Page 15 - Taxikurier Juli 2023
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Zweieinhalbjähriger baut schweren Autounfall – Krankenkasse verklagt Kindesmutter
Mutter muss haften
Die Krankenkasse der Großmutter nahm die Kindesmutter vor dem
Landgericht Osnabrück in Anspruch. Die Krankenkasse argumen-
Aufsichtspflichtverletzung aufgrund Alleinlassen tierte, die Kindesmutter habe ihre Aufsichtspflicht verletzt. Die
des Kindes im Auto Kindesmutter meinte, mit dem Verhalten des Kindes sei nicht zu
rechnen gewesen. Das Starten des Wagens sei eine komplexe Ab-
Kommt es zu einem Unfall, weil ein allein im Fahrzeug zurückge- folge von Handlungen. Sie selbst sei auch nur ein, zwei Minuten
lassenes Kleinkind dieses startet, so sind dessen Eltern wegen der weggewesen. Die Fahrzeugtüren habe sie weit offen gelassen. Das
Verletzung ihrer Aufsichtspflicht zum Ersatz des dadurch entstan- Landgericht Osnabrück folgte der Argumentation der Mutter und
denen Schadens verpflichtet. Das hat das Oberlandesgericht Olden- wies die Klage ab. Es liege eine ganz außergewöhnliche Kausalkette
burg entschieden. vor, mit der ein umsichtiger Elternteil nicht zu rechnen brauche.
OLG: Ganz erhebliche Gefahr geschaffen
Dagegen wandte sich die Krankenkasse mit ihrer Berufung, mit
der sie weiterhin eine Verurteilung der Kindesmutter anstrebte. Sie
hatte jetzt vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Der Senat bejahte
eine Haftung der Kindesmutter. Die Kindesmutter sei für das Kind
aufsichtspflichtig. Dabei bestimme sich das Maß der gebotenen
Aufsicht nach den Umständen des Einzelfalles und erhöhe sich mit
der Gefahrträchtigkeit der konkreten Situation. Kleinkinder bedürf-
ten generell ständiger Aufsicht. Die Kindesmutter habe durch das
Alleinlassen des Kindes im Auto – und Zurücklassen des Auto-
schlüssels – eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen. Das weitere
Geschehen sei auch nicht völlig außergewöhnlich gewesen. Kleine
Kinder griffen erfahrungsgemäß gern nach Schlüsseln und ver-
suchten, sie in Schlösser hineinzustecken und die Erwachsenen
nachzuahmen. Die Kindesmutter hätte das Kind im Kindersitz an-
schnallen, die Schlüssel mitnehmen, oder jemanden mit der Beauf-
sichtigung beauftragen müssen. Die Kindesmutter muss jetzt für
den Schaden einstehen. Der genaue Umfang des Schadensersatzes
muss noch geklärt werden.
(Oberlandesgericht Oldenburg,
Urteil vom 20.04.2023 – 14 U 212 ⁄ 22)
Die beklagte Kindesmutter war mit ihrem 2½-jährigen Sohn bei
einer Familienfeier im Landkreis Osnabrück, an der auch ihre eige-
ne Mutter, die Großmutter des Kindes, teilnahm. Gegen Schluss
der Veranstaltung setzte sie das Kind in den Kindersitz auf dem
Beifahrersitz, schnallte es zunächst nicht an und ging noch einmal
ins Haus. Der Junge krabbelte vom Kindersitz, nahm den Auto-
schlüssel, den die Mutter auf das Armaturenbrett gelegt hatte, und
startete den Wagen. Das Auto machte einen Satz nach vorn und
verletzte die Großmutter des Kindes, die ca. 1,5 Meter entfernt auf
einer Bank saß. Sie erlitt schwere Verletzungen beider Kniegelenke
und musste umfangreich im Krankenhaus behandelt werden.
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