Page 14 - Taxikurier August 2022
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RECHTSPRECHUNG
➔ URTEILE
Untersagung des Führens von Fahrrädern wegen Missachtung Entziehung der Fahrerlaubnis auch bei ärztlich verordnetem
der Anordnung zur Einholung eines medizinisch- amphetaminhaltigen Medikament möglich
psychologischen Gutachtens nach Trunkenheitsfahrt
Fehlende Fahreignung bei Dauerbehandlung mit amphetaminhal-
Sturz von Fahrrad mit BAK von 1,8 Promille tigen Arzneimitteln und drogentypischen Ausfallerscheinungen
Ergeht gegen einen Fahrradfahrer die Anordnung zur Einholung Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber im Rahmen einer Dauerbehandlung
eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, weil er mit einer Arzneimittel mit dem Wirkstoff Amphetamin ein, bleibt es bei der
BAK von 1,8 Promille vom Fahrrad stürzte, und missachtet er die wissenschaftlich gestützten Annahme, dass bereits die einmalige
Anordnung, kann ihm das Führen von Fahrrädern im öffentlichen Einnahme dieser Droge die Fahreignung ausschließt, wenn drogen-
Straßenraum mit sofortiger Wirkung untersagt werden. Dies hat der typische Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Dies entschied
Bayerische Verwaltungs gerichts hof entschieden. das Verwaltungsgericht Koblenz in einem Eilverfahren.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einer Nacht im Sep- Anfang des Jahres wurde der Antragsteller im Rahmen eines Polizei-
tember 2020 stürzte in Bayern ein Fahrradfahrer und zog sich dabei einsatzes mit einem Pkw angetroffen. Dabei stellten die Polizei-
eine Platzwunde zu. Eine Blutprobe ergab eine BAK von 1,8 Promil- beamten bei ihm drogentypische Ausfallerscheinungen fest. Die
le. Wegen des Vorfalls wurde er wegen fahrlässiger Trunkenheitsfahrt toxikologische Untersuchung ergab eine Amphetamin-Konzentration
verurteilt. Zudem verlangte die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage im Blut des Antragstellers. Daraufhin entzog ihm die Fahrerlaubnis-
eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Nachdem der Rad- behörde des Rhein-Hunsrück-Kreises die Fahrerlaubnis. Hiergegen
fahrer dieser Aufforderung nicht nachkam, untersagte ihm die Be- wandte sich der Antragsteller mit einem Eilantrag beim Verwal-
hörde mit sofortiger Wirkung das Führen von Fahrrädern auf öffent- tungsgericht Koblenz. Im gerichtlichen Verfahren legte er eine ärzt-
lichen Straßen. Dagegen erhob der Radfahrer Klage und beantragte liche Bescheinigung vor, wonach ihm das Medikament „Elvanse”
Eilrechtsschutz. Er meinte, die Behörde hätte mildere Maßnahmen verordnet wurde. Dieses enthält einen Wirkstoff aus der Stoffgruppe
ergreifen müssen. Das Verwaltungsgericht Würzburg wies den Eil- der Amphetamine.
antrag ab, wogegen sich die Beschwerde des Radfahrers richtete.
Richter bestätigen die Entziehung der Fahrerlaubnis
Rechtmäßigkeit der Untersagung des Führens von Fahrrädern
Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Die Entziehung der
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung Fahrerlaubnis sei, so die Koblenzer Richter, rechtmäßig. Denn der
des Verwaltungsgerichts. Solange der Betroffene ein zu Recht ange- Antragsteller habe sich aufgrund der Einnahme von Amphetamin,
ordnetes Eignungsgutachten nicht beibringt, dürfe die Fahrerlaub- einer harten Droge, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen
nisbehörde nach § 11 Abs. 8 FeV davon ausgehen, dass seine Unge- erwiesen.
eignetheit zum Führen von Fahrzeugen feststehe und eine bedingte
Eignung nicht bestehe. Zwar solle das Gutachten auch klären, ob
eine Beschränkung oder Auflagen ausreichend sein können. Werde Ausschluss der Fahreignung schon bei einmaliger Einnahme
aber das Gutachten nicht beigebracht, bleibe der Behörde keine von Amphetamin
andere Möglichkeit, als zum Ausschluss der Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Regelmäßig genüge zum Ausschluss der Fahreignung schon die ein-
Straßenverkehrs das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen malige Einnahme von Amphetamin. Dass das im Blut des Antrag-
ohne Einschränkung zu untersagen. stellers festgestellte Amphetamin von einem ärztlich verordneten
Medikament stamme, ändere an dieser rechtlichen Bewertung nichts.
(Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Nach der für die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln vorrangigen
Beschluss vom 25.04.2022 – 11 CS 21.2988) Sondervorschrift in der Fahrerlaubnis-Verordnung scheide eine Fahr-
eignung dann aus, wenn eine Beeinträchtigung der Leistungsfähig-
keit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß
vorliege. Die für die Fahreignung bei der Einnahme von Medizinal-
Cannabis geltenden Anforderungen seien bei einer Dauerbehandlung
mit amphetaminhaltigen Arzneimitteln angesichts der damit einher-
gehenden Gefahr des Kontrollverlustes und plötzlichen Leistungs-
abfalls noch enger zu fassen.
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