Page 36 - Taxikurier Oktober 2024
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recht kompakt
VERKEHRSRECHT
➔ GRUNDLAGEN ZUR PATIENTENBEFÖRDERUNG
Teil III: Umsatzbesteuerung für eine oder zwei Fahrten? ist umsatzsteuerrechtlich keine einheitliche Beförderungsleistung
mit einer Gesamtbeförderungsstrecke, sondern in zwei getrennte
Die Krankenfahrten sind insbesondere für die Pkw-Beförderer Beförderungsleistungen aufzuteilen, wenn das Taxi nach Durch-
auf dem Land von eminenter, meist sogar gewerbeerhaltender, führung der Hinfahrt zum Bestimmungsort nicht auf den Kunden
Bedeutung, aber auch für die städtische Branche sind diese wartet, sondern der Kunde später – sei es aufgrund vorheriger
Fahrten hoch interessant. Die rechtlichen Eckpunkte dieser Vereinbarung über den Abholzeitpunkt oder aufgrund erneuter
Spezialbeförderungen darzustellen, ist Gegenstand dieses telefonischer Bestellung – erneut mit einem Taxi am Bestim-
mehrteiligen Beitrages. Nachdem im letzten TAXIKURIER das mungsort abgeholt und zum Ausgangsort zurückbefördert wird .
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Wirtschaftlichkeitsgebot und die Krankentransportrahmen-
verträge allgemein dargelegt worden sind, soll es nun um Folgendes ist damit für Patientenbeförderungen mit Taxi
die umsatzsteuerrechtliche Behandlung gehen, insbesondere außerhalb der Betriebssitzgemeinde festzuhalten:
um die Frage, ob bei längeren Fahrten hin und zurück der
ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. ➔ Wird bei einer Patientenfahrt der Fahrgast vom Taxifahrer
abgesetzt und später – ohne dass das Taxi vor Ort wartet –
Die Frage des Umsatzsteuersatzes bei allgemeinen Patientenfahr- abgeholt und zurückbefördert, stellen Hin- und Rückfahrt um-
ten ist sehr praxisrelevant vor dem Hintergrund der Regelung, satzsteuerrechtlich zwei getrennte Beförderungsleistungen.
dass bekanntermaßen Taxifahrten innerhalb einer Gemeinde un- Es handelt sich um eine „Doppelfahrt“. Sofern die Einzel-
abhängig von der konkreten Fahrtstrecke immer als Nahverkehrs- strecken bei solchen Konstellationen unter 50 km liegen, ist
fahrt ermäßigt mit 7 % zu besteuern sind, während dies für damit der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 % anzusetzen.
Taxifahrten außerhalb einer Gemeinde nur dann gilt, wenn die Die Beförderungsstrecke umfasst nur die Strecke, auf welcher
einzelne Fahrt 50 km nicht überschreitet . Da Dialysefahrten und der Unternehmer bzw. sein Fahrpersonal einen Fahrgast
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ähnliche Patientenbeförderungen sehr häufig zu Stationen au- be fördert, also nicht die Leerfahrt.
ßerhalb der Gemeinde führen, stellt sich bei Beförderungen über
50 km nach außerhalb die wichtige Frage, ob es sich bei solchen ➔ Hin- und Rückfahrt sind dahingegen eine einheitliche Beför-
Beförderungsleistungen, die mit dem Taxi von der Patientenwoh- derungsleistung, wenn vereinbarungsgemäß die Fahrt nur
nung zur Behandlung und auch wieder zurück führen, um eine kurzfristig unterbrochen wird und der Fahrer auf den Fahrgast
oder zwei Beförderungen handelt. wartet. Dementsprechend handelt es sic hier um eine „Warte-
fahrt“. Sofern in dieser Konstellation die Beförderungsstrecke
Der Bundesfinanzhof als höchstes Finanzgericht hat dazu aus- die 50 km übersteigt, wird der volle Mehrwertsteuersatz fällig.
gesagt, dass einheitliche wirtschaftliche Vorgänge auch umsatz-
steuerrechtlich einheitlich beurteilt werden müssen. Deshalb Wo steht’s im Gesetz?
ist die Beförderung eines Fahrgastes von dessen Wohnung zum 1 § 12 Abs. 2 Nr. 10 lit. b UStG
Krankenhaus und zurück durch denselben Beförderungsunterneh-
mer auch dann eine einzige Beförderungsleistung mit einer Ge- Welches Gericht hat so entschieden?
samtbeförderungsstrecke, wenn die Fahrt während der Kranken- 2 BFH, Urt. v. 24.10.1990 – VB 60/89 –;
hausbehandlung des Fahrgastes zeitweise unterbrochen wird und 3 Urt. v. 31.05.2007 – V R 18/05 –
der Fahrer vereinbarungsgemäß auf den Fahrgast wartet. Wenn
bei diesem Auftrag also insgesamt bei Hin- und Rückfahrt außer-
halb der Gemeinde die 50 km überschritten werden, ist der volle Der Autor:
Mehrwertsteuersatz von 19 % anzuwenden. Rechtsanwalt Thomas Grätz
ist seit über 30 Jahren mit
Wie aber ist es, wenn das zum Behandlungsort hin befördernde Personenbeförderungsrecht
Taxi wegfährt, um nach Erledigung weiterer Aufträge bei erneu- befasst und war Geschäftsführer
tem Anruf wiederzukommen, oder aber ein anderes Taxi die Rück- vom damaligen Taxi-Bundes-
beförderung unternimmt? Diese Fälle wurden von den Finanz- verband BZP. Bekannt ist auch
behörden häufig zum Nachteil der Taxenunternehmen mit dem sein PBefG- Standardwerk
vollen Steuersatz behandelt, bis endlich das höchste Finanzge- „Fielitz ⁄ Grätz“.
richt auch hier geklärt hat : Umsatzsteuerrechtlich liegt eine
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einheitliche Leistung nicht allein deshalb vor, weil Leistungen
aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden.
Die Beförderung eines Fahrgastes von dessen Wohnung zum
Bestimmungsort und zurück durch denselben Taxenunternehmer
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