Page 20 - Taxikurier Mai 2024
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RECHTSPRECHUNG
➔ URTEILE
Mit 120 km ⁄ h durch die Innenstadt – Wiederholung erheblicher Verkehrsverstöße bestanden habe. Auf-
Auto zu Recht sichergestellt grund der besonderen Sachlage und des fehlenden Einsichtsvermö-
gens hätten sie nach dem Anhalten des Antragstellers daher vom
Fortbestehen der Gefahrenlage ausgehen und das Fahrzeug sicher-
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat in stellen dürfen.
einem Eilverfahren die Sicherstellung eines Fahrzeugs nach
einem gefährlichen Überholmanöver als rechtmäßig bestätigt. (Verwaltungsgericht Neustadt,
Beschluss vom 18.03.2024 – 5 L 193/24.NW)
Am 11. Oktober 2023 befuhr der Antragsteller die Spaldinger Straße
in Speyer in Richtung Waldsee. Auf der Höhe Kastanienweg be-
schleunigte er sein Fahrzeug sehr stark und begab sich, ohne zu Kein Mietwagenverkehr ohne Betriebssitz
blinken, auf die Gegenfahrbahn, wo er trotz des Rechtsfahrgebots
links an einer Verkehrsinsel vorbeifuhr und sodann zwei voraus-
fahrende Pkw überholte. Dabei erreichte er im Folgenden eine Ge- Ohne Betriebssitz kann kein Gelegenheitsverkehr mit Miet-
schwindigkeit von ca. 120 km/h bei erlaubten 50 km/h. Er passierte wagen betrieben werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin
weitere fünf Einmündungen, eine Kreuzung sowie zwei Fußgänger- in einem Eilverfahren entschieden.
wege, letztere mit einer Geschwindigkeit von ca. 110 km/h, bevor
er in eine Straße einbog und von den ihm folgenden Polizeibeamten Der Antragsteller ist Inhaber einer vom Landesamt für Bürger- und
in Zivil einer Verkehrskontrolle unterzogen wurde. Die an dem Vorfall Ordnungsangelegenheiten (LABO) erteilten Genehmigung für den
beteiligten Polizeibeamten stellten im Anschluss an die erfolgte Gelegenheitsverkehr mit insgesamt zehn Mietwagen nach dem
Kontrolle des Fahrers das Fahrzeug zur Gefahrenabwehr sicher. Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Nach den Feststellungen der
Behörde fanden sich an der vom Antragsteller angegeben Adresse –
Der Antragsteller legte gegen die Sicherstellung Widerspruch ein anders als von ihm ursprünglich behauptet – weder Büroräume noch
und beantragte die Herausgabe des Fahrzeugs. Wegen der fehlenden reservierte Stellplätze für die Fahrzeuge. Daraufhin widerrief die
aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wandte er sich zudem Behörde die Erlaubnis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung.
mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht. Dieser hatte keinen
Erfolg. Die Sicherstellung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Im Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts hat den hiergegen gerich-
Zeitpunkt der Sicherstellung hätten ausreichende Anhaltspunkte teten Eilantrag zurückgewiesen. Zu Recht sei die Behörde von einer
dafür vorgelegen, dass der Antragsteller in allernächster Zeit mit an fehlenden Zuverlässigkeit des Antragstellers ausgegangen. Denn die-
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Ver- ser habe gegen eine Kernpflicht des Mietwagenverkehrs verstoßen.
kehrsverstöße begehen werde. Dafür spreche zum einen das bereits Das wesentliche Merkmal des Mietwagenverkehrs bestehe darin, dass
erheblich verkehrswidrige und rücksichtslose Fahrverhalten des An- Aufträge nicht an beliebigen Orten, sondern grundsätzlich nur am
tragstellers unmittelbar vor der Sicherstellung des Fahrzeugs. Dieses Betriebssitz entgegengenommen werden dürften. Dorthin müssten
sei von einer gravierenden Missachtung verkehrsrechtlicher Regelun- die Fahrzeuge daher regelmäßig nach Beendigung eines jeden Auf-
gen und einer kaum zu überbietenden Ignoranz der mit einer um trags zurückkehren. Die Begründung und Unterhaltung eines in der
mehr als das Doppelte erhöhten Geschwindigkeit innerorts und noch Genehmigung festgeschriebenen Betriebssitzes sei daher Vorausset-
dazu in einem Wohngebiet und an mehreren Fußgängerüberwegen zung für die Erfüllung der Rückkehrpflicht. Das Rückkehrgebot sei
einhergehenden Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer – insbeson- nicht Selbstzweck, sondern solle auf wirksame Weise unterbinden,
dere gegen Kollisionen völlig ungeschützten Fußgängern – geprägt dass Mietwagen nach Beendigung eines Beförderungsauftrags taxi-
gewesen. Einsicht in sein Fehlverhalten habe der Antragsteller nicht ähnlich auf öffentlichen Straßen und Plätzen bereitgestellt würden
gezeigt, sondern jegliche Aussage verweigert. Hinzu komme, dass er und dort Beförderungsaufträge annähmen. Das Gericht ließ offen,
bereits vor dem streitgegenständlichen Vorfall durch erhebliches ob ungeachtet dessen der Widerruf auch auf die fehlende finanzielle
verkehrswidriges Fahrverhalten aufgefallen sei. Die Häufigkeit, mit Leistungsfähigkeit des Antragstellers hätte gestützt werden können.
der der Antragsteller Verkehrsverstöße begehe, zeige, dass er sich Es spreche allerdings einiges dafür, dass dies schon bei der Geneh-
weder von Verkehrsregeln, noch von polizeilichen Ansprachen oder migungserteilung der Fall gewesen sei. Ein Mietwagenunternehmer
Bußgeldbescheiden beeindrucken lasse. Im Gegenteil hätten ihn die müsse über ein angemessenes Eigenkapital verfügen, was hier nicht
bisherigen ordnungsrechtlichen Sanktionen nicht davon abgehalten, ersichtlich sei. Der Zeitwert der Fahrzeuge selbst dürfe – anders als
den zur Sicherstellung des Fahrzeugs zum Anlass genommenen, er- von der Behörde bei Genehmigungserteilung fälschlich angenommen
heblichen Verstoß zu begehen. Die handelnden Polizeibeamten hät- – gerade nicht berücksichtigt werden.
ten daher zu Recht annehmen dürfen, dass es sich bei dem Antrag-
steller um einen rücksichtslosen Verkehrsteilnehmer sowie eine (Verwaltungsgericht Berlin,
unbelehrbare Person handelt und damit die konkrete Gefahr der Beschluss vom 25.03.2024 – VG 11 L 53 / 24)
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