Page 9 - Taxikurier August-September 2024
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recht kompakt


            VERKEHRSRECHT


             ➔ GRUNDLAGEN ZUR PATIENTENBEFÖRDERUNG



            Teil II: Vertragsbeziehungen ⁄ Sachleistung ⁄ Kostenerstattung   ➔  Auch eine Notwendigkeitsbescheinigung des Arztes plus Ge-
                                                                nehmigung der Krankenfahrt durch die Krankenkasse führt
              Die Krankenfahrten sind insbesondere für die Pkw-Beförderer   dann nicht zum Zahlungsanspruch des Leistungserbringers
              auf dem Land von eminenter, meist sogar gewerbeerhaltender,     gegen die Kasse, wenn kein Versorgungs-, also Krankenfahr-
              Bedeutung, aber auch für die städtische Branche sind diese   tenrahmenvertrag zwischen Verband bzw. Unternehmen und
              Fahrten hoch interessant. Die rechtlichen Eckpunkte dieser   Krankenkasse existiert. Demzufolge gilt in einem solchen Fall
              Spezialbeförderungen darzustellen, ist Gegenstand dieses   dann das Kostenerstattungsprinzip, d. h., der Patient hat die
              mehrteiligen Beitrages. Nachdem im letzten Taxikurier das   Leistung des Beförderungsunternehmers diesem gegenüber zu
              Wirtschaftlichkeitsgebot und die Krankentransportrahmenver-  vergüten und kann dann unter gewissen Voraussetzungen von
              träge allgemein dargelegt worden sind, geht es nun um die   der Krankenkasse Erstattung der Beförderungskosten verlan-
              Vertragsbeziehungen und Vergütungsansprüche im Verhältnis   gen. Fehlt der Versorgungsvertrag, hat der leistungserbringen-
              zu den Krankenkassen.                             de Taxi- und Mietwagenunternehmer also den Vergütungs-
                                                                anspruch nur gegen den Versicherten.
            Vorauszuschicken ist, dass seit der Jahrtausendwende durch das
            „Gesundheitsreformgesetz“ die Rechtspositionen der Kassen   ➔  Bei bestehendem Versorgungsvertrag besteht der Anspruch
              ungemein gestärkt wurden in der Weise, dass für die Vertrags-  des Leistungserbringers ausschließlich gegen die Krankenkas-
            beziehungen nicht mehr das Zivil-, sondern nunmehr exklusiv das   se, denn Verträge über Krankentransportleistungen sind Kon-
            Sozialrecht maßgeblich ist . Für fast alle Streitigkeiten aus dem   kretisierungen des Sachleistungsprinzips. Das Sachleistungs-
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            Leistungserbringerrecht besteht damit die ausschließliche Zu-  prinzip hat direkt zwar nur Bedeutung im Verhältnis zwischen
            ständigkeit der Sozialgerichte. Weitere Konsequenz ist, dass Ver-  Krankenkassen und Versicherten, der Leistungserbringer kann
            bände keine Verbandsklagebefugnis mehr haben. Der einzelne   aus dem Sachleistungsprinzip aber über die Krankenfahrten-
            Leistungserbringer kann aber weiterhin gegen beeinträchtigen-  rahmenvereinbarung seinen Vergütungsanspruch gegenüber
            des Verhalten der Krankenkassen Rechtsschutz erlangen, dies er-  der Krankenkasse ableiten. Dass sich die Anwendung dieses
            gibt sich aus dem ihm verfassungsrechtlich zu gewährleistenden   Prinzips auf die Patientenbeförderungen mit Taxen und Miet-
            Mindestschutz seiner Gleichbehandlungs- und Berufsfrei-  wagen erstreckt, hat das höchste Sozialgericht ausdrücklich
            heits-Grundrechte .                                 bestätigt .
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            Kommen wir dann auf zwei wichtige Begriffe im Leistungserbrin-  Wo steht’s im Gesetz?
            gerrecht: Kostenerstattungs- und Sachleistungsprinzip. Das Sach-  1   für die Rahmenverträge gelten abschließend
            leistungsprinzip ist der Regelfall in der gesetzlichen Krankenver-  die §§ 69 bis 140 h SGB V sowie die §§ 63, 64. SGB V
            sicherung und heißt, die Krankenkassen stellen die Leistungen
            zur Verfügung und übernehmen die Kosten. Die Patienten müssen  Welches Gericht hat so entschieden?
            nicht in Vorleistung treten. Das Kostenerstattungsprinzip hin-  2  BSG, Urt. v. 25.09.2001 – B 3 KR 3/01 R –
            gegen sieht vor, dass der Patient die Rechnung des Leistungs-  3  BSG, Urt. v. 30.01.2001 – B 3 KR 2/00 R –
            erbringers zunächst selbst bezahlt und dann bei dem Versicherer
            einreicht.



            Diese beiden Prinzipien sind wichtig für die Frage,    Der Autor:
            wer denn nun die Patientenbeförderung bezahlt.    Rechtsanwalt Thomas Grätz
                                                              ist seit über 30 Jahren mit
            Je nachdem, ob eine Krankenfahrtenvereinbarung zwischen Kasse   Personenbeförderungsrecht
            und dem Landesverband oder dem Unternehmen besteht oder   befasst und war Geschäftsführer
            nicht, ist hinsichtlich des Vergütungsanspruches im rechtlichen   vom  damaligen Taxi-Bundes-
            Beziehungsgeflecht Krankenkasse, Patient und „sonstigem Leis-  verband BZP.  Bekannt ist auch
            tungserbringer“, also dem befördernden Taxi- oder Mietwagen-  sein PBefG- Standardwerk
            unternehmer, nämlich folgendes zu unterscheiden:    „Fielitz ⁄ Grätz“.













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