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1896 errichtet, um 1900 ausgebaut.
Blankziegelbau, die zweigiebelige Turbi-
nenhalle den Eisbach überbrückend, an-
liegend die Kesselhalle; die ursprüngli-
che Maschineneinrichtung teilweise
erhalten.“
➔ Heute schwer vorstellbar, dass das
ganze Parkgelände nördlich davon von ➔ Das alte Umspannwerk an der Gyßling- Das nördliche Ende des
1838 bis 1933 die Maschinen- und straße 72 steht unter Denkmalschutz: Englischen Gartens
Lokomotiv fabrik Maffei war. Im Jahr „Ehemaliges Umspannwerk Hirschau der
1837 kaufte der Münchner Unternehmer Städtischen Elektrizitätswerke, mehr- Der Aujägermeister kümmerte sich um den
Joseph Ritter von Maffei (1790–1870, teiliger kubischer Baukomplex in Sicht- Wildbestand des Englischen Gartens und
Maffeistraße von 1873) die Hirschau ziegelmauerwerk mit Flachdächern im bewirtete die adligen Teilnehmer an den
und errichtete dort ab 1838 ein zu- Stil der Neuen Sachlichkeit mit 25- Jagden des Münchner Hofes. Er gehörte
nächst noch recht kleines Walz- und Kilovolt-Haus, Werkstatt und Steuer- dem Militär an, erkennbar am Namen des
Hammerwerk. Die Fabrik erfuhr dann haus, nach Plänen des Städtischen Oberstjägermeisterbaches. Bis zur Anlage
eine rasante Entwicklung und innerhalb Hochbauamtes (Stadtbaurat Fritz Beblo) des Parkes im Lehel ansässig, zog der Aujä-
weniger Jahre entstand eines der be- errichtet, 1930/1931; Freiluft-Schalt- germeister 1807 an das nördliche Ende des
deutendsten Unternehmen der industri- anlage; mit technischer Ausstattung.“ Englischen Gartens. Daraus entwickelte sich
ellen Frühzeit Münchens und einer der Heute haben dort Kunstschaffende ihre eine Ausflugsgaststätte für alle Schichten
führenden deutsche Hersteller von Loko- Studios. Fritz Beblo (1872-1947) erhielt der Bevölkerung, in Kurzform der „Aumeis-
motiven. Im Jahr 1847 arbeiteten be- 1955 seine Beblostraße. ter“ an der Sondermeierstraße 1. In der
reits 500 Menschen bei Maffei und bis Denkmalschutzliste heißt es: „Klassizisti-
1929 waren es 3.600 geworden. ➔ Das Stauwehr Oberföhring ist das erste sches Walmdachhaus am Nordende des Eng-
Bauwerk am dort beginnenden Mittlere- lischen Gartens, 1810–1811 als Aujäger-
Während der Weltwirtschaftskrise von Isar-Kanal, der nach 64 Kilometern meisterhaus von Joseph Deiglmayr erbaut.“
1929 bis 1933 fusionierten die beiden oberhalb von Landshut wieder in die Der Aumeisterweg von 1931 führt auch
Lokomotivfabriken Krauss und Maffei Isar mündet. Es dient dazu, die Isar um dorthin: „Ehemals Forsthaus, jetzt Aus-
und verlegten ihre Produktion nach rund sechs Meter aufzustauen und ihr flugsgaststätte.“ Der Englische Garten
Allach. Die Gebäude wurden erst 1952 Wasser in den Kanal abzuleiten, um die geht nördlich des Aumeisters nahtlos in
vollständig abgerissen und gärtnerische an ihm liegenden sieben Laufwasser- die Isarauen über, die wiederum erst nach
Maßnahmen verwandelten die brachlie- kraftwerke anzutreiben. Unter der Lei- 140 Kilometern hinter Plattling bei der
gende Ödnis derart, dass man von ihrer tung von Theodor Rümelin (1877–1920, Mündung der Isar in die Donau enden.
industriellen Nutzung heute überhaupt Rümelinstraße von 1955) begannen
nichts mehr merkt. Anlässlich der Einge- 1918 die Planungen, das Stauwehr ging
meindung Schwabings 1890 wurde die dann 1924 in Betrieb. Central Park Munich
Maffeistraße in Feilitzschstraße umbe-
nannt, weil es eine Maffeistraße bereits Noch einmal zurück auf Anfang zum Central
in der Altstadt gab. Park: Vor einiger Zeit kam die Idee auf, den
Autoverkehr in der Sonnenstraße auf eine
➔ Am nördlichen Ende der Gyßlingstraße Spur pro Richtung zu verengen und dafür
liegen die ehemaligen Werkswohnungen den Bereich zwischen Sendlinger-Tor-Platz
der Firma Maffei für deren Meister und und Lenbachplatz zu begrünen. Das Für
Vorarbeiter plus eine Krankenstation. und Wider dieser Idee zu diskutieren, ist
hier aber nicht das Thema. Was allerdings
➔ Der Ernst-Penzolt-Weg wurde 1966 nach verwundert, ist, dass das maximal fünf
dem Münchner Dichter (1892–1955) be- Hektar große Projekt größenwahnsinnig
nannt. Er verläuft auffällig schnurgerade und völlig daneben zum „Central Park
durch die Grünanlagen, und zwar weil er Munich“ erklärt wurde. Vielleicht, damit die
der Trasse des 1902 verlegten und 1950 interessierte New Yorker Öffentlichkeit die
wieder entfernten Industriegleises der städtebaulichen Entwicklungen in der Sun
Fabrik folgt, das beim ehemaligen Street in Munich besser mitverfolgen kann?
Schwabinger Bahnhof an der jetzigen Liegt hier vielleicht gar ein Minderwertig-
Berliner Straße abzweigte. Davor muss- keitskomplex gegenüber der englischspra-
ten die Lokomotiven auf Spezialfuhr- chigen Welt vor? Oder wollen die Initiato-
werken, gezogen von 30 bis 40 Pferden, ren zwanghaft modern sein? Und wo liegt
wegtransportiert werden. Im östlich „Munich“? Im sehr umfangreichen Inhalts-
der Gyßlingstraße liegenden Verlauf ist verzeichnis des „Großen Illustrierten Welt-
die Biegung des Gleises nach Süden, zur atlas“ aus dem RV-Verlag jedenfalls findet
Fabrik hin, noch deutlich als Weg zu man keinen Ort diesen Namens. Es ist zum
erkennen. Fremdschämen!
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