Page 32 - Taxikurier Oktober 2024
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tierten die Taxler zusammen mit ihren
             Kollegen Fragen des Alltagslebens, aber
           auch der großen Weltpolitik, wobei die
           Meinungen nicht selten vom Trinkgeld-Ver-
           halten der betreffenden Ausländer beein-
           flusst wurden. Im Allgemeinen sprach der
           Fiaker breites Bairisch, lediglich in Momen-
           ten der Erregung oder des Zornes wechselte
           er ins Hochdeutsche, damit ihn die auswär-
           tigen Fahrgäste besser verstehen konnten.


           Taxi-Rüpel

           Die „Münchener Vorort-Zeitung“ brachte in
           ihrer Ausgabe vom Samstag, dem 13. Feb-
           ruar 1909, eine Meldung über einen folgen-
           schweren Verkehrsunfall, den zwei Taxifah-
           rer verursacht hatten, und zwar nicht aus
           Übermüdung oder Unaufmerksamkeit,
             sondern einzig und allein aus Rücksichts-
           losigkeit und Freude am Auftrumpfen. Die
           Königliche Haupt- und Residenzstadt Mün-  bis 1914, an den die Volksgartenstraße   Taxler als Problem
           chen hatte im Jahr 1909 rund 585.000     erinnert, d.V.] einfahren wollte, wurde er
             Einwohner, von denen circa 490 Motorräder   von dem in schnellem Tempo nachfahren-  Die „Münchener Vorort-Zeitung“ analysier-
           und 1.400 Kraftfahrzeuge bewegt wurden,   den 161er Wagen im Vorderteil erfasst und   te: „Aber auch in Bezug auf unsere Chauf-
           die wiederum nicht schneller als zehn   stark demoliert. Der Wagen Nummer 161,   feure wäre hier noch ein ernstes Wort zu
           Stundenkilometer fahren durften. Noch    der durch den Zusammenstoß und das   sagen. Viele von ihnen rekrutieren sich aus
           57 Prozent der Straßen waren 1909 ung-    starke Bremsen gegen einen Baum ge-  früheren Handwerkern, Schustern, Schnei-
           epflastert oder nicht asphaltiert. Das vor-  schleudert wurde, erlitt hierbei derartige   dern usw., die als letzten Rettungsanker
           wiegend von Pferden bewerkstelligte Trans-  Schäden, dass er größtenteils demoliert   ihre Sparpfennige noch zur Erlernung des
           portaufkommen sorgte dafür, dass die   wurde. Ein achtjähriger Knabe, der einzige   Automobilfahrens benutzen. Welche Ver-
           Verkehrswege von Pferdeäpfeln übersät   Sohn des Kunstmalers Hans Kratzer in   kehrslümmel aus diesem Material heran-
             waren. Wenn diese nicht rechtzeitig vor   Nymphenburg, wurde mit aller Wucht an   wachsen, beweist ein Ausdruck, den ein
           Regengüssen von Gärtnern, die damit ihre   den Baum gedrückt und getötet. Auch die   Chauffeur vor einiger Zeit bei einem Unfall,
           Gemüsebeete düngten, aufgeklaubt worden   Fahrgäste der beiden Automobile erlitten   bei dem gleichfalls eine Person verunglück-
           waren, verwandelten sich die Straßen in   durch die zertrümmerten Glasscheiben und   te, gebrauchte, indem er zynisch meinte:
           glitschige Oberflächen. Es war nur der   den starken Zusammenstoß Schnittwunden   ‚Das macht nichts, das zahlt ja die Versiche-
           vegetarischen Ernährungsweise der Pferde   und Prellungen. Einem Lehrer wurde die   rung.’“ Diese Service-Wüste aus Problem-
           zu verdanken, dass diese Bescherung nicht   Nase zerschnitten. Nach Angaben von   fällen, Deppen und Rüpeln soll also das
           bestialisch stank, sondern lediglich herz-    Augenzeugen sollen beide Droschken bis   München von vor ungefähr 100 Jahren
           haft duftete. In diesem Zusammenhang   zum Moment des Zusammenstoßes eine     gewesen sein.
           wird auch die Herkunft der Bezeichnung   sehr starke Geschwindigkeit innegehabt
           „Kotflügel“ verständlich.         haben.“ Also wohl mehr als die erlaubten
                                             zehn Stundenkilometer, ein illegales Fahr-  Später Lichtblick
                                             zeugrennen nach heutigem Verständnis.
           Ein Unfall                        Die „Münchener Vorort-Zeitung“ weiter:   Erst viel später zeigten sich einige Licht-
                                             „Die Erbitterung der sich rasch ansammeln-  blicke, wie beispielsweise Richard Kerler,
           Die „Münchener Vorort-Zeitung“ schrieb an   den Menschenmenge gegen die beiden   wohnhaft in der Danklstraße 18, in sei-
           jenem Tag: „Nymphenburg: Ein schwerer   rücksichtslosen Führer war eine so große,   nem Spezial-Reiseführer „München für
           Verkehrsunfall ereignete sich am Dienstag   dass Förg, dessen Wagen noch fahrfähig   Schürzenjäger“ aus dem Jahr 1969 zu be-
           Nachmittag gegen 5 Uhr an der Südlichen   war, alsbald mit diesem weiterfahren muss-  richten wusste. Das erste Kapitel dieses
           Auffahrtsallee in Nymphenburg. Die Kraft-  te, um Misshandlungen zu entgehen, wäh-  bahnbrechenden Werkes lautete: „Sie soll-
           droschke Nummer 52 überholte beim Pas-  rend der Chauffeur Balleis zu seinem Glück   ten auf die Jagd gehen.“ Man(n) nahm
           sieren der Gerner Brücke [Notburgastraße ⁄    sich noch rechtzeitig der Lynchjustiz der   dabei folgendes zur Kenntnis: „München
           Menzinger Straße, d.V.] die Kraftdroschke   Menge entziehen konnte. Balleis wäre von   ist die Stadt der Kunst und die Stadt des
           Nummer 161, die dem Metzgermeister   einigen erregten Männern zweifellos er-  Bieres. Die bayerische Metropole ist vor
           Berchtenbreiter gehört und vom Chauffeur   schossen oder erstochen worden, denn man  allem die Stadt der Liebenden.“ So weit,
           Josef Balleis gefahren wurde. Im gleichen   sah eine Anzahl von Leuten mit solchen   so gut, aber weiter geht es mit gefühlten
           Moment, als Georg Förg mit dem 52er Wa-  Waffen in der Hand in der Menge.“ Zur   statistischen und subjektiv begründeten
           gen in den Volksgarten [Deutschlands     Erklärung: Damals war die allgemeine Be-  Angaben, deren Richtigkeit kaum nach-
           größten Vergnügungspark der Jahre 1890   waffnung noch gang und gäbe.  prüfbar waren: „Etwa 10.000 Mädchen




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