Page 22 - Taxikurier August 2023
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Die namenlose Straße
Die nun folgende, den Park querende, na-
menlose Straße bildet die Grenze zwischen
dem Lehel und Schwabing. Im Jahr 1937
war die Königinstraße zu einer 30 Meter
breiten Verkehrsmagistrale ausgebaut, der
Englische Garten entlang der Straße ent-
sprechend zurechtgestutzt worden und sie
kreuzte sich nun an der Thiemestraße mit
der Ost-West-Verbindung in Richtung Bo-
genhausen, woraus sich die erstaunliche
Breite dieser namenlosen Straße noch heu-
te erklärt. Noch im Jahr 1952 bemühte sich
beispielsweise die „Deutsche Gasolin AG“
um die Pachtung des günstig gelegenen
Geländes an der nordwestlichen Ecke der
wichtigen Kreuzung, um dort eine „Groß-
tankstelle mit Wagenpflegestation“ zu er-
richten. Doch inzwischen hatte das Außen-
ministerium der USA das Gelände gekauft,
um Wohnungen für die Angestellten ihrer
zahlreichen Dienststellen zu schaffen. In
den 1960er-Jahren wurde die Querung des
Englischen Gartens dann für den allgemei-
nen Verkehr gesperrt und nur noch Busse
verkehrten dort. Seit vielen Jahren disku-
tieren die Regierung von Oberbayern als
Besitzerin und die Stadt München als Nut-
zerin, ob dort eine Straßenbahn gebaut
wird oder nicht.
Nördlicher Hirschanger
Weiter geht es mit den baulichen Sehens-
würdigkeiten, bei denen man sich als Lo-
kalpatriot in aller Bescheidenheit fragt, ob
der Englische Garten neben dem Schloss-
➔ Die Holzkonstruktion des 25 Meter ho- ➔ Das Rumfordschlössl entstand 1791 park Nymphenburg und dem Olympiagelän-
hen Chinesischen Turmes entstand zwi- als Offizierskasino und ist heute ein de nicht für einen Eintrag in die Liste des
schen 1789 und 1790 nach dem Vorbild Natur- und Kulturtreffpunkt für Kinder. UNESCO-Weltkulturerbes geeignet wäre:
der chinesischen Pagode im Botani- Die Pläne für das klassizistische Gebäu-
schen Garten von Kew, heute ein Stadt- de stammen vom Architekten Johann ➔ Der künstlich angelegte Kleinhesseloher
teil von London. Damit passt er thema- Baptist Lechner (1758–1809, die Lech- See (Seestraße von 1890, die Straße
tisch gut zum „Englischen“ Garten. nerstraße von 1928 ist nicht nach ihm namens Kleinhesselohe von 1927) mit
Während des Zweiten Weltkrieges wurde benannt). seinen drei Inseln (Königsinsel, Kurfürs-
er von einer Bombe getroffen, brannte
ab und wurde 1952 wiedereröffnet.
Der Chinesische Turm gilt heute als das
Wahrzeichen des Englischen Gartens
schlechthin und Biergarten, Gastrono-
mie sowie Karussell tragen dazu noch
bei. Die ehemals landwirtschaftlich
genutzten Gebäude beim Chinesischen
Turm, wo die Soldaten Gartenarbeit
kennen lernen und sich in der Viehzucht
üben sollten, sind ebenfalls übrig ge-
blieben. Noch bis 1973 gab es hier
43 Kühe sowie sechs Pferde, heute
befinden sich der Betriebshof und die
Parkverwaltung in den Gebäuden.
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