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recht kompakt
VERKEHRSRECHT
DIE UNTERNEHMERISCHE ZUVERLÄSSIGKEIT
ALS ERSTRANGIGE GENEHMIGUNGSVORAUSSETZUNG (TEIL 3)
Die Zuverlässigkeit des Antragstellers bzw. des Unterneh- ist. Das gilt auch dann, wenn er wegen Verlustes der Fahrerlaub-
mers im Taxiverkehr (oder auch des Geschäftsführers) nis zur Fahrgastbeförderung nicht mehr selbst als Taxifahrer tätig
nimmt unter den subjektiven Genehmigungsvoraussetzun- sein darf und ihm nur noch die Pflicht zur Überwachung ange-
gen mit Abstand den wichtigsten Rang ein. Ohne das Vor- stellter Fahrer obliegt . Allein ein unkorrektes Verhalten von
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handensein der unternehmerischen Zuverlässigkeit kann einem selbstfahrenden Taxiunternehmer gegenüber Fahrgästen
selbst die bei Erteilung der Genehmigung festgestellte im Sinn von Beschimpfungen und Bedrohungen, welches schon
Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs auf Dauer zu zahlreichen Beschwerden geführt hat, soll nach anderer, zu
nicht gewährleistet sein, auch die fachliche Eignung tritt kritisierender, Ansicht nicht zu der Folge unternehmerischer
hinter die Zuverlässigkeit deutlich zurück. Unzuverlässigkeit führen. Vielmehr sei bei solcher Fallgestaltung
vorrangig mit Maßnahmen in Bezug auf den P-Schein zu begeg-
Diesmal wollen wir darlegen, wie die Rechtsprechung den Ver- nen . Ob ein verschiedentlich bereits als unbeherrscht akten-
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stoß gegen allgemeine strafrechtliche Vorschriften bewertet. Die kundig gewordener Unternehmer in der Lage ist, die im Rahmen
Zuverlässigkeit wird erst einmal von der Behörde und den Gerich- seiner unternehmerischen Pflichten notwendige Anleitung und
ten angenommen, soweit kein Anlass besteht, an ihrem Bestehen Überwachung seiner Angestellten ordnungsgemäß und gewissen-
zu zweifeln. Selbst eine einmalige private Trunkenheitsfahrt soll haft zu erledigen, erscheint aber doch mehr als fraglich.
die Zuverlässigkeit deshalb nicht zwingend ausschließen . Allzu
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sehr verlassen sollte man sich auf diese Rechtsprechung aber Wo steht’s im Gesetz?
nicht, da die Abwesenheit von Drogen und Alkohol beim Taxifah- § § 13 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 PBefG
rer schon gesellschaftlich vorausgesetzt wird. Grundsätzlich weiß (Unzuverlässigkeit des Unternehmers oder Geschäftsführers);
ein Taxifahrer als Berufskraftfahrer um die besonderen Gefahren auch § 1 PBZugV (Persönliche Zuverlässigkeit)
einer Alkoholaufnahme vor Fahrtantritt und nimmt deshalb in
der Regel seine Fahruntauglichkeit mindestens bedingt vorsätz- Welches Gericht hat so entschieden?
lich in Kauf, wenn er trotz Alkoholkonsums eine Fahrt antritt . 1 BVerwG, Urt. v. 20.11.1970 – VII C 73.69 –,
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auch OVG Sachsen, Beschl. v. 03.08.2012 – 4 A 724 ⁄ 11 –;
Rechtskräftige Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen 2 OLG Celle, Beschl. v. 25.10.2013 – 32 Ss 169 ⁄ 13 –;
strafrechtliche Vorschriften führen zwar nicht automatisch zur 3 VG Düsseldorf, Urt. v. 06.11.2015 – 6 K 1610 ⁄ 15 –;
Annahme der Unzuverlässigkeit, wobei ein schwerer Verstoß bei 4, 5 OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.05.2019 –
einem verhängten Strafmaß von 150 Tagessätzen anzunehmen 13 A 28 ⁄ 18 –;
ist . Auch eine wiederholte Verurteilung wegen schwerer Verstö- 6 OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 12.05.2014 – 2 O 9 ⁄ 14 –;
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ße gegen strafrechtliche Vorschriften ist für die Unzuverlässig- 7 vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 10.02.2012 – 11 ZB 11.2813 –;
keitsannahme nicht erforderlich . Eine rechtskräftige Verurteilung 8 OVG Hamburg, Beschl. v. 16.05.2012 – 3 Bs 5 ⁄ 12 –;
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wie die rechtskräftige Verurteilung zu einer zur Bewährung aus- 9 OVG NRW, Beschl. v. 30.04.2008 – 13 A 8 ⁄ 07 –.
gesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten
reicht aber, wenn die sexuelle Nötigung eines Fahrgastes in Rede
steht . Die Unzuverlässigkeitsvermutung gilt umso mehr, wenn
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ein Taxiunternehmer und -fahrer zweimal wegen Kindesmiss-
brauchs vorbestraft ist, denn demjenigen fehlt die Gewähr für
die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung bei der Beför-
derung von Fahrgästen . Auch sog. Ehrverletzungen, also Beleidi- Der Autor:
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gungen, haben häufig im richterlichen Fokus gestanden. Von Rechtsanwalt Thomas Grätz
einer Person, welche die gewerbliche Personenbeförderung als ist seit über 30 Jahren mit
Beruf gewählt hat, muss erwartet werden, dass sie sich insbeson- Personenbeförderungsrecht
dere bei Meinungsverschiedenheiten mit Fahrgästen oder ande- befasst und war Geschäftsführer
ren Taxifahrern, aber auch in sonstigen belastenden Situationen, vom damaligen Taxi-Bundes-
mit denen sie sich bei der Ausübung seines Berufes konfrontiert verband BZP. Bekannt ist auch
sehen kann, so verhält, dass die Ehre sowie andere Rechtsgüter sein PBefG- Standardwerk
des Gegenübers nicht verletzt werden . So ist ein Taxiunterneh- „Fielitz ⁄ Grätz“.
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mer als unzuverlässig anzusehen, wenn er durch eine erhebliche
Anzahl von in das Verkehrszentralregister eingetragener Ver-
kehrsverstöße auffällig geworden und wiederholt wegen Beleidi-
gung anderer Verkehrsteilnehmer aus Anlass seiner beruflichen
Teilnahme am Straßenverkehr strafgerichtlich verurteilt worden
FEBRUAR 2024 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 31