Page 15 - Taxikurier Februar 2022
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jemanden außer den Angeklagten selbst in-
                                                                               teressiert, fanden und finden hier in großer
                                                                               Zahl statt. Der Aufsehenerregendste von al-
                                                                               len dürfte der international beachtete und
                                                                               beobachtete Prozess um den Nationalsozia-
                                                                               listischen Untergrund (NSU) gewesen sein,
                                                                               der sich um den von dieser Bande verübten
                                                                               Terror mit zehn Mordopfern, vielen Verletz-
                                                                               ten und sonstigen Verbrechen befasste.
                                                                               Er fand aus Sicherheitsgründen im oben
                                                                               genannten, fensterlosen „vorgelagerten
                                                                               Schwurgerichtssaal“ statt. Und er fand in
                                                                               München statt, weil München die Haupt-
                                                                               stadt desjenigen Bundeslandes ist, wo die
                                                                               meisten Menschen, nämlich fünf, erschos-
                                                                               sen wurden. Zwei davon in München selbst:
                                                                               am 29. August 2001 in der Bad-Schachener-
                                                                               Straße 14 – gleich bei der Polizeiwache –
                                                                               der türkische Gemüsehändler Habil Kılıç
                                                                               und am 15. Juni 2005 in der Trappentreu-
                                                                               straße 4 der Grieche Theodoros Boulgarides.
                                                                               Für beide wurden am 8. November 2013
                                                                               Gedenktafeln enthüllt, die auch die Namen
                                                                               aller anderen Opfer und die Orte ihres To-
           dreibündigen Bürotrakt für den internen   Lage                      des tragen. Lange Zeit hatten die Behörden
           Bereich mit Räumen für Richter, Staats-                             in eine ganz andere Richtung ermittelt,
           anwälte und Bedienstete. Unterirdisch sind   Das Strafjustizzentrum liegt an der   nämlich dort, wo man Ausländer ganz all-
           eine Anlieferungsebene mit Zellentrakt so-  Nymphenburger Straße, deren Name sich   gemein vermutete, also Drogenhandel,
           wie zwei Tiefgaragenebenen angeordnet.   seit dem Baubeginn des Schlosses im Jahr   Spielschulden, Blutrache. Erst der Selbst-
           Im hinteren Grundstücksbereich an der Lin-  1664 eingebürgert hat. Außerdem an der   mord der beiden Täter Uwe Mundlos und
           prunstraße befindet sich ebenfalls ein drei-  Sandstraße von 1811, die sich auf die dor-  Uwe Böhnhardt am 4. November 2011
           bündiger Verwaltungsbau. Die Konstruktion   tigen Sandgruben bezieht, die für den Be-  brachte den tatsächlichen Tatbestand und
           besteht aus einem Stahlbetonskelett mit   trieb der Erzgießerei notwendig waren. Auf   die negativen Vorurteile der Ermittler zuta-
           außen liegenden Beton-Pendelstützen. Eine  diese Königliche Erzgießerei, die von 1822   ge. Der Prozess begann am 6. Mai 2013.
           dunkelgrüne Leichtmetallfassade bildet die   bis 1931 bestand, weist die Erzgießerei -  Die überlebende Hauptangeklagte Beate
           Außenhaut. Die Plastik am Eingangsbereich   straße seit 1822 hin. Und dann noch die   Zschäpe wurde wegen neun Morden an
           stammt von Manfred Mayerle und Andreas   Linprunstraße, die seit 1875 nach dem Ju-  Migranten, einem an einer deutschen
           Sobeck.“ Die Größe des Gebäudes spiegelt   risten Johann von Linprun (1714–1787)     Polizistin, zwei Sprengstoffanschlägen
           die starke Zunahme der Münchner Einwoh-  benannt ist; bis dahin hatte sie Grubens-  und 15 Raubüberfällen sowie insgesamt
           nerzahlen wider. Als der Justizpalast an    traße wegen der Sandgruben geheißen.   43 Mordversuchen angeklagt. Kaum Licht
           der Prielmayerstraße 7 im Jahr 1897 fertig-  Linpruns Beruf hat allerdings nichts mit   konnte in die Rolle der Unterstützer dieser
           gestellt wurde, lebten in München rund   der Lage des Justizzentrums zu tun, es ist   Taten gebracht werden, ohne die diese
           500.000 Menschen, 1939 waren es bereits   reiner Zufall.            die Verbrechen nicht hätten durchgeführt
           830.000 und 1970 fast 1.300.000 Personen                            werden können. Am 11. Juli 2018 erhielt
           – und diese verursachten naturgemäß mehr                            Beate Zschäpe eine lebenslange Haftstrafe.
           juristische Probleme als weniger Menschen.   NSU­Prozess            Der Prozess kostete die Steuerzahler, zu
           Hinzu kam, dass man im Laufe der Zeit                                 denen eben auch ausländische Arbeit-
             weniger auf Selbstjustiz setzte, sondern   Große und kleine, aufsehenerregende Ver-  geber und Arbeitnehmer gehören, fast
             zunehmend vor Gericht stritt und sich in-  fahren und dann wieder Prozesse, die kaum   37.000.000 Euro.
           folgedessen die Zahl der Rechtsanwälte
           vergrößerte, sich das Rechtswesen dadurch
           verfeinerte, also verkomplizierte, sowie
           die Zahl der Angestellten und Beamten
           der Justiz zunahm. Eine Zusammenlegung
           der Justiz auf einige wenige Standorte er-
           wies sich also als notwendig und sinnvoll.
           Die Strafabteilungen des Münchner Amts-
           gerichts und der Landgerichte München I
           und II befinden sich im Gebäude, während
           die Staatsanwaltschaft München I ihren
           Sitz im selben Komplex in der Linprun-
           straße hat.




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