Page 19 - Taxikurier Februar 2022
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Artillerie, erster Kriegsminister Bayerns   se die Arnulfstraße, Blücherstraße, Both-  waren, kommen hierbei Demokratinnen ver-
             und Organisator der bayerischen Armee.“    merstraße, Deroystraße, Maillingerstraße,   schiedener politischer Richtungen, Pazifis-
                                             Marsplatz und Marsstraße, Pappenheimstra-  tinnen, Frauenrechtlerinnen oder Verfolgte
           ➔  Sprunerstraße vom 7. Juni 1911 mit der   ße, Rupprechtstraße, Safferlingstraße, Wre-  und Opfer des Dritten Reiches und von
             ursprünglichen Erklärung: „Karl Spruner   destraße, Yorckstraße oder die Ysenburg-  Rechtsextremisten aus der Zeit davor zum
             von Mertz, Königlich Bayerischer Gene-  straße, ohne hier auf Näheres eingehen    Zug. Ein Beispiel ist das Gebiet zwischen
             ral der Infanterie, Mitglied der Königli-  zu können. Lediglich über die Orffstraße   Ackermannstraße, Schwere-Reiter-Straße
             chen Akademie der Wissenschaften, ein   sei etwas angemerkt, aber weniger wegen   und Deidesheimer Straße in Schwabing-
             hervorragender Historiker und Geograph,  der Straße, sondern vielmehr wegen Hans   West, wo sich früher die Stetten- und Wald-
             1803 bis 1892.“                 Dollingers Buch „Die Münchner Straßenna-  mannkasernen befanden und seit 2001
                                             men“, das sich als Standardwerk versteht,   Wohnungen entstanden. Diese liegen an der
           Als dann seit 1933 offen der Zweite Welt-  was es aber wegen seiner Unzuverlässigkeit   Adams-Lehmann-Straße, Agnes-Neuhaus-
           krieg (1939-1945) vorbereitet wurde, ent-  nicht ist. Dollinger schreibt: „Orffstraße,   Straße, Centa-Herker-Bogen, Elisabeth-
           stand auf dem Gelände der Max-II-Kaserne   benannt 1900, Karl Maximilian von Orff   Kohn-Straße, Felix-Ferchenbach-Bogen,
           auf Ersuchen des Kommandanten von Mün-  (1828–1905), Generalmajor (Großvater von   Gustav-Landauer-Bogen, Lissi-Kaeser-Straße,
           chen, Oberstleutnant Ferdinand Ritter von   Carl Orff, siehe Carl-Orff-Bogen), etc. etc.“   Petra-Kelly-Straße, Rosa-Aschenbrenner-
           Mann (1891-1957), am 21. April 1938 die   In Wirklichkeit wurde die Orffstraße am   Bogen sowie der Therese-Studer-Straße.
                                             16. November 1898 mit Wirkung zum 1. Ja-  Auf dem Gelände der ehemaligen Eisen-
           ➔  Funkerstraße: „Die Funker der Nachrich-  nuar 1899 benannt und erklärt mit: „Karl   bahn- und Pionierkasernen entstand seit
             tentruppe haben im Weltkrieg hervorra-  von Orff, Königlicher General der Infanterie   1989 eine Wohnsiedlung, in der die folgen-
             gende Leistungen vollbracht.“ Gemeint   und hervorragender Truppenführer im Krie-  den Straßen benannt wurden: Anita-Augs-
             ist der Erste Weltkrieg von 1914 bis   ge 1870 ⁄ 71.“ Der Namengeber lebte von   burg-Allee, Emma-Ihrer-Straße, Gertrud-
             1918.                           1817 bis 1895 und der Komponist Carl Orff   Bäumer-Straße, Hedwig-Dransfeld-Allee,
                                             hatte mit Karl von Orff außer seinem zufäl-  Helene-Lange-Weg, Helene-Weber-Allee,
           Am selben Tag entschied sich der Stadtrat,   lig identischen Nachnamen nichts zu tun.   Lily-Braun-Weg sowie der Rosa-Luxem-
           den östlichen Teil der Leonrodstraße umzu-  Dollinger verwechselt Karl von Orff mit dem  burg-Platz. Auf nähere biografische Einzel-
           benennen in                       Generalmajor Carl Maximilian von Orff, die   heiten kann hier ebenfalls aus Platzgrün-
                                             nicht miteinander verwandt waren.    den nicht eingegangen werden.
           ➔  Schwere-Reiter-Straße: „Zur Erinnerung
             an das ehemalige 1. Schwere-Reiter-
             Regiment ,Prinz Carl von Bayern’, das   Militär und Frauen        Thusnelda­Lang­Brumann­Straße
             mehr als 100 Jahre das einzige Kavalle-
             rie-Regiment des Münchner Standortes   Frauen waren sehr lange Zeit bei den Stra-  Damit lag es nahe, im Jahr 2021 im benach-
             war.“ Anreger der Umbenennung war    ßenbenennungen stark unterrepräsentiert.   barten Neubaugebiet östlich des Leonrod-
             der Verein der Offiziere des ehemaligen   Der Münchner Stadtrat steuert dem nun   platzes einen ähnlich erklärten Verkehrsweg
             1. Schweren Reiterregiments Carl von   entgegen und benennt in diesem Zusam-  zu schaffen, nämlich die Thusnelda-Lang-
             Bayern sowie der Kameradschaft ehema-  menhang auf ehemaligen Militärarealen,   Brumann-Straße, deren Benennung der
             liger Kürassiere und Schweren Reiter.  insbesondere wenn sie von der Wehrmacht   Stadtrat am 16. September 2021 beschloss.
                                             benutzt worden waren, Straßen vorzugs-  Die Straße besteht bereits als namenloser
           Etliche weitere Straßen tragen Benennun-  weise nach Frauen. Nachdem Wehrmacht   Verkehrsweg, und zwar von der Schwere-
           gen mit militärischem Bezug, beispielswei-  und Drittes Reich miteinander identisch   Reiter-Straße zunächst circa 100 Meter
                                                                               nach Norden verlaufend und dann nach
                                                                               Nordwesten; das Spiegelzelt und der Sport-
                                                                               verein Teutonia liegen dort. Die Straße
                                                                                 befindet sich nordöstlich und parallel zur
                                                                               Emma-Ihrer-Straße und erschließt das neue
                                                                               Wohngebiet nordöstlich des neuen Justiz-
                                                                               zentrums am Leonrodplatz. Ihre offizielle
                                                                               Erklärung lautet: „Thusnelda Lang-Brumann,
                                                                               geboren am 15.04.1880 in Augsburg, ge-
                                                                               storben am 10.06.1953 in München, Lehre-
                                                                               rin und Politikerin. Von 1920 bis 1924 war
                                                                               Thusnelda Lang-Brumann Stadträtin in
                                                                               München, von 1920 bis 1933 gehörte sie
                                                                               als Abgeordnete der Bayerischen Volkspar-
                                                                               tei dem Reichstag an. Sie war im Vorstand
                                                                               verschiedener Sozialverbände. Ihr Engage-
                                                                               ment galt der Pädagogik und Jugendarbeit,
                                                                               insbesondere der beruflichen Qualifizierung
                                                                               von Frauen und  Mädchen. 1932 wandte
                                                                               sich Thusnelda Lang-Brumann in einem
                                                                               Flugblatt kritisch gegen Hitler und den

                                         atelier-tacke.de                              FEBRUAR 2022 ⁄ TAXIKURIER ⁄ 19
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