Page 15 - Taxikurier August 2022
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Ausfallerscheinungen                               den bevorrechtigten, rechtsabbiegenden klägerischen Kleinbus nicht
                                                              durchfahren ließ. Wer nach links abbiegen will, müsse entgegen-
           Stelle eine Medikation mit amphetaminhaltigen Medikamenten   kommende Fahrzeug, die nach rechts abbiegen wollen, durchfahren
             demnach nicht sicher, dass beim Patienten drogentypische Ausfall-  lassen.
           erscheinungen ausgeschlossen werden, führe dies zur Ungeeignet-
           heit des Betreffenden zum Führen von Kraftfahrzeugen. So lägen die
           Dinge im Falle des Antragstellers. Da bei ihm auf Amphetamin zu-  Rechtsabbieger darf auf linken Fahrstreifen einbiegen
           rückzuführende Ausfallerscheinungen wie gerötete/wässrige Augen
           und lichtstarre, geweitete Pupillen sowie Zittern und Unruhe fest-  Dem Fahrer des Kleinbusses sei es nach Ansicht des Amtsgerichts
           gestellt worden seien, halte er sich entweder nicht an die ärztlich   nicht untersagt gewesen, an dem vor ihm fahrenden Rechtsabbieger
           verordnete Dosis oder die Verordnung stelle nicht sicher, dass die   vorbei auf die linke Fahrspur zu fahren. Ist die Straße, in die abge-
           Einnahme des medizinischen Amphetamins nicht zu Ausfallerschei-  bogen werden soll, zweispurig, so habe der bevorrechtigte Rechts-
           nungen führe. Es spreche nach dem Polizeibericht auch vieles dafür,   abbieger grundsätzlich auch ein Wahlrecht, welchen Fahrstreifen er
           dass der Antragsteller trotz der Ausfallerscheinungen am Straßen-  dort befahren will. Das Vorfahrtsrecht des Rechtsabbiegers beziehe
           verkehr teilgenommen habe.                         sich auf beide Fahrspuren. Darauf müsse sich ein Linkabbieger ein-
                                                              stellen. Er dürfe nicht darauf vertrauen, der Rechtsabbieger werde
           (Verwaltungsgericht Koblenz,                       nur in den rechten Fahrstreifen abbiegen.
           Beschluss vom 19.05.2022 – 4 L 455 ⁄ 22.KO)
                                                              Kein Vorliegen eines Fahrstreifenwechsels
           Rechtsabbieger darf beim Abbiegen in zweispurige Straße    durch Rechtsabbieger
           in linke Fahrspur einfahren
                                                              Nach Auffassung des Amtsgerichts liege auch kein Fahrstreifenwech-
                                                              sel gemäß § 7 Abs. 5 StVO durch den Fahrer des Kleinbusses vor.
           Linksabbieger muss Vorfahrsrecht des Rechtsabbiegers beachten  Die linke Fahrspur der einbiegenden Straße stelle sich lediglich als
                                                              Fortsetzung der linken Rechtsabbiegerspur dar. Es liege lediglich ein
           Ein Rechtsabbieger, der in eine zweispurige Straße einbiegen will,   Überfahren von Leitlinien bei der Ausübung des Vorfahrtsrechts vor.
           darf auswählen, ob er in die rechte oder linke Fahrspur einfahren
           will. Ein Linksabbieger muss das Vorfahrtrecht des Rechtsabbiegers   (Amtsgericht Brandenburg a. d. Havel,
           in jedem Fall beachten. Dies hat das Amtsgericht Brandenburg   Urteil vom 27.05.2022 – 31 C 290 ⁄ 20)
             entschieden.

           Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2019
             ereignete sich am frühen Nachmittag auf einer ampelgesteuerten
           Kreuzung in Brandenburg an der Havel ein Verkehrsunfall zwischen
           einem Kleinbus und einem Pkw. Der Fahrer des Kleinbusses wollte
           nach rechts in eine zweispurige Straße einbiegen. Da vor ihm ein
           anderer Rechtsabbieger in die rechte Fahrspur einfahren wollte,
             entschied sich der Kleinbus-Fahrer dazu, in die linke Fahrspur einzu-
           fahren. Zur gleichen Zeit wollte der Pkw-Fahrer als Linkabbieger
           ebenfalls in die linke Fahrspur einfahren. Es kam zu einem Zusam-
           menstoß der beiden Fahrzeuge. Nachfolgend klagte der Halter des
           Kleinbusses gegen Fahrer des Pkw und dessen Haftpflichtversiche-
           rung auf Zahlung von Schadensersatz.


           Anspruch auf Schadensersatz wegen Vorfahrtsverletzung durch
           Linkabbieger

           Das Amtsgericht Brandenburg entschied zu Gunsten des Klägers.
           Ihm stehe ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Der Beklagte habe
           eine Vorfahrtsverletzung begangen, als er entgegen § 9 Abs. 4 StVO






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