Page 32 - Taxikurier Oktober 2023
P. 32
Schlachten Isarvorstadt
Vier militärische Siege, auf denen die Wit- Wie die Maxvorstadt wird die Isarvorstadt
telsbacher auf der richtigen Seite standen, erstmals am 14. Dezember 1812 genannt.
geben Straßen ihre Namen. Einmal die Tür- Ihr Name bezieht sich auf ihre Lage zwi-
kenstraße von 1812, deren Bezeichnung an schen der alten Stadt und der Isar. Auf
den Großen Türkenkrieg (1683–1699) erin- einer Stadtkarte von 1812 wird sie noch
nert, insbesondere an die Eroberung der als „Äußeres Angerviertel“ zum Anger-
damals türkischen Festung Belgrad durch viertel der Altstadt gerechnet. Ihre Grenzen
bayerisch-österreichischer Truppen im Jahr lagen zwischen der heutigen Zweibrücken-
1688. Und dann 1826 zum Andenken an straße, der Isar und der Fraunhoferstraße
den bayerisch-französischen Krieg der Jah- und sie ist die kleinste Vorstadt. Das be-
re 1813 bis 1814 die Arcisstraße mit der reits benannte Gebiet wurde erst ab 1830
Erklärung: „Schlacht bei Arcis sur Aube in von den Hofbankiers Simon (1787–1854)
Frankreich 20. und 21.3.1814“, die Barer und seinem Sohn Karl von Eichthal (1813–
Straße: „Treffen bei Bar sur Aube in Frank- 1880, Eichthalstraße von 1945) gekauft,
reich 26. und 27.2.1814“ sowie die Brien- parzelliert, entwickelt und einzeln weiter-
ner Straße: „Schlacht bei Brienne in Frank- verkauft, daher auch seine Bezeichnung
reich am 1.2.1814.“ Eichthal-Anger. Die Straßen sind auf
den Gärtnerplatz hin ausgerichtet und Klenzestraße
tragen die Namen verdienter Männer
Bürgerliche mehrheitlich aus Architektur und Wissen- Mit den neuen Benennungen wurden be-
schaft. reits verstorbene Männer geehrt, die sich
In diesem Viertel der adligen Selbstdarstel- um das Herrscherhaus der Wittelsbacher
lung kamen seit 1857 auch Nicht-Adlige zu verdient gemacht hatten und deshalb als
Straßenehren, sofern sie sich im Sinne des Alte Straßennamen Bürgerliche in den persönlichen, nicht ver-
Adels verdient gemacht hatten. Den Anfang erbbaren Adel erhoben worden waren. Ein-
machte 1857 die Schellingstraße, die auf Auf dem Gelände existierten bereits vor zig Leo von Klenze (1784–1864) und der
Wunsch Königs Maximilians II. (1811– seiner städtischen Bebauung Verkehrs- Maler Peter von Cornelius (1783–1867) er-
1864) entstand, benannt nach dem königli- wege, die auf das ursprüngliche Gewerbe lebten noch ihre Erhebung zu Straßenehr-
chen Lieblingsphilosophen Friedrich Schel- hinweisen. So bezieht sich die Kohlstraße en, und zwar 1830 auf Befehl von König
ling (1775–1854). Davor hatte sie seit auf die dortigen Gärtnereien, die Morassi- Ludwig I. Klenze, der langjährige Lieblings-
1812 Löwenstraße nach dem bayerischen straße auf eine gleichnamige, etwas un- architekt des Königs, bedankte sich umge-
Wappentier ge- durchsichtige Gastwirtschaft und die Bad- hend: „Allerdurchlauchtigster Großmäch-
heißen. Auf eine straße, 1877 zur Baaderstraße veredelt, tigster König! Allergnädigster König und
ähnlich verwor- auf ein entsprechendes Etablissement. Herr! Eurer Majestät sehe ich mich ver-
rene Vergangen- Die Buttermelcherstraße verweist auf dort pflichtet, für die hohe Gnade und Auszeich-
heit blickte die ansässige Milch waren-Händler und passte nung zu danken, welche Allerhöchstdiesel-
Gabelsberger- später gar nicht mehr zu den „guten“ ben meinem Namen durch die Benennung
straße: Seit Adressen, wie folgendes, untertänig formu- einer neuen Straße nach demselben ge-
1812 als Lud- liertes Gesuch vom 24. Juni 1907 an den währt haben. Als Künstler habe ich solche
wigstraße nach Magistrat zeigt. Die sich als etwas Besse- Auszeichnung bei meinen Lebzeiten noch
König Ludwig I. res vorkommenden Hausbesitzer schrieben nicht verdient, als wahrhaft treuer Diener
benannt, dann an den „hochverehrlichen Magistrat“: „Die Eurer Majestät aber, und Ihrer schönen Be-
in Kasernstraße überaus unschöne, keineswegs einladende
umbenannt nach Straßenbezeichnung ‚Buttermelcherstraße’
der Türkenkaser- gehört mit zu jenem Namen, welche ge-
ne, erinnert sie eignet sind, von der Einmietung in dieser
seit 1862 an Straße abzuhalten. Die ehrerbietigst un-
Franz Xaver G. terzeichneten Hausbesitzer dieser Straße
(1789–1849), beehren sich deshalb an hochverehrlichen
den Erfinder Stadtmagistrat die ehrerbietigste Bitte
einer Schnell- zu stellen: Dieser Straße gütigst einen
schrift. Neben anderen sei nur noch die klangvollen Namen zu erteilen. Indem die
Schraudolphstraße von 1867 erwähnt, be- unterzeichneten Hausbesitzer der Butter-
nannt nach Johann von S. (1808–1879), melcherstraße ihrer Bitte gütigst zu will-
der im Auftrag Ludwigs I. im ganzen fahren ersuchen, geharren Ehrerbietigst
Königreich Kirchen ausmalte, in München nachverzeichnete Hausbesitzer: Friedrich
etwa die Basilika des Klosters Sankt Schneider, Schlossgutsbesitzer in Mün-
Bonifaz, einer Gründung des Königs und chen, Buttermelcherstrasse 6, (...)“ Wie
seine eigene und seiner Frau Therese wir Nachgeborenen jetzt wissen, blieb das
(1792–1854) Grablege. Gesuch erfolglos.
32 ⁄ TAXIKURIER ⁄ OKTOBER 2023