Page 31 - Taxikurier Februar 2024
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recht kompakt

            VERKEHRSRECHT


            DIE UNTERNEHMERISCHE ZUVERLÄSSIGKEIT
            ALS ERSTRANGIGE GENEHMIGUNGSVORAUSSETZUNG (TEIL 3)



              Die Zuverlässigkeit des Antragstellers bzw. des Unterneh-  ist. Das gilt auch dann, wenn er wegen Verlustes der Fahrerlaub-
              mers im Taxiverkehr (oder auch des Geschäftsführers)   nis zur Fahrgastbeförderung nicht mehr selbst als Taxifahrer tätig
              nimmt unter den subjektiven Genehmigungsvoraussetzun-  sein darf und ihm nur noch die Pflicht zur Überwachung ange-
              gen mit Abstand den wichtigsten Rang ein. Ohne das Vor-  stellter Fahrer obliegt . Allein ein unkorrektes Verhalten von
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              handensein der unternehmerischen Zuverlässigkeit kann     einem selbstfahrenden Taxiunternehmer gegenüber Fahrgästen
              selbst die bei Erteilung der Genehmigung festgestellte   im Sinn von Beschimpfungen und Bedrohungen, welches schon
                Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs auf Dauer   zu zahlreichen Beschwerden geführt hat, soll nach anderer, zu
              nicht gewährleistet sein, auch die fachliche Eignung tritt   kritisierender, Ansicht nicht zu der Folge unternehmerischer
              hinter die Zuverlässigkeit deutlich zurück.       Unzuverlässigkeit führen. Vielmehr sei bei solcher Fallgestaltung
                                                              vorrangig mit Maßnahmen in Bezug auf den P-Schein zu begeg-
            Diesmal wollen wir darlegen, wie die Rechtsprechung den Ver-  nen . Ob ein verschiedentlich bereits als unbeherrscht akten-
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            stoß gegen allgemeine strafrechtliche Vorschriften bewertet. Die   kundig gewordener Unternehmer in der Lage ist, die im Rahmen
            Zuverlässigkeit wird erst einmal von der Behörde und den Gerich-  seiner unternehmerischen Pflichten notwendige Anleitung und
            ten angenommen, soweit kein Anlass besteht, an ihrem Bestehen  Überwachung seiner Angestellten ordnungsgemäß und gewissen-
            zu zweifeln. Selbst eine einmalige private Trunkenheitsfahrt soll   haft zu erledigen, erscheint aber doch mehr als fraglich.
            die Zuverlässigkeit deshalb nicht zwingend ausschließen . Allzu
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            sehr verlassen sollte man sich auf diese Rechtsprechung aber   Wo steht’s im Gesetz?
            nicht, da die Abwesenheit von Drogen und Alkohol beim Taxifah-  § § 13 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 PBefG
            rer schon gesellschaftlich vorausgesetzt wird. Grundsätzlich weiß   (Unzuverlässigkeit des Unternehmers oder Geschäftsführers);
            ein Taxifahrer als Berufskraftfahrer um die besonderen Gefahren   auch § 1 PBZugV (Persönliche Zuverlässigkeit)
            einer Alkoholaufnahme vor Fahrtantritt und nimmt deshalb in
            der Regel seine Fahruntauglichkeit mindestens bedingt vorsätz-  Welches Gericht hat so entschieden?
            lich in Kauf, wenn er trotz Alkoholkonsums eine Fahrt antritt .   1    BVerwG, Urt. v. 20.11.1970 – VII C 73.69 –,
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            Rechtskräftige Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen   2    OLG Celle, Beschl. v. 25.10.2013 – 32 Ss 169 ⁄ 13 –;
            strafrechtliche Vorschriften führen zwar nicht automatisch zur   3    VG Düsseldorf, Urt. v. 06.11.2015 – 6 K 1610 ⁄ 15 –;
            Annahme der Unzuverlässigkeit, wobei ein schwerer Verstoß bei   4, 5   OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.05.2019 –
            einem verhängten Strafmaß von 150 Tagessätzen anzunehmen   13 A 28 ⁄ 18 –;
            ist . Auch eine wiederholte Verurteilung wegen schwerer Verstö-  6     OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 12.05.2014 – 2 O 9 ⁄ 14 –;
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            ße gegen strafrechtliche Vorschriften ist für die Unzuverlässig-  7    vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 10.02.2012 – 11 ZB 11.2813 –;
            keitsannahme nicht erforderlich . Eine rechtskräftige Verurteilung   8    OVG Hamburg, Beschl. v. 16.05.2012 – 3 Bs 5 ⁄ 12 –;
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            wie die rechtskräftige Verurteilung zu einer zur Bewährung aus-  9    OVG NRW, Beschl. v. 30.04.2008 – 13 A 8 ⁄ 07 –.
            gesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten
            reicht aber, wenn die sexuelle Nötigung eines Fahrgastes in Rede
            steht . Die Unzuverlässigkeitsvermutung gilt umso mehr, wenn
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            ein Taxiunternehmer und -fahrer zweimal wegen Kindesmiss-
            brauchs vorbestraft ist, denn demjenigen fehlt die Gewähr für
            die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung bei der Beför-
            derung von Fahrgästen . Auch sog. Ehrverletzungen, also Beleidi-  Der Autor:
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            gungen, haben häufig im richterlichen Fokus gestanden. Von   Rechtsanwalt Thomas Grätz
              einer Person, welche die gewerbliche Personenbeförderung als   ist seit über 30 Jahren mit
            Beruf gewählt hat, muss erwartet werden, dass sie sich insbeson-    Personenbeförderungsrecht
            dere bei Meinungsverschiedenheiten mit Fahrgästen oder ande-  befasst und war Geschäftsführer
            ren Taxifahrern, aber auch in sonstigen belastenden Situationen,   vom  damaligen Taxi-Bundes-
            mit denen sie sich bei der Ausübung seines Berufes konfrontiert   verband BZP.  Bekannt ist auch
            sehen kann, so verhält, dass die Ehre sowie andere Rechtsgüter   sein PBefG- Standardwerk
            des Gegenübers nicht verletzt werden . So ist ein Taxiunterneh-    „Fielitz ⁄ Grätz“.
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            mer als unzuverlässig anzusehen, wenn er durch eine erhebliche
            Anzahl von in das Verkehrszentralregister eingetragener Ver-
            kehrsverstöße auffällig geworden und wiederholt wegen Beleidi-
            gung anderer Verkehrsteilnehmer aus Anlass seiner beruflichen
            Teilnahme am Straßenverkehr strafgerichtlich verurteilt worden






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