Page 28 - Taxikurier Oktober 2023
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           SONDERTHEMA

            ➔ ABSCHIED NACH 50 JAHREN





           Zwei Urgesteine verlassen nach über 50 Jahren die Bühne – von Thomas Kroker



           Es sind zwei lebende Legenden. Beide haben etwa die Hälfte des 106-jährigen Bestehens der Taxi-München eG miterlebt.
           Nach über 50 Jahren im Taxigewerbe haben der „Müller Rudi” und der „Billmeier Hans”, besser bekannt als der „Finsinger“,
           im Sommer 2023 ihre Konzessionen verkauft und möchten nun einen Schritt kürzertreten.


           Müller Rudi

           Wie alles begann: Im April 1944, in Groß-
           Hauland im Bezirk Posen, wird Rudi Wil-
           fried Müller geboren. Nach der Schule ab-
           solviert er in Holzkirchen eine Ausbildung
           zum Automechaniker in der Ford- Werkstätte
           Wohlschlager. Nach der  Gesellenprüfung
           und einigen Jahren als Mechaniker geht es
           erstmal für 18 Monate zur Bundeswehr,
           zum Luftwaffenstützpunkt nach Leipheim.
           Zurück in Bayern führt ihn sein Weg im
           Jahr 1967 zur Taxiprüfung, sein Start ins
           Taxigewerbe. Nach weiteren drei Jahren als
           Mercedes-Mechaniker folgt dann im Jahr
           1970 der Beginn der Karriere des jungen
           Rudi hinter dem Taxi-Lenkrad. Zuerst mit
           der Konzessionsnummer 2468, später bis
           zuletzt dann mit dem 1627.        Rudi Wilfried Müller              Hans Billmeier

           Der Rudi war stets nicht nur ein mustergül-  Mit einem traurigen Auge sieht der Müller   Billmeier Hans
           tiger Taxifahrer, sondern auch, und vor al-  Rudi die Entwicklung bei den Taxifahrern.
           lem, eine rollende Werkstatt für alle Freun-  Früher war es ein ehrbarer Beruf, verbun-  Einen sehr ähnlichen Weg hat auch unser
           de und Kollegen. Man erkannte ihn an der   den mit dem Stolz, in dieser Zunft tätig   Kollege Hans Billmeier zurückgelegt: Gebo-
           Trambahnglocke, die in seinem Taxi ver-  sein zu dürfen, und Genossenschaft hieß,   ren im Oktober 1949 in München, absol-
           steckt eingebaut war und nicht nur in Ge-  füreinander da sein, einer für alle, alle für   vierte Hans ebenfalls eine Ausbildung zum
           fahrsituationen für Aufmerksamkeit aber   einen. Heute trifft man auf zahlreiches   Automechaniker. Auch ihn erwarteten
           auch Heiterkeit sorgte. Wann immer ein   Fahr- und auch Unternehmerpersonal, das   18 Monate Barras in der Kaserne in Strau-
           Kollege in Not war oder sonstige Hilfe   keinerlei Interesse mehr an der Gemein-  bing-Feldkirchen, ehe er zurück in München
           brauchte, war der Müller Rudi zur Stelle.   schaft hat, Stolz und Ethos sind Fremdwör-  den Weg in die Selbständigkeit suchte und
                                             ter geworden. Es geht nur noch darum, aus   als Gemüsehändler mit einem Verkaufswa-
           In Sprechfunkzeiten, und das waren immer-  dem Gewerbe ein Maximum an Profit her-  gen auf zwei Rädern in Giesing am Schwan-
           hin 36 Jahre von seinen 53 Jahren im Taxi,   auszuholen, ohne sich bewusst zu sein,   seeplatz sein erstes Gewerbe betrieb. Im
           war er stets „on-air“, und mit einem klei-  welchen nachhaltigen Schaden so mancher   Jahr vor den Olympischen Spielen in Mün-
           nen Kennungsauswerter im Auto konnte er   damit anrichtet.          chen, also im Jahr 1971, kaufte sich der
           sogar sehen, wer gerade im Funk gespro-                             Billmeier Hans dann seine erste Taxikon-
           chen hat. Auch in der Zentrale kannte und   Nach nun 53 Jahren im Taxi stellte sich die   zession, das war der 1322. Dieser Nummer
           kennt den Rudi jeder Funksprecher und   Frage, nochmal ein neues Taxi anzuschaf-  sollten in den folgenden Jahren noch wei-
           jede Funksprecherin. Rudi hat(te) immer   fen und die Konzession um fünf Jahre zu   tere folgen, bis er dann insgesamt fünf
           einen lustigen Spruch auf den Lippen.   verlängern oder sich im Alter von 79 Jah-    Taxis betrieb, und auch seine Frau als Taxi-
           Wenn man ihn fragt, an was er sich beson-  ren in den wohlverdienten Lebensabend zu   unternehmerin tätig war. Der private Le-
           ders gerne erinnert, kommt spontan die   verabschieden. Die Entscheidung ist gefal-  bensmittelpunkt vom Hans Billmeier wurde
           Antwort: Zwei hübsche Damen aus der ehe-  len, und es war die einzig richtige Ent-  das elterliche Anwesen seiner Gattin im Ort
           maligen DDR, die kurz nach der Wende zu   scheidung. Den 1627 hat inzwischen ein   Finsing im Landkreis Erding, woraus sich
           ihm ins Taxi stiegen und ihn baten, ihnen   jüngerer Kollege übernommen, und der   der allseits bekannte Name „der Finsinger“
           zu erklären, wie man eine Kiwi isst.   Rudi genießt jeden Tag mit seiner Familie.  später ableitete.




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