserfassaden über Meschederu, die allein die Aufstellung
meister Georg Brauchle. die offenen Baugruben mit 30 Metern Tiefe von Standplatztafeln oder Hinweisschildern
Die Bewerbung betrieb geführt. Bei den massiven Verkehrsein- als Gotteslästerung empfanden. Der einzige
der damalige Oberbürger- schränkungen waren Dauerstaus die logi- brauchbare Taxistand im Umgriff der Fuß-
meister Dr. Hans- Jochen sche Folge. Regelmäßig brach der Innen- gängerzone war am Stachus. Der kümmer-
Vogel. Eröffnet wurden stadtverkehr ab 15 Uhr zusammen. Häufig liche Platz in der Ettstraße fristet heute
die Spiele dann am 26. August 1972 durch bezahlten Fahrgäste im Stau fest sitzende noch sein trauriges Dasein. Am Marienplatz
den Oberbürgermeister Georg Kronawitter. Taxis und setzten den Weg zu Fuß fort. besteht nach 50 Jahren noch keine Mög-
Hauptleidtragende am fünfjährigen Ver- Der Fahrdienst war ein Grauen. lichkeit, für Fußgänger mit Gepäck ein Taxi
kehrschaos durch die immensen Baumaß- zu finden.
nahmen waren alle Taxikollegen. Fest steht,
ohne die Spiele und die massive finanzielle Taxistandplätze Das Olympiagelände war ein Übungsplatz
Unterstützung durch Freistaat und Bund für Farbkünstler in „blassblau“. Hier hatten
hätte München den Ausbau des Verkehrs und Wegen der ständig wechselnden Baustellen die Gewaltigen keinerlei Verständnis für
der übrigen Infrastruktur nie geschafft. mussten auch Taxistandplätze häufig ver- so etwas Altmodisches wie ein Taxi. Trotz
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